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SdK: Deutliche Aussagen zu German Pellets und Scholz Holding - Interview

21.02.2016 09:52 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die US-Standorte von German Pellets spielen bei dem nun anstehenden Insolvenzverfahren eine Schlüsselrolle. Bild und Copyright: German Pellets.

Eindeutige Worte findet Daniel Bauer, Vorstand SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, zu den Zuständen bei German Pellets. Für Inhaber der Anleihen von German Pellets hat er konkrete Hinweise. Klar ist die Meinung von Bauer auch hinsichtlich der Anleihen von Scholz Holding und Ekosem Agrar. Bei eno energy braucht der Experten hingegen noch weitere Informationen, wie er im Interview mit BondInvestor deutlich macht.


BondInvestor: German Pellets hat Insolvenz angemeldet, die Anleger fürchten um ihr Geld. Bis vor wenigen Wochen schien bei der Gesellschaft alles in Ordnung. Hätten Investoren gewarnt sein können?

Bauer:
Es gab aus unserer Sicht viele kritische Punkte, die Investoren zum Anlass hätten nehmen können, ihr Investment kritisch zu beleuchten. Zum Beispiel hatte die Gesellschaft in der Vergangenheit stets Gelder an Gesellschaften aus dem Umfeld der Familie Leibold, dem geschäftsführenden Gesellschafter der German Pellets GmbH, verliehen. Diese Gelder wurden dann wiederum als Eigenkapital oder eigenkapitalersetzende Darlehen an Gesellschaften weitergeleitet. Diese Gesellschaften waren somit nicht im Eigentum der German Pellets GmbH, diese jedoch von deren wirtschaftlichen Entwicklung völlig abhängig. Auf diese Art und Weise wurde zum Beispiel der Bau der Pelletwerke in den USA finanziert. Dieses Vorgehen ist sehr unüblich. Investoren hätten sich die Frage stellen können, warum die German Pellets die Werke nicht selbst konsolidieren wollte? Auch der Hinweis in den Geschäftsberichten, dass Geschäfte mit Herrn Leibold bzw. mit Gesellschaften von Herrn Leibold nicht zu drittvergleichbaren Konditionen erfolgten, war aus unserer Sicht kritikwürdig. Auch die Wahl des Abschlussprüfers warf Fragen auf. Wie sollte ein mittelständischer Wirtschaftsprüfer einen Weltkonzern wie die German Pellets prüfen, dessen Vermögenswerte vor allem in den USA lagen? Wer sich die Mühe machte, nach kritischen Stimmen im Internet zu suchen, konnte u.a. auf einen Beitrag in unserer Mitgliederzeitschrift stoßen. Investoren konnten also durchaus gewarnt sein.

BondInvestor: Das Unternehmen wollte eine Insolvenz in Eigenverantwortung, das Gericht lehnte dies ab. Wäre ansonsten der Bock zum Gärtner gemacht worden?

Bauer:
Es ist sicherlich so, dass ein „weiter so“ aufgrund der mangelnden Transparenz der Berichterstattung des Unternehmens und der zuvor erwähnten kritischen Punkte nicht akzeptabel gewesen wäre. Wir hätten uns jedoch eine Eigenverwaltung mit einem starken Sachwalter und einer neuen Geschäftsführung vorstellen können.

BondInvestor: Hat Frank Günther von One Square Advisors Chancen, das Ruder bei German Pellets noch herumzureißen?

Bauer:
Das dürfte vor allem darauf ankommen, in welchem wirtschaftlichen Zustand er die Gesellschaft vorgefunden hat. Sollten Presseberichte zutreffend sein, die von einem Stillstand in den Pelletwerken berichten, dann dürfte es eher schwer werden, das Ruder noch einmal herumzureißen. Es wird auch maßgeblich auf die Gläubiger in den USA ankommen, die wie die German Pellets GmbH Geld an andere Gesellschaften aus dem Umfeld von Herrn Leibold verliehen haben. Ziehen die Gläubiger in den USA den „Stöpsel“ und verwerten die beiden als Sicherheit dienenden Pellets-Werke in den USA, dürfte die German Pellets GmbH das US-Engagement abschreiben dürfen. Dann wäre eine Sanierung der German Pellets Gruppe wohl nahezu unmöglich.

BondInvestor: Was raten Sie betroffenen Anlegern?

Bauer:
Erst einmal sollte man Ruhe bewahren, bis die Insolvenzverwalterin ihren ersten Bericht veröffentlicht und zur aktuellen Situation Stellung genommen hat. Dies wird spätestens auf einer der anstehenden Gläubigerversammlungen der Anleiheinhaber geschehen. Daran sollten Anleger teilnehmen, um sich einen Eindruck über die aktuelle Situation verschaffen zu können, und um einen so genannten gemeinsamen Vertreter zu wählen. Dieser kann dann die Rechte der Anleiheinhaber wahrnehmen, wodurch das Insolvenzverfahren deutlich vereinfacht wird. Dieser meldet zum Beispiel die Forderungen aller Anleiheinhaber global an, wodurch die Forderungsanmeldung durch den einzelnen Anleiheinhaber und die einzelnen Forderungsprüfungen durch den Insolvenzverwalter entfallen. Wer nicht selbst an der Gläubigerversammlung teilnehmen kann, sollte sich entweder durch uns oder einen anderen Stimmrechtsvertreter vertreten lassen. Mit Schadensersatzklagen sollten Anleger hingegen erst einmal vorsichtig sein. Hier droht den Anlegern das nächste Risiko. Oft wird dadurch nur dem schlechten Geld noch Gutes hinterher geworfen.

BondInvestor: Die ebenfalls in Schwierigkeit steckende Anleihe von Scholz Holding wurde nach österreichischem Recht aufgelegt. Ergeben sich dadurch Nachteile für hiesige Investoren?

Bauer:
Das macht es sicherlich nicht einfacher, denn dadurch dürfte eine einfache Bilanzsanierung durch entsprechende Beschlüsse der Gläubiger nach dem deutschen Schuldverschreibungsgesetz nicht möglich sein.

BondInvestor: Wie bewerten sie die aktuelle Situation bei Scholz Holding?

Bauer:
Wir sehen diese sehr kritisch. Die Verlagerung des Geschäftssitzes nach Großbritannien spricht dafür, dass die Gesellschaft eine Sanierung nach englischem Recht planen dürfte. Die bisher nach englischem Recht erfolgten Sanierungen von deutschen Unternehmen, die sich am Kapitalmarkt Geld geliehen hatten, haben bei Anlegern zu großen Verlusten geführt. Beispielhaft sind hier vor allem die Sanierungen der ATU-Gruppe und der Schefenacker-Gruppe zu nennen. Hier haben Investoren zum Teil einen Totalverlust erlitten.

BondInvestor: Sie stehen der Verlängerung von Anleihen nicht sonderlich positiv gegenüber, oder?

Bauer:
Generell sollte ein Unternehmen immer so planen, dass Anleihen stets zum Fälligkeitstermin zurückgezahlt werden können. Die Fälligkeit einer Anleihe kommt ja nie überraschend, sondern Unternehmen können frühzeitig die Refinanzierung einer Anleihe angehen. Sei es durch die Begebung einer neuen Anleihe, der Aufnahme von neuem Eigenkapital oder über die Thesaurierung von Gewinnen. Gesellschaften, die Anleihen anhand eines Beschlusses nach dem Schuldverschreibungsgesetz verlängern, senden ein Signal an den Markt, dass es keine andere Möglichkeit zur Rückzahlung der Anleihe gab. Das ist ein Eingeständnis des Versagens und straft vor allem Investoren ab, die auf die Rückzahlung der Anleihegelder angewiesen sind. Eine Verlängerung der Anleihe über das Instrument des Schuldverschreibungsgesetzes sollte somit immer nur das allerletzte Mittel sein.

BondInvestor: Wenn sie die Vorhaben von eno energy und Ekosem Agrar bewerten sollen, was würden sie Anlegern raten?

Bauer:
Bei eno energy sind wir uns noch unschlüssig. Wir haben die Notwendigkeit der Verlängerung noch nicht verstanden, denn eigentlich sollte eine andere Art der Refinanzierung, zum Beispiel anhand eines Bankkredits, bei den gegebenen Bilanzrelationen möglich sein. Wir werden uns aber in der laufenden Woche noch mit der Gesellschaft unterhalten und dann eine endgültige Einschätzung unsererseits veröffentlichen. Ekosem Agrar leidet vor allem an der Krise Russlands, die vor allem auf den niedrigen Ölpreis und die Sanktionen des Westens zurückzuführen sein dürfte. Hier halten wir eine Verlängerung der Laufzeit für angebracht. Risikoscheue Investoren sollten sich aber über die weiterhin hohen Risiken bewusst sein, die ein Engagement in der Anleihe mit sich bringt. Sollte sich in den kommenden zwei, drei Jahren nichts an der Situation in Russland ändern, dürfte die Gesellschaft unserer Einschätzung nach nicht in der Lage sein, weiterhin die Zinszahlungen oder gar die Rückzahlung der Anleihe leisten zu können.

BondInvestor: Stehen in nächster Zeit weitere Anleihen auf der Kippe?

Bauer:
Wir rechnen damit, dass ca. 70 Prozent der Emittenten die Anleihe nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzahlen werden können. Vor allem Unternehmen aus der Textilbranche dürfte es aufgrund des milden Winters und des damit einhergehenden geringeren Absatzvolumens bei Wintermode finanziell schwer getroffen haben.

BondInvestor: Es fällt auf, dass einige Gesellschaften besonders häufig als gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger auftreten. Ist das eine gute Entwicklung?

Bauer:
Einerseits bildet sich dadurch eine erfahrene Elite an gemeinsamen Vertretern heraus, was positiv ist, da die Qualität der Arbeit aufgrund der bereits vorhandenen Erfahrungswerte steigen dürfte. Andererseits droht natürlich, dass die Interessen von Inhabern von Anleihen mit kleinen Volumen schnell ins Hintertreffen geraten, da sich der gemeinsame Vertreter lieber auf lukrativere Aufträge forciert.

BondInvestor: Sind die rechtlichen Regeln zum Schutz von Investoren bei Anleihen stark genug? Wären Gesetzesänderungen hilfreich?

Bauer:
Durch Gesetzesänderungen wird man wenig bewirken können, sofern man den Gedanken der außerinsolvenzrechtlichen Sanierung anhand des Schuldverschreibungsgesetzes nicht vollkommen aufgeben möchte. Die Gesetze sind an sich auch ausreichend. Sinnvoller wäre eine striktere Anwendung geltenden Rechts sofern es sich um ein betrügerisches Vorgehen von Geschäftsführern bzw. Vorständen gehandelt hat. Ansonsten sollte die Politik vielmehr in Bildung der Bevölkerung in Sachen Finanzwissen investieren. Nur so wird man die großen Skandale der Zukunft verhindern können.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne aus der aktuellen Ausgabe des BondInvestor, einer redaktionellen Kooperation der wallstreet:online AG mit www.4investors.de. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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