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Realität und Erwartungen passen derzeit nicht zusammen - Weberbank-Kolumne

24.07.2017 09:24 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: Immersion Imagery/ shutterstock.com.

Die Kluft zwischen wirtschaftlicher Realität und dem Wunschdenken zahlreicher Marktteilnehmer ist nach wie vor sehr hoch. In unseren vorherigen Publikationen haben wir bereits ausgeführt, dass wir nicht vor einem ausbrechenden Wirtschaftsboom stehen und sich das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr nicht verdoppeln wird – weder in Europa noch in Deutschland oder den USA. Dennoch halten sich zahlreiche Vorlaufindikatoren wie beispielsweise der Ifo-Index auf rekordhohen Niveaus, ohne ein Zeichen der Schwäche. Und je länger die Diskrepanz aus tatsächlicher Entwicklung und den Erwartungen anhält, desto größer wird die Nervosität der Marktteilnehmer, auch mit Blick auf das Verhalten der Notenbanken. Unterliegen sie der Euphorie und straffen ihre Geldpolitik, um nicht zu spät zu agieren? Oder lassen sie lieber Vorsicht walten, um den Aufschwung nicht zu gefährden? Fragen über Fragen, die das Tagesgeschehen beherrschen. So wird jede Äußerung der Zentralbanker auf die Goldwaage gelegt. Allen voran die vielleicht letzte Rede der amerikanischen Notenbankchefin Janet Yellen vor dem US-Kongress in der vergangenen Woche. Berichtet hat sie inhaltlich nichts Neues. Jedoch hat sie in ihren Ausführungen die Reihenfolge der Risiken für die künftige Geldpolitik leicht geändert, die Inflation an vorderster Stelle genannt und eine Abschwächung dieser festgestellt. Die Marktreaktion in Form von steigenden Aktienkursen, sinkenden Renditen und schwächerem US-Dollar ließ nicht lange auf sich warten. Würde doch ein schwächeres Inflationsbild mögliche Zinserhöhungen in die Zukunft schieben. Auf die Freude folgte ebenso schnell die Ernüchterung, so dass die Aufmerksamkeit von der Fed hin zur EZB wechselte. Nach den letzten Äußerungen von Mario Draghi waren die Erwartungen an Signale über den Ausstieg aus dem derzeitigen Anleihenkaufprogramm sehr hoch. Doch auf ihrer Sitzung am Donnerstag blieb alles beim Alten, so dass die Spekulationen über erste Zeichen einer geldpolitischen Straffung anhalten.

Aktienmärkte losgelöst vom fundamentalen Umfeld

In diesem Umfeld sollte die Konsolidierung an den europäischen Aktienmärkten nicht verwundern. Die Macht der Notenbankliquidität überschattet jeden fundamentalen Trend. So rückt selbst die Berichtsaison in den Hintergrund, bevor sie eigentlich richtig in Gang gekommen ist. Dabei war der Start gar nicht so schlecht. Auch wurden im Vorfeld der Gewinnveröffentlichungen die Erwartungen seitens der Analysten nicht wie üblich nach unten genommen, um sich dann an übertroffenen Schätzungen zu erfreuen. Für das 2. Quartal blieb die Messlatte hoch, und dennoch lieferten die ersten Unternehmen bessere Zahlen und damit gute Gründe für weitere Kursanstiege. Jedoch schwebt über dem soliden wirtschaftlichen Umfeld und den guten Unternehmensentwicklungen die alles entscheidende Unsicherheit über die Maßnahmen der EZB. Und damit ist nicht nur die Marktliquidität gemeint, sondern beispielsweise auch die Frage über die Entwicklung des Euro oder die Bewertung der Unternehmen. Insbesondere für den exportorientierten deutschen Aktienmarkt kann ein weiter steigender Euro wie Sand im Getriebe wirken. Zudem führen steigende Renditen zu einer teureren Bewertung, da zukünftige Gewinne mit höheren Zinsen abdiskontiert werden und so den heutigen vermeintlichen fairen Wert der Aktien verringern. Aus unserer Sicht sollten die Sorgen über die Geldpolitik jedoch nicht überbewertet werden. Die Entwicklung in den USA kann hier eine gute Blaupause sein. Auch für Europa ist für den erwarten Ausstieg aus den Anleihekäufen nicht mit einer schnellen Verringerung der Liquidität zu rechnen. So sollte die EZB im kommenden Jahr lediglich aufhören, ihre Bilanzsumme weiter aufzublähen. Dadurch verringert sich jedoch die Geldmenge nicht. Die Unterstützung bleibt. Und sollte die Konjunktur in den kommenden Quartalen einen so kräftigen Wachstumspfad einschlagen, dass die EZB ihre Geldpolitik weiter normalisieren kann, dürfte dies die Aktienmarktentwicklung nicht belasten, sondern stützen. Die derzeitige Konsolidierung bietet somit aus unserer Sicht gute Möglichkeiten, weitere aussichtsreiche Titel zu selektieren und Ihr Depot in Aktien zu positionieren.

Sollten Anleihen grundsätzlich gemieden werden?

Herausfordernder stellt sich das aktuelle Umfeld für zinssuchende Anleger dar. Die Waage bestückt mit Chancen und Risiken bewegt sich auf und ab und findet nur schwer eine ausbalancierte Ruhe. Der Vergleich mit der Entwicklung in den USA hilft hier leider nicht richtig weiter. So war die größte dortige Bewegung im Jahr 2013 durch die Überraschung über das mögliche Ende der Anleihekäufe bedingt. Die möglichen Ankündigungen der EZB werden jedoch alles andere als überraschend sein, wird doch schon seit geraumer Zeit darüber diskutiert. Fraglich bleibt, ob analog zu den USA die nunmehr erreichte Größe der EZB-Bilanz und die damit verbundene Marktliquidität ausreichen, um die Renditen langfristig zu stabilisieren. Aus unserer Sicht stehen die Chancen dafür nicht schlecht, von kurzfristigen intensiven Schwankungen einmal abgesehen. So lange die Inflation nicht nachhaltig ansteigt, und dafür gibt es derzeit kaum Anzeichen, würden wir negative Marktphasen zum Erwerb einzelner lang laufender Anleihen nutzen, weiterhin bevorzugt in Unternehmenspapieren.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Weberbank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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