Börsen-Ausblick mit: Gazprom, Gaslieferungen, Philips und Ryanair - Nord LB

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juli um 3,6 Punkte auf 88,6 Zähler eingebrochen. Gründe dafür sind vor allem drohende Engpässe in der Gasversorgung und die hohe Unsicherheit, die auf den Unternehmen lastet. Dementsprechend wird die aktuelle Lage mit einem Indexstand von 97,7 ebenfalls deutlich schlechter als noch in den Vormonaten bewertet. Die Erwartungskomponente für die Geschäftsbeurteilung der nächsten sechs Monate sank auf 80,3 Punkte. Der Pessimismus erstreckt sich über die komplette Bandbreite der Sektoren. Hoffnung auf Besserung besteht vorerst nicht – noch immer schwebt das Damoklesschwert der schwierigen Gasversorgung über der deutschen Wirtschaft. Bis Deutschland sich wirklich loseisen kann von russischem Gas, wird dies wohl vorerst auch so bleiben.

Im deutschen Bauhauptgewerbe ist der reale Auftragseingang im Mai saison- und kalenderbereinigt um 0,5% gegenüber dem Vormonat gestiegen. Im Vorjahresvergleich jedoch gab es ein sattes Minus von 7,5%, wie Destatis mitteilte. Nominal lag der Auftragseingang aufgrund der gestiegenen Baupreise mit einem Volumen von 8,9 Mrd. EUR allerdings um 15,7% über dem Vorjahr.

Ausblick

Heute werden Veröffentlichungen marktrelevanter Indikatoren ausschließlich aus den USA kommen. Zur ganz ersten Reihe gehören die Daten zu den Immobilienpreisen, zu den Neubauverkäufen und zum Richmond-Fed sicher nicht, aber sie dürften dennoch eine zunehmende Abschwächung widerspiegeln, die sich schon in anderen Zahlen ergeben hatte. Als gewissermaßen „Highlight“ könnte das Verbrauchervertrauen des Conference Boards angesehen werden: Bisher zeigte es sich noch relativ robust und ist im Gegensatz zum Verbrauchervertrauen der Universität von Michigan nicht auf ein Rekordtief gefallen, was aber auch an unterschiedlichen Fragestellungen in der Umfrage liegen dürfte (hier mehr Fragen zur Beschäftigung, dort mehr zu Benzinpreisen und damit Inflation). Dennoch wird auch die Unterkomponente zu den Inflationserwartungen von Belang sein.

Rentenmarkt

Die Reduzierung der Gaslieferungen ab Mittwoch hat die Kurse der deutschen Bundesanleihen etwas anziehen lassen. Am Markt für US-Staatsanleihen haben die Anleger ihren Fokus bereits auf die am Mittwoch stattfindende Fed-Sitzung gerichtet, wo eine weitere deutliche Zinsanhebung erwartet wird. Vor diesem Hintergrund stiegen die Renditen am Berichtstag an.

Aktienmarkt

Die Ankündigung von Gazprom, die Gaslieferungen über die NordStream 1-Pipeline ab Mittwoch auf 20% zu verringern, hat die Stimmung am deutschen Aktienmarkt belastet. Zuvor hatten die Anleger sogar den enttäuschenden Ifo-Index gut weggesteckt. DAX -0,33%, MDAX -0,54%, TecDAX -1,21%. Die Fed-Sitzung in dieser Woche wirft an der Wall Street ihre Schatten voraus. Bei einem recht ruhigen Handel gab es eine uneinheitliche Tendenz, wobei die zinssensitiven Technologiewerte im Minus endeten. Dow Jones +0,28%, S&P-500 +0,13%, Nasdaq-Comp. -0,43%.

Unternehmen

Die Lockdowns in China, der Inflationsdruck und die Folgen des Krieges in der Ukraine haben Philips in Q2 in den Verlustbereich abrutschen lassen. Der Technologie-Konzern verzeichnete einen den Aktionären zurechenbaren Nettoverlust von 22 (Vorjahr: +150) Mio. EUR. Die Erlöse sanken leicht auf 4,18 von 4,23 Mrd. EUR, auf vergleichbarer Basis gingen sie um 7% zurück. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITA) lag bei 216 (532) Mio. EUR. Alle Ergebnisse lagen unter den Schätzungen. Philips rechnet nun im Gesamtjahr nur noch mit einem Umsatzwachstum von 1 bis 3% (bisher: 3 bis 5%).

Ryanair hat in Q1 (30.06.) des lfd. Geschäftsjahres 45,5 Mio. Passagiere befördert, verglichen mit 8,1 Mio. im Vorjahr. Dabei konnte der Umsatz auf 2,60 Mrd. EUR erhöht werden, nachdem im Vorjahr Corona-bedingt nur 370,5 Mio. EUR erlöst wurden. Der Nettogewinn erreichte 187,5 (-272,6) Mio. EUR.

Devisen

Aussagen des lettischen Notenbankchefs Kazaks, wonach auch die Zinsanhebung im September „recht deutlich“ ausfallen muss, haben dem Euro zunächst Auftrieb gegeben. Die Gewinne wurden im Tagesverlauf durch die neuen negativen Nachrichten hinsichtlich der Gasversorgung wieder abgegeben.

Rohstoffe

Die Ölpreise profitierten am Ende von der angekündigten Reduzierung der Gaslieferungen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!