4investors Exklusiv

Aktien

Branchen- und Themenspecials

Ihre privaten Finanzen

4investors News

EZB hebt Leitzinsen um 50 Basispunkte an und genehmigt Antikrisentool TPI - Nord LB

21.07.2022 16:32 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die EZB erhöht im Juli wie angekündigt erstmals seit elf Jahren die Leitzinsen. Bild und Copyright: nitpicker / shutterstock.com.

Die Europäische Zentralbank hat auf ihrer heutigen Sitzung erstmals seit elf Jahren die Leitzinsen angehoben und damit eine historische geldpolitische Wende vollzogen. Alle drei relevanten Leitzinsen wurden um jeweils 50 Basispunkte angehoben. Der Hauptrefinanzierungssatz notiert demnach neu bei 0,50%, der Einlagefazilitätensatz bei 0,00% und der Satz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 0,75%. Damit löst sich der EZB-Rat von der im Juni für diese Sitzung verkündeten Indikation eines kleinen Zinsschritts von nur 25 Basispunkte und reagiert so vor allem auf das nochmals verschlechterte Inflationsumfeld.

Die zweite wichtige Entscheidung auf der heutigen EZB-Sitzung stellt die Genehmigung eines neuen Antikrisentools („Transmission Protection Instrument“, TPI) dar. Das TPI kann demnach von der EZB aktiviert werden, um „ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik“ darstellen. Die Ankäufe seien ex ante nicht beschränkt und der Umfang werde von der Schwere der Krise abhängen. Konkrete Kriterien nennt der Rat im Beschluss noch nicht, hier folgen noch Details später am Nachmittag. Es scheint aber, dass der Rat auf einen hohen eigenen diskretionären Entscheidungsspielraum setzt. Nach Aussage von EZB-Präsidentin Lagarde war die Entscheidung zum TPI einstimmig. Es spricht viel für ein quid pro quo zwischen Falken und Tauben, die Einigung auf TPI und die Entscheidung für eine kräftigere Zinserhöhung waren zumindest laut Statement eng miteinander verknüpft. Die erste Verteidigungslinie bleiben jedoch strategische PEPP-Reinvestments.

Das Ausmaß der heutigen Zinserhöhung von 0,5 Prozentpunkten liegt über den Erwartungen der meisten zuvor befragten Analysten und Volkswirte. Auch an den Märkten wurden offenbar viele auf dem falschen Fuß erwischt, relativ kräftig fielen daher die ersten Marktbewegungen infolge der Entscheidung aus. Die Rendite deutscher Bundesanleihen (10J) sprang kurzzeitig auf 1,38%. Die EZB gibt im Statement zudem den Hinweis, dass bei den kommenden Sitzungen des EZB-Rats eine „weitere Normalisierung der Zinssätze angemessen sein“ werde. Allerdings hängt der künftige Leitzinspfad von der Datenlage ab und Entscheidungen werden von Sitzung zu Sitzung getroffen.

Im Ergebnis kann man festhalten, dass nicht nur Negativzinsen Geschichte sind, sondern – zumindest bezogen auf die Leitzinsen – auch das Konzept der Forward Guidance. Bereits die US-Notenbank hatte im Juni kurzfristig energischer agiert als angekündigt, nun folgt die EZB mit einem ebenfalls kräftigeren Zinsschritt. Die EZB-Sitzung im September wird unter dem Eindruck dann erneut deutlich nach oben korrigierter Inflationsprojektionen stehen. Vor diesem Hintergrund rechnen wir für die nächste Sitzung nicht mit einer Verlangsamung des Straffungskurses bei den Leitzinsen.

Es ist zu begrüßen, dass die EZB nun den nächsten Schritt auf dem Weg der geldpolitischen Normalisierung macht – und dieser Schritt auch größer ausfällt als zunächst angekündigt. Die EZB will damit ein kraftvolles Zeichen setzen und nicht hinter die Kurve geraten – ein Risiko, dass angesichts der weiter kräftig gestiegenen Inflation zuletzt deutlich zugenommen hatte. Dennoch kann die heutige Zinserhöhung nur ein erster Schritt in einer ganzen Serie von Zinserhöhungen gewesen sein. Zum TPI werden die Details noch zu prüfen sein. Es kann nicht Aufgabe der EZB sein, selbstverschuldete Risikoaufschläge einzuebnen – selbst wenn diese selbstredend auch die Transmission tangieren. Genau hier legt das neuerliche Politchaos in Italien den Finger in die Wunde.

Fazit: Die EZB erhöht im Juli wie angekündigt erstmals seit elf Jahren die Leitzinsen, der Zinsschritt fällt mit je 50 Basispunkten jedoch unerwartet deutlich aus. Diese Entscheidung muss wohl im Zusammenhang mit der ebenfalls erfolgten Genehmigung des neuen Antikrisentools TPI gesehen werden. Kurzfristig dürfte der EZB-Rat das Straffungstempo beibehalten, zumal im September erneut die Inflationsprojektionen angehoben werden müssen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

4investors-News - EZB

09.06.2022 - Aktien: Amazon, Deutsche Bank, Deutsche Post, Nel ASA, Steinhoff und die EZB - 4 ...
13.10.2021 - Aktien: Commerzbank, CureVac, Mutares, Valneva, Nel ASA und die EZB - die 4inves ...

DGAP-News dieses Unternehmens

03.05.2024 - EQS-News: Krones setzt profitablen Wachstumskurs fort ...
03.05.2024 - EQS-News: Kontron AG im Q1: Strategische Neuausrichtung auf der ...
03.05.2024 - EQS-News: Deutsche Wohnen mit solider Geschäftsentwicklung in den ersten drei ...
03.05.2024 - EQS-News: SdK lädt Anleiheinhaber der Schlote Holding GmbH zu einer ...
03.05.2024 - Swiss Prime Site Solutions: Eckdaten für die 12. Kapitalerhöhung des Akara ...
03.05.2024 - EQS-News: NuWays relauncht seine Plattform und erweitert Möglichkeiten für ...
03.05.2024 - Neue Generation des KI-Tools zur Bekämpfung chronischer Krankheiten ...
03.05.2024 - EQS-Adhoc: Wolford AG: Ernennung von Regis Rimbert zum Mitglied des ...
03.05.2024 - EQS-Adhoc: Henkel AG & Co. KGaA: Henkel hebt Umsatz- und Ergebnisprognose für ...
03.05.2024 - EQS-Adhoc: ENCAVIS AG: Vorläufige Key-Performance-Indikatoren des Q1/2024 ...