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US-BIP: Kommt jetzt die Phantomrezession? - Nord LB

28.07.2022 15:47 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

US-Konjunktur: Die heute gemeldeten vorläufigen BIP-Zahlen sind noch sehr revisionsanfällig. Somit ist bei der Interpretation Vorsicht geboten. Bild und Copyright: Poring Studio / shutterstock.com.

Vor einigen Minuten sind in den USA erste BIP-Zahlen für das II. Quartal 2022 gemeldet worden. Nach einem bereits schwachen Start in das Jahr ergaben sich auch am aktuellen Rand keine erfreulichen Entwicklungen; die annualisierte Veränderungsrate notiert bei lediglich -0,9%. Nach mechanistischer Interpretation befindet sich die US-Wirtschaft damit bereits in einer Rezession. Allerdings zeigen Teile der Ökonomie der Vereinigten Staaten noch immer eine ausgeprägte Stärke. Hier ist vor allem der Arbeitsmarkt zu benennen. Daher könnte das mit Blick auf die Klärung dieser Frage maßgebliche NBER durchaus davon absehen, eine Rezession wirklich auszurufen. Wir diskutieren dieses Szenario bereits seit einiger Zeit und nutzen in diesem Kontext gern den Begriff „Phantomrezession“. Damit meinen wir eine Situation, in der es (zumindest laut NBER) nicht zu einer Rezession in den USA kommt, obwohl ein flüchtiger Blick auf die Daten zum Wirtschaftswachstum eine solche zu signalisieren scheint.

Die heute gemeldeten vorläufigen BIP-Zahlen sind noch sehr revisionsanfällig. Somit ist bei der Interpretation von Details große Vorsicht geboten. Allerdings scheint sich schon abzuzeichnen, dass der private Konsum inzwischen etwas unter der hohen Inflation zu leiden scheint. In diesem Kontext lohnt auch der Blick auf die aktuellen Angaben zum BIP-Preisdeflator. Es hätte allerdings durchaus noch schlimmer kommen können. Offenkundig kann die weiterhin sehr erfreuliche Lage am US-Arbeitsmarkt, die natürlich steigende Löhne zur Folge hat, dem Finanzbudget der Verbraucher derzeit allerdings nicht die nötigen Impulse liefern, um die Konsumausgaben der privaten Haushalte mit einer nachhaltigen Stärke anziehen zu lassen. Auch aufgrund der zuletzt starken Zinsanhebungen durch die US-Notenbank, welche beispielsweise den Immobilienmarkt belasten, blicken viele Marktteilnehmer mit einer größeren Skepsis auf die Konjunkturentwicklung im Land der eigentlich unbegrenzten Möglichkeiten. Die heutigen Zahlen zum BIP helfen natürlich nicht, diese Bedenken zu zerstreuen. Eine gewisse Nervosität der Anleger bezüglich der ökonomischen Lage in Nordamerika dürfte also zunächst auch weiterhin spürbar bleiben.

In diesem Kontext wird in der nächsten Woche ganz genau auf die Juli-Zahlen zu den zwei ISM PMIs zu achten sein. Die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und für das Service-Segment der US-Wirtschaft hatten sich im Juni bekanntlich rückläufig präsentiert. Dieser Trend dürfte zunächst weiter anhalten. Noch notieren beide Zeitreihen aber klar im expansiven Bereich. Zudem darf die Bedeutung der „magischen“ Marke von 50 Punkten bei diesen zwei Stimmungsindikatoren unserer Auffassung nach auch nicht überbewertet werden. Erst wenn beide Zeitreihen unter dem Wert von 45 Zählern notieren, kann wohl von wirklich nachhaltig erhöhten Rezessionsrisiken gesprochen werden. Eine solche Entwicklung scheint im Juli (noch?) nicht zu drohen. Die im Laufe des 2. Halbjahres 2022 wahrscheinlich langsam abklingenden „gefährlichen“ Inflationstendenzen in den USA dürften es der Notenbank in Washington zudem bald erlauben, ihr Tempo bei den Leitzinsanhebungen zu reduzieren. Niedrigere Inflationsraten könnten dann in Verbindung mit nicht klar weiter steigenden Kapitalmarktzinsen wieder positive Impulse für Konsum der privaten Haushalte liefern. Insofern darf man wohl auch nicht zu pessimistisch auf die US-Ökonomie blicken. Allerdings besteht schon die Gefahr, dass die Fed in ihrem zweifellos notwendigen Kampf gegen die hohe Inflation genau „den“ einen Zinsschritt zu weit gehen könnte. In diesem Fall würde natürlich eine ausgeprägte Rezession drohen. Dies ist aber bisher nur ein Risikoszenario!

Fazit: Das US-BIP präsentiert sich auch im II. Quartal nicht freundlich. Nach ersten Daten zeigte sich eine annualisierte Veränderungsrate von -0,9%. Nach mechanistischer Interpretation befindet sich die US-Wirtschaft damit bereits in einer Rezession. Folglich könnte das Szenario der „Phantomrezession“ nun also unter Umständen wirklich eingetreten. Die BIP-Zahlen würden dann bei einem flüchtigen Blick auf die Daten eine Rezession in den USA anzeigen, die vom NBER aber wahrscheinlich nicht diagnostiziert werden wird.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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