Börse am Morgen: RWE, Leoni, China-Krise und russische Ölexporte im Fokus - Nord LB

Neben den Konjunkturproblemen im Reich der Mitte (enttäuschende Wirtschaftsdaten, einbrechender Immobilienmarkt, hohe Jugendarbeitslosigkeit) sorgen sich die Marktteilnehmer zusehends über eine Krise des chin. Schattenbankensystems. Gestern wurde bekannt, dass das Konglomerat Zhongzhi Enterprise Group Co. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG inmitten einer sich verschärfenden Liquiditätskrise beauftragt hat, seine Bilanz zu überprüfen. Zhongzhi managed mehr als USD 137 Mrd. an Assets und hat die Zahlungen für fast alle seine Produkte ausgesetzt. Das in Peking ansässige Unternehmen plant eine Schuldenumstrukturierung sowie den Verkauf von Vermögenswerten um Investoren zu bedienen. Die Immobilienkrise (Schieflage Country Garden, Antrag auf Gläubigerschutz in den USA des Immobilienentwicklers Evergrande) greift jetzt offenbar auf den Finanzsektor über. Zwar haben chin. Spitzenpolitiker versprochen den Binnenkonsum anzukurbeln, bisher lässt ein neues Stimulierungspaket aber auf sich warten und der Ausverkauf an den chin. Finanzmärkten schreitet voran. In diesem Umfeld haben die Zahlungsausfälle bei chin. Unternehmensanleihen den höchsten Stand seit Anfang des Jahres erreicht und der Offshore-Yuan handelt in der Nähe eines Rekordtiefs ggü. dem US-Dollar.

Laut dem KfW-Kreditmarktausblick für den Monat August tritt das Unternehmens-Kreditneugeschäft auf der Stelle. Banken sind bei der Kreditvergabe weiter vorsichtig und auch die Kreditnachfrage entwickelt sich verhalten. Die schwache Konjunktur und hohe Zinsen dämpfen den Finanzierungsappetit für neue Investitionen.

Tagesausblick

Wenn es mal so Tage geben sollte, an denen so richtig gar nichts an neuen Datenveröffentlichungen auf die Finanzmärkte einprasselt, dann ist heute so ein Tag. Asien ist komplett „durch“, Europa wird mit den finalen Verbraucherpreisen in Euroland für den weit zurückliegenden Berichtsmonat Juli keine „Impulsrakete“ starten und die USA hält sich völlig ungewohnt sogar vornehm mal ganz zurück. Bleibt vielleicht bereits ein Blick auf die kommende Woche, die (abgesehen von den S&P PMIs am Dienstag und den US-Durables am Donnerstag) im Grunde auch erst richtig mit der Konferenz in Jackson Hole und dem deutschen ifo-Geschäftsklimaindex – beides am Freitag – auf Touren kommen dürfte.

Renten- und Aktienmärkte

Die falkenhaften Signale aus dem Fed-Protokoll der Juli-Sitzung führen zu weiteren Nachwehen am Rentenmarkt. Renditen von 10-Y-US-Treasuries steigen im Tagesverlauf auf den höchsten Stand seit 2008. Aktienseitig ist die sich weiter fortsetzende Abwärtsbewegung der asiatischen Börsen in Kombination mit Sorgen über zusätzlich notwendige US-Zinserhöhungen kein guter Nährboden für bullishe Börsianer. Die Aktienindizes links- und rechtseitig des Atlantiks geben weiter nach.

Unternehmen

Der Energiekonzern RWE fordert von der Regierung Subventionen für Investitionen in grünen Wasserstoff. Laut Sopna Sury (COO Hydrogen bei RWE Generation) könne der Essener Konzern derzeit ohne staatliche Hilfen keine klimafreundlichen Wasserstoff-Projekte anstoßen. „Wir werden kein Vorhaben freigeben, das sich nicht rechnet. Ohne Subventionen gehe es einfach nicht, das sei wie in den Anfangsjahren von Wind- und Solarstrom.“

Der Abschied des Nürnberger Kabelbaum-Spezialisten Leoni von der Börse steht unmittelbar bevor. Mit der Eintragung einer Kapitalspritze i. H. v. EUR 150 Mio. in das Handelsregister wird Großaktionär Stefan Pierer Alleineigentümer. Alle übrigen Aktionäre werden verdrängt und gehen bei der Sanierung leer aus.

Rohstoffe

Im Juli stiegen die Ölexporterlöse Russlands auf das höchste Niveau seit November 2022. Gemäß der International Energy Agency (IEA) verdiente Russland rd. USD 15 Mrd. über den Export von Rohöl und Kraftstoffen. Dies entspricht einem Plus von fast 20% ggü. Juni. Dabei durchbrach der Rohölpreis die G7- Preisobergrenze von USD 60 pro Barrel (welche Russland eigentlich schaden und im Gleichklang die weltweite Ölversorgung sichern soll). Im Vorjahresvergleich schlägt für Russland aber immer noch ein Rückgang der Ölexporte von mehr als ein Fünftel zu Buche.

Der Ölmarkt konnte sich nach den Preisrutsch der letzten Tage stabilisieren. WTI verliert auf Wochensicht aber immer noch >2%.

Sorgen um eine Verlängerung des Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank lassen den Goldpreis erstmals seit März wieder unter die Marke von USD 1.900 fallen.

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