Niedrige Zinsen: Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer?
17.04.2015 12:50 Uhr - Autor: Kolumnist auf twitter
Finanzkrise, Inflation, Staatsanleihen und Kreditblase. Diese Begriffe sind zum Standardvokabular in den Nachrichten geworden und stilisierten die großen Banken in den vergangenen Jahren zu den Bösewichten der Wirtschaft. Die Verbraucher in Europa hingegen können sich derzeit an geringen Inflationsraten und niedrigem Zinsniveau erfreuen. Doch wer freut sich derzeit eigentlich wirklich? Im Folgenden eine Bestandsaufnahme über Chancen und Risiken für Banken und Verbraucher. Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne von Martin Brosy. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
Aktuell befindet sich der Leitzins auf einem absolut geringen Niveau. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Europäische Zentralbank (EZB), die mit ihrer Niedrigzinspolitik dafür gesorgt hat, dass der Leitzins von 4,25 Prozent im Jahr 2008 auf heute nahezu null Prozent zusammengeschrumpft ist. Dass die EZB unter Präsident Mario Draghi bald wieder zu höheren Zinsen zurückkehrt, gilt unter Experten als unwahrscheinlich. Das liegt unter anderem an den geringen Rohstoffpreisen, der schwachen Konjunktur und den Reformen in den Euro-Krisenländern. Ziel der EZB-Maßnahme ist es, die Kreditnachfrage anzuregen und somit den Konsum zu stimulieren. Der soll dann wiederum die Konjunktur ankurbeln.
Klingt nach einem guten Plan, doch wem nützt das wirklich?
Kreditnehmer sind die Gewinner
Das niedrige Zinsniveau sorgt aktuell auch für verbilligte Kredite. Die EZB erhofft sich dadurch eine größere Nachfrage nach Krediten, sowohl bei Unternehmen als auch bei Privatpersonen. Gerade die Privatkredite, wie sie u.a. von der Norisbank angeboten werden, sollen so eine verstärkte Nachfrage erhalten. Dank der niedrigen Zinsen, so die Hoffnung der EZB, werden die Verbraucher animiert, sich eine Waschmaschine, ein Auto oder eine andere große Anschaffung zu finanzieren und so den Konsum und die Konjunktur zu stärken. Auch für alle Häuslebauer ist jetzt die beste Zeit, um sich ein Grundstück oder den kompletten Hausbau zu finanzieren. Diejenigen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Baufinanzierung begonnen haben, können trotzdem vom momentanen Niedrigzins profitieren. Dazu gibt es fünf Möglichkeiten:
Sparer sehen alt aus
So profitabel die niedrigen Zinsen für die Kreditnehmer sind, so ärgerlich sind sie für die Sparer. Sinken die Zinsen, wirkt sich das relativ schnell auf die Kunden der Banken aus. So wird eine Leitzinssenkung i.d.R. schneller umgesetzt als eine Erhöhung, die zu Gunsten des Bankkunden gehen würde. Die klassischen Sparprodukte wie das Tagesgeld- oder Festgeldkonto werfen in der derzeitigen Situation daher kaum noch Rendite ab. Die Altersvorsorge wird damit zunehmend erschwert. Eine lukrative Alternative für Privatanleger bieten daher Aktien. Wer beim neuen Rekordhoch des DAX Anfang des Jahres auf die richtigen Aktien setzte, konnte einen üppigen Gewinn einstreichen – und das in einer Zeit, in der Tagesgeldanleger Zuwächse im Cent-Bereich verzeichnen. Viele Sparer schimpfen zurecht, dass das schon über mehrere Jahre andauernde Niedrigzinsniveau bisher nicht den gewünschten Erfolg gezeigt hat. Die Kreditvergabe der Banken an Haushalte und Unternehmen bleibt schwach. Unter anderem aufgrund der Angst der Banken, dass sie ihr Geld nie wieder sehen. Aber auch die Verbraucher sind auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise zunehmend verunsichert.
Banken müssen den Gürtel enger schnallen
Doch nicht nur die Sparer leiden unter den niedrigen Zinsen, auch die Sparkassen und Volksbanken haben mit dem Niedrigzinsniveau zu kämpfen. Denn durch die niedrigen Zinssätze geraten zunehmend gerade die Banken in Bedrängnis, die nach dem Platzen der Blase zu Beginn der Finanzkrise als die Guten und Verlässlichen galten.
Doch das solide Geschäftsmodell der regionalen Kreditinstitute wird ihnen nun zum Verhängnis. Während große Banken ein schlecht laufendes Einlagengeschäft mit Erträgen aus anderen Teilen der Bank ausgleichen können, haben Volksbanken und Sparkassen diese Option nicht. Sie hängen zu 80 Prozent vom Zinsüberschuss ab – also von den Zinseinnahmen, die sie für Kredite und Geldanlagen erhalten (abzüglich der Zinsen, die Kunden für ihre Spareinlagen erhalten). Dieser Überschuss schrumpft derzeit und wird bald Einsparungen beim Personal, dem ausgedehnten Filialnetz oder den kostenlosen Zusatzleistungen bedingen. Eine Entwicklung, die Instituten wie Anlegern schadet.
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