Geldanlage - 10 Themen für 2020: Investieren bei gestiegener Fallhöhe - J.P. Morgan AM Kolumne
27.01.2020 15:50 Uhr - Autor: Kolumnist auf twitter
Nachdem Aktien und Renten im letzten Jahr gleichermaßen von der unterstützenden Politik der großen Zentralbanken profitierten, brachte das Jahr 2019 für Investoren die besten Erträge seit fünf Jahren und das über alle Anlageklassen hinweg. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich die Bewertungen zahlreicher Anlageklassen weiter verteuert haben, was nun Fragen nach zukünftigen Ertragsaussichten und dem möglichen Ende des Booms in 2020 aufwirft. Während die Aktienmärkte zunehmend eine positive Entwicklung der Konjunktur einpreisen, ist die weitere Entwicklung laut Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt, nicht ganz so eindeutig. Auf der einen Seite senden einige Indikatoren in der Tat positive Signale, auf der anderen Seite gibt es wiederum Entwicklungen in der Politik, die es als Anleger kritisch im Auge zu behalten gilt. „Wichtig ist es trotz immer noch vorhandener Opportunitiäten bei selektiven Risikoanlagen, die defensiven Investmentbausteine im Portfolio nicht zu vernachlässigen, um für eventuelle Rückschläge gewappnet zu sein“, betont der Stratege. Insgesamt hat Tilmann Galler 10 Themen identifiziert, die die Kapitalmärkte 2020 prägen dürften. Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne der JPMorgan Asset Management. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
Das Wachstum der Weltwirtschaft hat sich im vergangenen Jahr um mehr als 0,6 Prozent im Vergleich zu 2018 verlangsamt. Hauptursache war die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe. Zwar dürfte sich das BIP-Wachstum in diesem Jahr auf ähnlich ermäßigtem Niveau halten, doch wird es laut Tilmann Galler einige bemerkenswerte Veränderungen unterhalb der ruhigen Oberfläche geben, was die Beiträge der einzelnen Wirtschaftssektoren zum Wachstum betrifft. So beginnt sich nach fast zwei Jahren kontinuierlicher Verschlechterung die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe zu erholen. Die Einschätzung über die Auftragseingänge verbessert sich, die Halbleiternachfrage steigt wieder an und anhaltend günstige Finanzierungsbedingungen tragen maßgeblich zu diesem Umschwung bei. Die Entspannung im amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt kann in den kommenden Monaten diesen Trend nochmals verstärken. Der Konsum jedoch dürfte in 2020 etwas an Kraft verlieren. Zwar ist das Verbrauchervertrauen weiterhin auf hohem Niveau, schwächt sich aber derzeit etwas ab. Für die europäische Wirtschaft bleibt ein potentieller Handelskonflikt mit den USA das größte Konjunkturrisiko. Bei der Betrachtung der weiteren konjunkturellen Entwicklung hält Tilmann Galler einen Aspekt nach wie vor für entscheidend: „Die Zentralbanken haben es geschafft, nicht nur die Kapitalmärkte nach oben zu treiben, sondern auch den Konjunkturzyklus zu verlängern. In diesem Jahr dürfte es daher keine Rezession in den USA und Europa geben“.
In China sieht Tilmann Galler für 2020 keine Anzeichen für eine harte Landung der Wirtschaft. Es sei vielmehr sogar eine Stabilisierung zu erkennen. „Die Stimulierungsmaßnahmen für die chinesische Wirtschaft waren in den letzten Jahren erheblich, auch wenn bei der Kreditausweitung weiterhin Vorsicht angesagt war“, analysiert der Stratege. Laut Prognosen dürfte das BIP-Wachstum in China 2020 bei rund 6 Prozent liegen.
Einer der wichtigsten Risikofaktoren für 2020 könnte laut Tilmann Galler die Inflation sein. „Die Chancen stehen gut, dass die Preisentwicklung in diesem Jahr unter Kontrolle bleibt. Allerdings könnten sich Inflationsgefahren aufgrund steigender Löhne in den USA, der Entwicklung an den Rohstoffmärkten und daran gekoppelter politischer Risiken aufbauen“, erklärt der Kapitalmarktexperte. Noch lägen die Inflationsraten in großen Teilen Europas und Asiens jedoch deutlich unter dem Ziel der Zentralbanken, so dass derzeit keine größere Gefahr in Sicht sei.
Mit Blick auf die Zinspolitik erwartet der Stratege unterschiedliche Herangehensweisen unter den Notenbanken: „Die US-Notenbank dürfte hinsichtlich möglicher weiterer Zinsveränderungen vorerst pausieren. In den Emerging Markets hingegen sehen wir das Potenzial für einige Notenbanken, das Zinsumfeld weiter zu lockern und damit eine unterstützende Politik für Konjunktur und Kapitalmärkte zu implementieren“, sagt Galler.
Der US-Dollar wird 2020 von einem voraussichtlich stabilen Zinsdifferential zwischen den USA und den anderen Industrieländern gestützt, weshalb Tilmann Galler den Greenback trotz einer starken fundamentalen Überbewertung in einem volatilen Seitwärtstrend mit möglicherweise leicht fallender Tendenz sieht. „Dies könnte die Investmentperformance gerade auch in Regionen außerhalb der USA unterstützen“, erklärt der Experte.
Für Anleihen dürfte das Jahr 2020 eher schwierig werden. „Getrieben auch durch den starken Renditerückgang auf der großen Durationswelle sind insbesondere die langlaufenden Anleihen höherer Qualität angestiegen. Doch auch im Hochzinsbereich und mit Schwellenländeranleihen waren Erträge bis zu 15 Prozent möglich“, konstatiert Tilmann Galler. Dieses Jahr rechnet der Stratege jedoch nicht mit sinkenden Renditen, sondern erwartet das Gegenteil: „Angesichts eines leichten Optimismus mit Blick auf die weiteren konjunkturellen Entwicklungen sehen wir die Möglichkeit, dass es gerade am längeren Ende wieder zu leicht steigenden Renditen kommen könnte. Dies würde für Anleihen sehr guter Bonität allerdings ein verlorenes Jahr bedeuten“, erklärt Galler. Bei High-Yield- oder lokalen Emerging-Markets-Anleihen dürfte es noch Potenzial geben.
Im Aktiensegment gab es in 2019 eine hohe Bewertungsausweitung, da die starken Kursgewinne im Kontrast zu stagnierenden Unternehmensgewinnen standen. Doch trotz aktuell erhöhter Aktienbewertung seien die Aussichten für das neue Jahr weiterhin gut: „Solange die Zentralbanken mit niedrigen Zinsen unterstützend wirken, werden die Aktienbewertungen auch 2020 auf hohem Niveau bleiben“, erläutert Galler.
Unterstützend für die Märkte dürfte zudem sein, dass 2020 mit einer moderaten Erholung bei den Unternehmensgewinnen zu rechnen ist. „Nach einem Jahr der Stagnation 2019 sollte 2020 für die Unternehmen wieder etwas freundlicher ausfallen“, schätzt Galler die Situation ein.
Nachdem 2019 die Industrieländer die Schwellenländer bei der Aktienperformance mit 30 Prozent gegenüber 20 Prozent übertrafen, könnte die Favoriten-rolle 2020 getauscht werden. „Sollte sich die Erholung der globalen Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe fortsetzen, sehen wir die Aktienmärkte der Emerging Markets vor den Industrieländern“, erläutert Galler.
Erstmals nach etwas längerer Zeit erwartet Tilmann Galler, dass wieder Substanzaktien die Nase vor Wachstumsaktien haben dürften: „Nach der exzellenten Wertentwicklung im vergangenen Jahr sind die Bewertungen von Wachstumsaktien relativ zu Substanzwerten auf dem höchsten Stand seit der Technologieblase. Ein Katalysator für eine Favoritenumkehr an den Märkten könnte ein verbessertes wirtschaftliches Umfeld in zyklischen Bereichen der Wirtschaft sein, das Substanzwerten zusätzlich Auftrieb verleihen dürfte“.
Informationen zum Autor: Tilmann Galler, Executive Director, CEFA/CFA, arbeitet als globaler Kapitalmarktstratege für die deutschsprachigen Länder bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt. Als Teil des globalen „Market Insights“-Teams erstellt und analysiert er auf Basis von umfangreichem Research Informationen rund um die globalen Finanzmärkte und leitet Implikationen für Investmentstrategien ab. Er verfügt über 19 Jahre Berufserfahrung in der Finanzbranche und war zuvor unter anderem auch als Portfolio Manager tätig.
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