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Deutschland: Inflation 2022 rekordhoch - Einmaleffekt dämpft im Dezember - Nord LB

03.01.2023 18:55 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Eine temporäre Rückkehr zu zweistelligen Inflationsraten ist nicht unwahrscheinlich. Bild und Copyright: telesniuk / shutterstock.com.

Soeben hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden aktuelle Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland veröffentlicht. Gemäß Schnellschätzung ist die Inflation zum Jahresende 2022 wie erwartet recht deutlich unter die 10%-Marke gesunken. Der nationale Verbraucherpreisindex (VPI) sank im Vergleich zum Vormonat um -0,8% M/M, wodurch sich die Jahresrate merklich von 10,0% Y/Y im November auf nun 8,6% Y/Y reduzierte. Bei dem für europäische Zwecke harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) ging es im Vormonatsvergleich um -1,2% M/M abwärts, wodurch die HVPI-Jahresrate ebenfalls mit 9,6% Y/Y den Bereich zweistelliger Veränderungsraten verlassen hat – zumindest vorerst.

Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich ein Anstieg des VPI von durchschnittlich 7,9% (HVPI: +8,7%) – dies liegt über dem Wert von 1951 und stellt somit die höchste Inflationsrate der Nachkriegszeit dar. Der Rückgang im Dezember liegt im Rahmen unserer Erwartungen, gegenüber der Konsensschätzung auf Basis der Prognosen zuvor befragter Volkswirte sind die heutigen Zahlen aber eine positive Überraschung.

Allerdings ist bei der Interpretation große Vorsicht angebracht. Der wesentliche Grund für den starken Rückgang im Dezember ist ein Einmaleffekt durch die Dezember-Soforthilfe im Rahmen des dritten Entlastungspakets des Bundes: Aufgrund der staatlichen Unterstützungsleistung in Höhe einer Abschlagzahlung (Basis: Dezember 2021) haben die Statistiker für viele Gasverbraucher im Dezember einen drastischen Preisrückgang ermittelt. Hiervon ausgenommen sind jedoch Verbraucher ohne direkten Liefervertrag mit einem Versorger (z.B. Mieter), da für sie die Ermäßigung nur mittelbar wirkt und erst im Rahmen der nächsten jährlichen Betriebskostenabrechnung Berücksichtigung findet.

Das Statistische Bundesamt hat zwar wie üblich mit der Schnellschätzung kaum tiefergegliederte Ergebnisse veröffentlicht. Allerdings hat sich der Preisauftrieb bei der aus Haushaltsenergie und Kraftstoffen zusammengefassten Energiekomponente erheblich von +38,7% Y/Y auf nun +24,4% Y/Y reduziert. Auch die vorliegenden Daten aus den Bundesländern bestätigen den großen Einfluss der staatlichen Einmalzahlung. Im Umkehrschluss ist damit aber für den Folgemonat ein Rückpralleffekt zu erwarten. Eine temporäre Rückkehr zu zweistelligen Inflationsraten ist also nicht unwahrscheinlich. Zunächst aber wird der Sondereffekt in der am Freitag zur Veröffentlichung anstehenden HVPI-Schnellschätzung für den Euroraum seinen Niederschlag finden und die Inflationsrate ebenfalls in den einstelligen Bereich drücken.

Nach diesem durch Verzerrungen verursachten Zick-Zack-Verlauf der Inflationsrate zum Jahreswechsel ist im weiteren Jahresverlauf mit einem sukzessiven Rückgang der Inflation zu rechnen, vor allem aufgrund von Basiseffekten bei den Energiepreisen. Dennoch bleibt die Inflation auch 2023 deutlich zu hoch. Zudem ist das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale noch nicht vom Tisch, angesichts der bis zuletzt äußerst robusten Arbeitsmarktdaten in Deutschland und dem gesamten Euroraum. Die EZB wird daher auf Straffungskurs bleiben und hat die Märkte auf weitere merkliche Zinsschritte vorbereitet, woraufhin die Rentenmärkte in den vergangenen Wochen ihre Zinserwartungen deutlich korrigiert haben. Auf den nächsten beiden EZB-Ratssitzungen sind Zinsanhebungen um jeweils 50 Basispunkte wahrscheinlich.

Fazit: Die deutsche Inflationsrate hat im Dezember erwartungsgemäß den zweistelligen Bereich verlassen, bleibt mit 8,6% Y/Y (HVPI: 9,6%) jedoch weit oberhalb des Inflationsziels der EZB. Noch nie lag zudem die jahresdurchschnittliche Teuerungsrate so hoch wie im Jahr 2022. Für eine Entwarnung ist es somit trotz des Rückgangs im Dezember zu früh, zumal ein Gutteil auf einen Sondereffekt (Dezember-Soforthilfe) zurückzuführen ist. Für den Folgemonat ist ein Rückpralleffekt zu erwarten. Im Jahresverlauf dürfte die Inflationsrate zwar sukzessive sinken, das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale bleibt aber bestehen. Die EZB wird daher auf Straffungskurs bleiben und dürfte auf den beiden kommenden Sitzungen die Leitzinsen um jeweils 50 Basispunkte erhöhen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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