US-Einzelhandelsumsätze: Der Konsument in den USA ist kein Angstsparer - Nord LB Kolumne

In den USA sind vor wenigen Minuten neue Zahlen zur Entwicklung der Einzelhandelsumsätze im Berichtsmonat Juni gemeldet worden. Nach dem bereits sehr ausgeprägten Anstieg im Vormonat – die Zuwachsrate für Mai wurde sogar leicht von bisher 17,7% M/M auf nun 18,2% M/M nach oben revidiert – offenbart sich auch am aktuellen Rand ein regelrechter Nachfrageschub. In Zahlen gesprochen liegt der Anstieg des Headline-Indexes im Juni bei mehr als beachtlichen 7,5% M/M. Die in vielen US-Bundesstaaten ab Mai eingeleitete Öffnung der Wirtschaft nach dem „Lockdown“ zeigt somit Wirkung und sorgt für deutlich mehr Konsum. Auf Basis der saisonal nicht bereinigten Zeitreihe notiert die Jahresrate im Juni bei fast schon erstaunlichen +2,3%. Dies ist eine sehr erfreuliche Nachricht für die nordamerikanische Ökonomie.

Der Blick auf die Details der eben veröffentlichten Daten zeigt einen Anstieg der Umsätze der US-Autohäuser um immerhin 8,2% M/M. Nach dem sehr starken Zuwachs im Vormonat – der zudem noch leicht nach oben revidiert worden ist – kann an dieser Stelle wohl schon von einer positiven Überraschung gesprochen werden. Die Jahresrate (nsb.) dieses Sub-Indexes notiert damit bei sehr beachtlichen +9,5%. Exklusive Automobile lag der Zuwachs der Einzelhandelsumsätze im Juni immerhin auch noch bei 7,3% M/M.

Die beiden eng mit dem US-Immobilienmarkt verknüpften Untergruppen Möbel und Baumaterialien zeigten am aktuellen Rand keine einheitlichen Tendenzen. Während erstere Zeitreihe auch im Juni deutlich zulegen konnte, offenbarte sich bei den Absatzzahlen mit Baumaterialien sogar ein marginaler Rückgang um 0,3% M/M, der aber nicht zu negativ interpretiert werden darf, da bei der Jahresrate (nsb.) ein deutlicher Zuwachs um 22,6% zu beobachten war. Vor allem diese Zahl spricht auch weiterhin klar für unsere Hypothese, dass der US-Immobilienmarkt eine zentrale Rolle bei der Erholung der US-Wirtschaft nach der Coronavirus-Krise spielen wird.

Die Umsätze an den Tankstellen sind im Berichtsmonat Juni um immerhin 15,3% M/M angestiegen. Bei der Interpretation dieser Entwicklung spielt der Ölpreis natürlich eine zentrale Rolle. Exklusive Kraftstoff legten die US-Einzelhandelsumsätze am aktuellen Rand um 7,0% M/M zu.

Die für die Erhebung der Zahlen zum US-BIP wichtige „Kontrollgruppe“ der Einzelhandelsumsätze stieg im Juni um 5,6 % M/M an. In der Summe könnte sich die Wirtschaft der Vereinigten Staaten damit im II. Quartal doch etwas robuster präsentieren, als noch vor wenigen Wochen zu erwarten gewesen war.

Fazit: Die aktuellen Angaben zur Entwicklung der US-Einzelhandelsumsätze haben uns in gewissem Umfang positiv überrascht. Zwar war auch im Juni mit einem deutlichen Zuwachs zu rechnen gewesen, der nun gemeldete Anstieg um immerhin 7,5% M/M notiert aber recht klar oberhalb der Erwartungen der meisten interessierten Beobachter. Offenkundig neigt der US-Konsument nicht zum Angstsparen, was der nordamerikanischen Wirtschaft zum Ende des II. Quartals hin noch etwas zusätzlichen Schub gegeben haben dürfte. Damit häufen sich die Signale, die in Richtung eines vielleicht doch nicht ganz so dramatischen US-Wachstumseinbruch zum Abschluss des 1. Halbjahres deuten. In Verbindung mit den in den USA nun wieder zu beobachtenden neuen einschränkenden Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus bedeutet diese aktuelle Entwicklung aber auch, dass ab Juli zunächst mit weniger Dynamik der US-Ökonomie zu rechnen ist.

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