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One Square Advisors: Wir starten gerade in eine Phase der Mittelstandsanleihen 2.0

06.09.2015 16:58 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Frank Günther, Managing Director bei One Square Advisors, im Exklusivinterview mit der Redaktion von BondInvestor. Bild und Copyright: One Square Advisors.

Wenn eine Anleihe in Schieflage gerät, wird häufig nach One Square Advisors gerufen. Frank Günther, Managing Director der Gesellschaft, erläutert im Exklusivinterview mit der Redaktion von BondInvestor, was sein Unternehmen in einem solchen Fall machen kann. Günther erlaubt einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Branche. Für Investoren hat er einen guten Rat: Sie sollen sich die Anleihebedingungen vor einem Kauf genau ansehen. Die Zukunft der Anleihen ist für Frank Günther nicht düster, man muss jedoch Geduld haben.

BondInvestor: In jüngster Zeit fällt häufig ihr Unternehmensname, wenn es um in Schwierigkeiten geratene Anleihen geht. Sie sind zuletzt mehrfach zum gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger gewählt worden. Was ist dann ihre Aufgabe?

Günther: Der gemeinsame Vertreter nimmt die Interessen der Anleihegläubiger wahr und ist sozusagen der Verhandlungspartner für das Unternehmen, Banken und sonstige Parteien im Restrukturierungsprozess. Die Aufgaben des gemeinsamen Vertreters sind im Schuldverschreibungsgesetz geregelt. Die Anleihegläubiger haben die Möglichkeit, den gemeinsamen Vertreter mit einem allgemeinen Verhandlungsmandat auszustatten oder ihn zum sogenannten starken Vertreter zu machen und ihn insgesamt oder zu bestimmten Themen mit der Ermächtigung, eigene Entscheidungen zu treffen, auszustatten.

Da die Anleihegläubiger in vielen Fällen die einzigen oder zumindest die wesentlichen Finanzgläubiger der Unternehmen sind, kommt dieser Aufgabe eine zentrale Bedeutung zu.

BondInvestor: Werden Sie in solchen Fällen im Vorfeld gerufen oder bieten Sie ihre Dienste an?

Günther: Das hat sich im Laufe der Zeit geändert. Die Unternehmen und auch die Banken haben erkannt, wie sinnvoll und hilfreich ein gemeinsamer Vertreter für den Restrukturierungsprozess ist und binden uns inzwischen frühzeitig ein. Damit bekommen die Anleihegläubiger von Anfang an eine Stimme und können ihre Interessen einbringen.

Es gibt aber auch den Fall, dass uns Anleihegläubiger bitten, tätig zu werden, wenn sie, wie z.B. bei der Deutschen Forfait AG oder aktuell bei Laurel, mit den Vorschlägen der Gesellschaft nicht einverstanden und diese einseitig zu Gunsten der Gesellschaft ausgestaltet sind. In jedem Falle wird der gemeinsame Vertreter von den Anleihegläubigern gewählt.

BondInvestor: Wer bezahlt Sie in der Folge und wie werden Sie vergütet?

Günther: Die Vergütung ist im Schuldverschreibungsgesetz geregelt. Der gemeinsame Vertreter erhält eine angemessene Vergütung, die vom Emittenten bezahlt werden muss. Für den einzelnen Anleger entstehen keine Kosten.

BondInvestor: Welche Macht, welchen Einfluss hat der gemeinsame Vertreter?

Günther: Der gemeinsame Vertreter vertritt die Anleihegläubiger und deren Position. Die Verhandlungsstärke richtet sich also nach dem Umfang der Ermächtigung des gemeinsamen Vertreters und nach der Gläubigerposition der Anleihe insgesamt. In der Praxis ist die Anleihe häufig die größte Position in den Finanzverbindlichkeiten. Damit kommt dem gemeinsamen Vertreter eine zentrale Position im Restrukturierungsprozess zu. Ist er mit entsprechenden Rechten ausgestattet und zum starken Vertreter bestellt, bildet er einen ernstzunehmenden Gegenpol zur Gesellschaft und kann den Restrukturierungsprozess maßgeblich beeinflussen.

Für diese verantwortungsvolle Aufgabe ist es notwendig, das entsprechende Know how und den „richtigen Werkzeugkasten“ mitzubringen. Juristische Kompetenz alleine reicht nicht aus. Wirtschaftliches Verständnis, Analysefähigkeit, Verhandlungsgeschick, Erfahrung und nicht zuletzt Konsensfähigkeit sind die zentralen Voraussetzungen für einen erfolgreichen gemeinsamen Vertreter. Nur dieser interdisziplinäre und ganzheitliche Ansatz wird der Aufgabe des gemeinsamen Vertreters gerecht.

BondInvestor: Ist es für Ihre Arbeit einfacher, wenn die Anleihe von einem börsennotierten Unternehmen begeben wurde?

Günther: Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob ein Unternehmen börsennotiert ist oder nicht. Allerdings ermöglicht die Börsennotiz ein größeres Spektrum an Restrukturierungsoptionen, gerade wenn es um den Beitrag der Eigentümer geht. Ein Debt-to-equity Swap, also eine Übernahme des Unternehmens durch die Gläubiger, lässt sich mit einer Börsennotiz einfacher umsetzen.

BondInvestor: Wenn es einmal so weit gekommen ist und die Anleihe bedenklich wackelt – wie kann man dann noch etwas retten? Wie hoch sind die Chancen, dass die Anleihe wieder die 100 Prozent erreicht?

Günther: Dazu kann ich keine generelle Aussage treffen. Die Gründe für die Probleme sind doch sehr weit gefächert und reichen von Marktverwerfungen wie z.B. bei den erneuerbaren Energien über Managementfehler bis hin zum Betrug. In jedem Falle versuchen wir, den gesunden Kern eines Unternehmens zu erhalten und darum ein Konzept zu stricken, das den Anleihegläubigern eine maximale Wertaufholung ermöglicht. Das Ziel ist immer, wieder 100 Prozent zu erreichen - die Chancen, gerade in der Insolvenz, sind häufig geringer.

BondInvestor: Wie können Anleger im Vorfeld erkennen, ob eine Anleihe in Probleme kommen könnte?

Günther: Ein Blick in den Prospekt und die Anleihebedingungen zeigt in der Regel schon die strukturellen Probleme auf: Keine Besicherung, keine oder wenige Financial Covenants, struktureller Nachrang, Nutzung des Emissionserlöses zur Ablösung von Bankverbindlichkeiten. Keine Bank würde unter solchen Bedingungen einen Kredit geben.

Daneben spielt natürlich das Geschäftsmodell eine zentrale Rolle. Betrug ist allerdings häufig im Vorfeld nicht zu erkennen.

BondInvestor: Sind die Regeln zur Begebung einer Anleihe zu schwach? Sollten Anleihen grundsätzlich besser besichert sein?

Günther: Ich denke, das Regelwerk und die Aufsicht sind gut aufgestellt. Platziert wird, was von den Anlegern gekauft wird. Und in der Vergangenheit wurden häufig Marken gekauft, ohne auf die Bonität und die Anleihebedingungen zu achten. Dies ändert sich, Anleger legen inzwischen mehr Wert auf Qualität.

BondInvestor: Ist der Markt der (Mittelstands-)Anleihen für Privatanleger weiter attraktiv?

Günther: Die Anleihe ist seit vielen Jahren ein bewährtes und sinnvolles Instrument der Unternehmensfinanzierung. Das wird sich nicht ändern. Privatanleger mussten allerdings schmerzhaft feststellen, dass auch festverzinsliche Papiere nicht vor Verlusten gefeit sind. Ich denke, der Markt wird sich langfristig weiter professionalisieren und wir starten gerade in eine Phase der Mittelstandsanleihen 2.0. Angesichts der niedrigen Zinsen ist und bleibt das ein attraktives Segment, allerdings eben nicht risikofrei.

BondInvestor: Wird es im kommenden Jahr viele neue Anleihen geben?

Günther: Derzeit ist der Markt weitgehend tot. Die wenigen neuen Anleihen haben kein breites Publikum gefunden, sondern sind privat platziert worden. Einzelne Segmente, wie z.B. Immobilienanleihen haben eine Sonderkonjunktur. Der Markt wird sich wieder beleben, aber für das nächste Jahr bin ich eher noch pessimistisch. Dazu stehen noch zu viele Restrukturierungen an.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne aus der aktuellen Ausgabe des BondInvestor, einer redaktionellen Kooperation der wallstreet:online AG mit www.4investors.de. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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