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Formycon: „Das am schnellsten wachsende Segment der Pharmaindustrie”

26.04.2024 14:38 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

Formycon-CFO Enno Spillner im Interview mit der 4investors-Redaktion. Bild und Copyright: Hagen Brede / Formycon.

Formycon habe „sehr gute Finanzzahlen vorgelegt” und dies solle Maßstab sein, sagt CFO Enno Spillner im Exklusiv-Interview mit 4investors.de. Spillner spricht zudem über das aus seiner Sicht schwer nachvollziehbare Aktienkursniveau, ein mögliches Uplisting der Aktie, die Gründe für die Wahl des bereinigten EBITDA als zukünftige zentrale Kennzahl und vor allem über die zahlreichen Biosimilar-Pläne, die Formycon verfolgt.


4investors.de: Sie haben Ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 vorgelegt. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung Ihres Geschäfts und dem Segment, in dem Sie sich bewegen?

Spillner:
Ja, wir sind sehr zufrieden mit unserer Geschäftsentwicklung, denn wir haben viele Meilensteine wie geplant erreicht und haben die Finanzprognose für 2023 weit übertroffen. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Biosimilar Pure Play-Ansatz in einem sehr attraktiven Markt mit hohen Wachstumsraten gut positioniert sind.

4investors.de: Formycons CEO Stefan Glombitza hat Biosimilars im „Generics Bulletin” jüngst als „weltweite Bewegung zur Demokratisierung der Medizin” bezeichnet. An welchem Punkt der Entwicklung ist diese angekommen?

Spillner:
Der Markt für Biosimilars hat sich in den letzten Jahren weiter etabliert, aber die wirklich großen Chancen liegen eindeutig noch vor uns. Mit Demokratisierung der Medizin verbinden wir die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Biosimilars und die Verbreiterung des Zugangs zu kostengünstigeren Therapeutika für sehr viel mehr Menschen. Dies trägt substanziell zur Verbesserung der Patientenversorgung bei. Andererseits werden erschwinglichere Preise von Biosimilars und steigender Wettbewerb die Belastungen der Gesundheitssysteme verringern. Die jährlichen Einsparungen könnten in den Jahren 2026 und 2027 mehr als 100 Milliarden US-Dollar betragen, da es für einige der ausgabenstärksten biologischen Substanzen bis zu diesem Zeitpunkt eine gut entwickelte Konkurrenz durch Biosimilars geben wird. Aktuell sind Biosimilars das am schnellsten wachsende Segment der Pharmaindustrie. Schätzungen zu Folge wird der potenzielle Umsatz mit Referenzprodukten bis 2032 200 Milliarden US-Dollar übersteigen, was extrem großes Potenzial für anhaltendes Wachstum darstellt.

Spillner: Auf der anderen Seite gehört es auch zur Wahrheit, dass noch viel zu viele biologische Wirkstoffe keine Biosimilar-Konkurrenz haben und vermutlich auch in Zukunft nicht haben werden. Wir sehen zwar mehr Zulassungen und Markteinführungen von Biosimilars weltweit, dies ist aber noch nicht genug. Wir sind überzeugt, dass es weitere Aufklärung über das Potenzial und die vielen Vorteile von Biosimilars geben muss.

4investors.de: Das schwedische Unternehmen Xbrane Biopharma musste diese Woche seine Pläne für die in diesem Jahr geplante Markteinführung ihres Lucentis Biosimilars in den USA kassieren, da die US-Zulassungsbehörde FDA noch offene Fragen hat und den Zulassungsantrag in der jetzigen Form nicht genehmigt. Was bedeutet das für Ihr Produkt?

Spillner:
Unser Lucentis (Ranibizumab) Biosimilar FYB201 für verschiedene Augenerkrankungen wie z.B. feuchte Makuladegeneration, das in den USA unter dem Namen Cimerli vertrieben wird, hat seit der Markteinführung im Oktober 2022 einen beachtlichen Marktanteil erobert und ist das erfolgreichste Biosimilar im US-Ranibizumab-Markt. Die Tatsache, dass zunächst kein weiteres Biosimilar hinzustoßen wird, wird die führende Rolle von FYB201 in den USA weiter stärken. Dass FYB201 von der US-amerikanischen FDA, der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und anderen Zulassungsbehörden weltweit genehmigt wurde, bestätigt die hervorragende Qualität unseres Biosimilars und zeigt, welch hohes Maß an Fachwissen in allen Entwicklungsstufen erforderlich ist, um ein Biosimilar zur Zulassung zu bringen. Wir bewegen uns hier in hochregulierten Märkten und die Zulassung eines Biosimilars ist keineswegs ein Selbstläufer. FYB201 ist eine Erfolgsgeschichte und wir gehen davon aus, dass wir mit unseren Partnern weitere Marktanteile nicht nur in den USA für uns gewinnen können.

4investors.de: Die Konstruktion rund um FYB201 und der Bioeq AG ist für Investoren nicht unbedingt einfach zu verstehen, sorgt es doch für Besonderheiten in der Bilanzierung sowie Sondereffekte in den Zahlen, wie man unter anderem an den Daten für 2023 sehen konnte. Was sind hier die konkreten Hintergründe und Besonderheiten, die Formycon beachten muss?

Spillner:
FYB201 ist ein Asset der Bioeq AG, einem 50/50 Joint Venture zwischen der Formycon AG und der Polpharma Biologics Group BV. Der operative Erfolg von FYB201 spiegelt sich auf zwei verschiedenen Ebenen in Formycons Ergebnisrechnung wider. Zum einen fließt ein kleinerer Teil der FYB201 Vermarktungsbeteiligung direkt in die Umsatzerlöse (Royalties). Ein weit größerer Teil wird über das Ergebnis der Bioeq AG sichtbar, welches zu 50 Prozent bei der Formycon einfließt. Dieses At Equity-Ergebnis finden Sie jedoch nicht in der Umsatzlinie, sondern unterhalb des EBITDAs. Wir führen dafür mit Ende 2023 das bereinigte EBITDA ein, um das AT Equity-Ergebnis sichtbarer zu machen und damit den Gesamterfolg der Vermarktungsbeteiligung an FYB201 transparenter aufzeigen.

4investors.de: Sie wechseln also vom Nettoergebnis zum bereinigten EBITDA als zukünftige zentrale Kennzahl. Bei vielen Investoren gibt es allerdings Vorbehalte gegenüber dem bereinigten EBITDA, das wurde jüngst auch in einem Bericht der WirtschaftsWoche thematisiert. Dennoch nehmen Sie den Wechsel vor. Gehen Sie damit potenzielle Risiken ein und welche Bereinigungen werden dabei vorgenommen?

Spillner:
Die Kritik am bereinigten oder adjusted EBITDA ist nicht neu und in einigen Fällen sicher auch berechtigt, allerdings liegt in unserem Fall tatsächlich eine Sondersituation vor, da unser Nettoergebnis wesentlich durch die Zeitbewertung der bedingten Kaufpreiszahlung der Transaktion mit ATHOS aus dem Jahr 2022 beeinflusst wird. Diese ist u.a. von verschiedenen externen Faktoren abhängig, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Dadurch ist die Aussagekraft des Nettoergebnisses in Bezug auf die operative Gesamtperformance von Formycon eher gering. Durch die Einführung des adjusted EBITDA wollen wir vereinfachen, also Transparenz und Vergleichbarkeit herbeiführen, die es unseren Aktionären erlaubt, die Performance des operativen Geschäfts unter Berücksichtigung aller operativen Aufwands- und Ertragspositionen in der entsprechenden Periode zu bewerten. Das adjusted EBITDA beinhaltet zusätzlich einzig unsere operativen Einnahmen über unsere Bioeq AG-Beteiligung und erlaubt eine bessere betriebswirtschaftliche Vergleichbarkeit.

4investors.de: Das bereinigte Konzern-EBITDA für 2024 soll zwischen -5 Millionen Euro und -15 Millionen Euro und damit deutlich unter dem Plus von 13,3 Millionen Euro aus dem vergangenen Jahr liegen. Wie passt das zusammen, woher kommen die Belastungen 2024?

Spillner:
Für das Geschäftsjahr 2023 haben wir sehr gute Finanzzahlen vorgelegt und in einigen Bereichen auch unsere Prognosen übertroffen. Dies soll auch unser Maßstab bleiben. Aber wir haben einige Effekte, die wir in der Planung für das aktuelle Jahr berücksichtigen müssen und weshalb wir unsere Prognose auch für das adjusted EBITDA als neue Kennzahl entsprechend konservativ darstellen: Für 2024 erwarten wir Umsatzerlöse zwischen 55 Millionen Euro und 65 Millionen Euro und liegen damit unter dem letzten Umsatzrekord. Die Umsätze basieren auf drei Säulen: Zum einen natürlich aus Umsatzbeiträgen im Rahmen der Vermarktungserlöse von FYB201, das im Jahr 2024 in weiteren Ländern und Regionen gelauncht wird. Zum zweiten aus Einnahmen durch Entwicklungsleistungen für die in Partnerschaften entwickelten Projekte FYB201 und FYB203, die sich bereits in der Zulassungsphase befinden und aufgrund des sehr fortgeschrittenen Projektstadiums geringer als in den Vorjahren ausfallen. Zum dritten spielen die Umsätze aus den für 2024 erwarteten Erfolgszahlungen für FYB202 eine Rolle, die zum Teil bereits im Jahr 2023 realisiert und als abgegrenzte erwartete Erfolgszahlung ausgewiesen wurden. Diese schlagen sich daher nicht in voller Höhe im Jahr 2024 als Umsatz nieder, weshalb sich die Umsatzprognose unterhalb des Vorjahresniveaus bewegt.

Für unser Wachstum ist es wichtig, kontinuierlich in unsere Biosimilar-Pipeline zu investieren. Damit stellen wir sicher, dass unsere Projekte zügig voranschreiten und die Zahl der kommerzialisierungsfähigen Produkte perspektivisch kontinuierlich ansteigt. Hier sind die Vorbereitungen und die Durchführung des klinischen Entwicklungsprogramms FYB206, einem Biosimilar für das Onkologieprodukt Keytruda, das weltweit meistverkaufte Arzneimittel im Jahr 2023 , hervorzuheben. Weiter sind Investitionen in unsere Produkt-Pipeline mit zwei jüngeren Biosimilar-Kandidaten FYB208 und FYB209 sowie der Start eines neuen Kandidaten FYB210 äußerst relevant. Somit stellt 2024 für uns ein wichtiges Jahr dar, das eine breite Basis für weiteres nachhaltiges Wachstum legen wird. Der Biosimilar-Markt wird in den kommenden Jahren rasant wachsen und wir tätigen momentan alle notwendigen Investitionen, um bestens aufgestellt zu sein, dieses kommerzielle Potenzial dann auch zu nutzen. Wir sind zuversichtlich, dass wir mittelfristig positive EBITDA-Beiträge ausweisen werden.

4investors.de: Und was können Aktionäre für die Zukunft erwarten?

Spillner:
Die Highlights in diesem Jahr werden die zu erwartenden Zulassungen von FYB202 und FYB203 in den USA und in Europa sein. Auch wenn die Zulassungen nicht gleichzeitig zur sofortigen Markteinführung führen, bilden sie die Grundlage dafür und markieren signifikante Meilensteine, sogenannte value inflection points. Für uns als ausgewiesener Biosimilar-Entwickler stellt natürlich auch der Start der klinischen Entwicklung von unserem Keytruda-Biosimilar-Kandidat FYB206 ein weiteres Highlight dar. Diesen erwarten wir im Laufe des Jahres mit der Behandlung des ersten Patienten. Für unser Biosimilar FYB201, das heute bereits in 17 Ländern verfügbar ist, werden wir im Laufe des Jahres weitere Markteintritte in verschiedenen Regionen sehen. In bestehenden Märkten ist es unser Ziel, weitere Marktanteile zu sichern. Sehr relevant wird auch die Verpartnerung von FYB203 für verschiedene Regionen weltweit. Diesen Meilenstein wollen wir ebenfalls 2024 erreichen.

4investors.de: Mit rund 700 Millionen Euro Börsenwert und bekannten Ankeraktionären wie den Strüngmann-Brüdern (Athos KG) und dem ungarischen Pharmakonzern Gedeon Richter im Rücken: Ist Scale da noch die richtige Plattform für die Formycon Aktie, oder wird es Zeit für ein Uplisting an der Frankfurter Börse in Richtung General oder Prime Standard?

Spillner:
Das ist in der Tat eine strategische Überlegung, die ein Unternehmen in unserem Entwicklungsstadium in Erwägung ziehen sollte. Ein Unternehmen im regulierten Marktsegment ist für größere, internationale und institutionelle Investoren attraktiver und zum Teil Voraussetzung für ein Investment.

4investors.de: Abschließende Frage: Wie sehen sie die aktuelle Entwicklung beim Aktienkurs?

Spillner:
Die aktuelle Entwicklung ist nicht erfreulich und schwer nachvollziehbar. Wir haben sehr gute Finanzzahlen vorgelegt und befinden uns in all unseren Projekten vollständig on track. Aber wie gesagt, wir haben 2024 etliche wertschöpfende operative Meilensteine vor uns und der Kapitalmarkt darf folglich diverse positive Nachrichten erwarten. Wir sind überzeugt, dass unsere Pipeline und unsere Partnerschaften sehr viel Potenzial haben, Umsatz und Ergebnis auf die nächste Stufe zu heben. Unser Ziel ist es, unsere Position als einer der wenigen Pure Play Biosimilar-Entwickler weltweit weiter auszubauen und mit unseren hochwertigen Biosimilars zusammen mit unseren hochkarätigen Partnern vom Marktwachstum zu profitieren.

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