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Deutsches BIP schrumpft in Q4: Technische Rezession rückt näher - Nord LB

30.01.2023 12:23 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Das deutsche reale BIP ist im vierten Quartal 2022 um -0,2% Q/Q geschrumpft. Bild und Copyright: Immersion Imagery / shutterstock.com.

Heute Vormittag hat das Statistische Bundesamt eine erste Schnellschätzung zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft im vierten Quartal veröffentlicht. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist demnach überraschend doch geschrumpft, saison- und kalenderbereinigt verringerte es sich gegenüber dem Vorquartal um -0,2% Q/Q. Die entsprechende Jahresrate ermäßigte sich leicht auf 1,1% Y/Y. Deutlich geringer fällt mit 0,5% Y/Y die Dynamik beim nicht-kalenderbereinigten BIP aus. Rechnerisch standen im vierten Quartal 2022 1,2 Arbeitstage weniger zur Verfügung als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Mit der heutigen Schnellschätzung des BIP veröffentlichte das Statistische Bundesamt wie üblich noch keine Details, die Wiesbadener Statistiker machten jedoch einige Tendenzaussagen zur Verwendungsseite. So waren es vor allem die privaten Konsumausgaben, die preisbereinigt zurückgingen und so einen negativen Wachstumsbeitrag lieferten. Dies ist ein Fingerzeig für die Entwicklung im Gesamtjahr 2023, wegen der noch längere Zeit deutlich zu hohen Inflation fällt der private Konsum 2023 als Wachstumsstütze aus. Auch die Bauinvestitionen bleiben durch den Preisschub und Zinssteigerungen unter Druck.

Wie üblich hatte das Statistische Bundesamt bereits Mitte Januar im Rahmen seiner Pressekonferenz zur BIP-Entwicklung im Gesamtjahr 2022 eine erste Indikation für das vierte Quartal geliefert und da noch von einer Stagnation in Q4 gesprochen. Entsprechend wurde nun auch das Ergebnis für das (nicht-kalenderbereinigte) BIP im Gesamtjahr 2022 leicht von 1,9% auf 1,8% abwärts revidiert. Nimmt man also die Schnellschätzung von Mitte Januar als Maßstab, stellen die heutigen Zahlen eine gewisse negative Überraschung dar. Andererseits wurde das Wachstum im dritten Quartal leicht auf 0,5% Q/Q hochrevidiert.

Dennoch zeugt auch dieses vergleichsweise geringe Minus der gesamtwirtschaftlichen Leistung von einer hohen Resilienz der deutschen Wirtschaft. Angesichts der multiplen Krisen und Belastungsfaktoren erstaunt es schon, wie lange die deutsche Konjunktur dem Gegenwind im Jahr 2022 getrotzt hat. Zum Jahresende ging ihr nun aber offensichtlich etwas die Puste aus. Mit dem nun vorliegenden Minus im Schlussquartal 2022 und einem möglicherweise erneuten Quartalsminus zum Jahresauftakt 2023 wäre die Definition einer technischen Rezession im Winterhalbjahr erfüllt.

Allerdings wäre dies nicht mit den schweren Rezessionen 2009 oder 2020 vergleichbar. So sind weder ein BIP-Einbruch auf Jahressicht noch negative Folgewirkungen für den Arbeitsmarkt in Sicht. Nach einem schwierigen Start ins Jahr 2023 sollte die konjunkturelle Dynamik ab dem Frühjahr wieder zunehmen. Allerdings bleibt der wirtschaftliche Ausblick im aktuellen geopolitischen Umfeld sehr unsicher. Während hohe Inflation und steigende Zinsen die Konsum- und Investitionsneigung dämpfen, könnte sich eine Entschärfung der Lieferkettenprobleme stabilisierend auswirken, da so Aufholeffekte in der Industrie möglich würden. Allerdings bleibt die Corona-Politik Chinas hier ein gewichtiger Unsicherheitsfaktor. Zusammengenommen dürfte die reale Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2023 weitgehend stabil auf dem Vorjahresniveau bleiben (Prognose: +0,2%). Im aktuellen Umfeld ist das schon eine gute Nachricht!

Fazit: Das deutsche reale BIP ist im vierten Quartal 2022 leicht um -0,2% Q/Q geschrumpft. Damit wurde die Mitte Januar gegebene erste Indikation einer Stagnation nicht bestätigt, was sicher eine gewisse negative Überraschung darstellt. Auch die Schätzung für das Gesamtjahr 2022 wurde leicht auf 1,8% abwärts revidiert. Vor allem der private Konsum hat zum Jahresende preisbereinigt Federn gelassen. Die Belastungen der hohen Inflation für die verfügbaren Einkommen kommen nun stärker zum Tragen, nachdem coronabedingte Aufholeffekte im Sommer noch gestützt hatten. Für die deutsche Wirtschaft rückt damit nun doch eine technische Rezession im Winterhalbjahr näher. Allerdings ist mit Blick auf das Jahr 2023 eine annähernd stagnierende Wirtschaftsleistung (Prognose BIP: +0,2%) zu erwarten – nicht mehr und nicht weniger. Angesichts hoher Belastungen und früherer Absturzszenarien ist dies sicher eine gute Nachricht!

Analyst: Christian Lips, Chefvolkswirt

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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