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Saudi-Arabien nach der Börsenöffnung: Hoffen auf die Anleger-Milliarden

05.09.2015 11:27 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die Börse in Saudi-Arabien öffnet sich Investoren von außerhalb des arabischen Raums. Doch die Hürden für Beteiligungen sind hoch – ebenso die Risiken. Bild und Copyright: Saudi Stock Exchange.

Ein Krieg im Jemen, massive soziale Spannungen, der rasante Ölpreisverfall, Menschenrechts-Verletzungen und Hinrichtungen – die Schlagzeilen zu Saudi-Arabien sind selten positiver Art und überdecken in der Wahrnehmung andere Entwicklungen in dem monarchisch regierten Land. Eine solche Entwicklung, die langfristig tiefe Spuren in der Wirtschaft des Staates hinterlassen wird, hat es in diesem Jahr gegeben. Die Börse in Riad wurde Mitte Juni für ausländische Investoren geöffnet.

Fast drei Monate sind seitdem vergangen und der große Kursschub, den einige für den Markt erwartet haben, ist ausgeblieben. Der wichtigste Index des Finanzplatzes, der Tadawul All-Share-Index, hat stattdessen in der Zeit rund ein Fünftel an Wert verloren. Dass die Börse trotz der Öffnung für ausländische Investoren nicht auf die Beine gekommen ist, hat vor allem eine Ursache: Den Ölpreis.

Längst fördert Saudi-Arabien nicht mehr kostendeckend bei den aktuellen Preisen. Die rot gefärbte Bilanz aus dem Ölgeschäft lässt die Finanzreserven des Landes auf der arabischen Halbinsel rasant schmelzen. Eine Quittung war jüngst die Herabstufung des Ratingausblicks für die Kreditwürdigkeit Saudi-Arabiens durch Fitch von „stabil“ auf „negativ“.

Ölpreiscrash sorgt für große Lücken in den Staatsfinanzen

Ausländische Investorengelder sollen die Lücken aus dem defizitären Ölgeschäft schließen. Die Öffnung der Börse für ausländische Investoren erfolgte damit aus keiner starken Position heraus. Dabei ist Saudi-Arabien unter den sogenannten Frontier-Märkten ein Riese: Die 166 Aktiengesellschaften, die in Riad notiert sind, bringen es bei der Marktkapitalisierung auf einen mittleren dreistelligen Milliardenwert. Die Volkswirtschaft des Landes ist, nimmt man die Türkei aus der Betrachtung heraus, die größte im Nahen Osten – und man will nach und nach die immense Abhängigkeit vom Erdöl verringern.

Nummer eins in der Region, das gilt auch für die Börse des Landes, die die Marktkapitalisierung der benachbarten Märkte deutlich übersteigt. Die meisten der in Riad notierten Gesellschaften dürften trotzdem nur Wenigen bekannt sein. Dabei sind echte Unternehmensriesen darunter, wie zum Beispiel der Chemiekonzern Saudi Basic Industries, kurz SABIC, der 40.000 Menschen beschäftigt, in 50 Ländern aktiv ist, 2014 mehr als 50 Milliarden Dollar umgesetzt und 6,2 Milliarden Dollar Gewinn erzielt hat. Das sind Renditen, entstanden vor allem aus dem Zugang zu billigem Erdöl, mit denen zum Beispiel die DAX-notierte BASF nicht mithalten kann. Ein Vergleich der Marktkapitalisierungen zeigt die Größe des saudi-arabischen Chemiekonzerns deutlich: SABIC kommt auf knapp 57 Milliarden Euro Marktkapitalisierung, das ist klares DAX-Niveau, BASF bringt es auf 64 Milliarden Euro.

Doch die Größe einiger Unternehmen darf nicht über die vielen Schwachstellen der Börse in Riad hinweg täuschen. Ob der Markt nun teuer oder günstig bewertet ist – darüber lässt sich trefflich streiten. Die Fondsgesellschaft GAM beziffert das Kurs-Gewinn-Verhältnis des saudi-arabischen Aktienmarktes auf 16. Günstig erscheint das nicht, glauben Analysten, vor allem aufgrund der immensen Risiken für die Staatsfinanzen aus fallenden Ölpreisen. „Der Markt handelt momentan mit einem deutlichen Aufschlag sowohl im Vergleich zu früher als auch im Vergleich zu den durchschnittlichen Bewertungen anderer Schwellenländer-Börsen“, sagt GAM-Experte Enrico Camera. Dem entgegen stehen die langfristigen Wachstumsperspektiven und die Hoffnung auf milliardenschwere Kapitalzuflüsse in den kommenden Jahren dank der Öffnung der Börse.

Komplett liberalisiert ist die Börse in Riad allerdings nicht. Waren bisher nur Anleger aus dem arabischen Raum berechtigt, Aktien zu erwerben, so haben die Behörden den Markt nun auch für institutionelle Anleger aus dem Ausland freigegeben. Wer aber in Riad investieren will, sollte mindestens 5 Milliarden Euro Assets under Management haben. Privatanlegern bleibt ohnehin nur der Weg über Fonds, wie zum Beispiel dem db x-trackers MSCI GCC Select Index UCITS ETF (ISIN: IE00BQXKVQ19), der sich zu knapp zwei Drittel auf den saudi-arabischen Aktienmarkt fokussiert. Auf den Plätzen bei der Fondsgewichtung folgen Länder wie Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Nur erste Schritte auf dem Weg zur Liberalisierung

Doch es gibt weitere Beschränkungen. So sind unter anderem die Anteile, die ausländische Investoren in Summe an saudi-arabischen Aktiengesellschaften erwerben können, stark begrenzt. Bis ein Unternehmen des Landes mehrheitlich in ausländischer Hand liegt, wird noch viel Zeit vergehen – falls dies jemals passieren wird. Auch andere Faktoren am Aktienmarkt entsprechen alles andere als dem Standard etablierter Aktienmärkte. So kritisiert Camera „vergleichsweise hohe Transaktionskosten und eine nur langsame Anpassung an internationale Rechnungslegungsstandards“ in Saudi-Arabien, zudem unter anderem fehlende Strukturreformen von Seiten der Politik. Hinzu kommen viele andere politische Faktoren, zum Beispiel die weit verbreitete Korruption und Menschenrechtsverletzungen.

Doch mit der Öffnung hat Saudi-Arabien den ersten Schritt gemacht. Dies bringt dem Land weitere Chancen. In den kommenden Jahren könnte eine Aufnahme in die Emerging Market Indizes des Indexanbieters MSCI erfolgen. Für den Aktienmarkt in Riad wäre dies ein deutlicher Imagegewinn. Für die Börse in Riad wäre dies zudem im Kampf um das Anlegerkapital ein weiterer Meilenstein, der große Kapitalzuflüsse bedeuten könnte. Viele kapitalstarke Großanleger orientieren sich an den MSCI-Indizes oder bilden diese eins zu eins ab. Allerdings ist eine lange Zeit für Prüfungen vor einer Indexaufnahme reserviert, 2017 oder 2018 könnte es soweit sein. Kommt es zur Indexaufnahme, würde Saudi-Arabien aufgrund der hohen Marktkapitalisierung gleich eine interessante Gewichtung in den MSCI-Indizes erhalten. Spätestens dann könnten die Milliarden aus dem Ausland fließen, auf die man (nicht nur) in der königlichen Familie des Landes so dringend hofft.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne aus der aktuellen Ausgabe des BondInvestor, einer redaktionellen Kooperation der wallstreet:online AG mit www.4investors.de. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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