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Geldpolitische Zeitenwende der EZB: APP und Negativzinsen bald Geschichte - Nord LB

09.06.2022 16:04 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Das Inflationsumfeld hat sich durch Ukrainekrieg nochmals verschärft und somit auch der Druck auf die EZB. Bild und Copyright: nitpicker / shutterstock.com.

Die Europäische Zentralbank hat auf ihrer heutigen mit Spannung erwarteten Sitzung die Voraussetzungen für eine historische geldpolitische Wende geschaffen. Die Leitzinsen blieben heute zwar noch einmal unverändert, allerdings hat der EZB-Rat die Einleitung der Zinswende im Juli vorbereitet. So enden die Nettoanleihekäufe im Rahmen des APP zur Jahresmitte, eine wichtige Voraussetzung (gemäß „Sequencing“) für eine erste Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte im Juli. Zudem kündigt die EZB einen weiteren Zinsschritt für September an und behält sich – in Abhängigkeit vom mittelfristigen Inflationsausblick – hierbei auch eine Anhebung um 50 Basispunkte ausdrücklich vor.

Das Inflationsumfeld hat sich durch den Angebotsschock infolge des Ukrainekriegs nochmals deutlich verschärft und somit auch der Druck auf die EZB, ihren geldpolitischen Exit zu beschleunigen. Im Mai sprang die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum auf einen Rekordwert von 8,1% Y/Y. Dies ist zwar weiterhin auch auf hohe Energiepreise (+39,7% Y/Y) zurückzuführen, allerdings hat sich auch die Kernrate ex Energie auf 4,7% Y/Y beschleunigt. Der Inflationsdruck hat somit an Breite gewonnen, und auch die hohe Streuung der Inflationsraten im Währungsraum von 5,6% (Malta) bis 20,1% (Estland) sind mit Blick auf die Inflationserwartungen ein Anlass zur Sorge. Angesichts der Entwicklung auf vorgelagerten Preisstufen dürfte der Preisdruck kurzfristig kaum nachlassen, so wurde bei den Erzeugerpreisen im April mit 37,2% Y/Y ein Rekordwert markiert.

Dies schlägt sich auch in den erneut deutlich veränderten Projektionen der EZB nieder. Mit 6,8% in 2022 sowie 3,5% in 2023 werden nun erhebliche Abweichungen vom Zielwert erwartet. Ein wichtiges Signal für die Zinspolitik ist zudem, dass erstmals auch für 2024 (2,1%) und damit durchgängig bis zum Ende des Prognosehorizonts eine dauerhafte Verfehlung des Inflationsziels von mittelfristig 2,0% erwartet wird. Konjunkturell wird von einem dämpfenden Effekt ausgegangen. Für 2022 erwartet die EZB ein BIP-Wachstum von nur noch 2,8%, gefolgt von jeweils 2,1% in den Folgejahren.

Es ist zu begrüßen, dass sich die EZB nun aufmacht, zügig eine geldpolitische Normalisierung voranzutreiben. Nettoanleihekäufe und Negativzinsen sind schon länger nicht mehr adäquat, angesichts einer Inflationsrate jenseits der 8%-Marke sogar völlig aus der Zeit gefallen. Ein weiteres Zögern hätte den Euro zusätzlich unter Druck gesetzt und zugleich das Risiko erhöht, dass die EZB später deutlich heftiger auf die Bremse treten muss. Die Beendigung dieser unkonventionellen Maßnahmen im Laufe des Sommers wird jedoch nicht ausreichen und kann daher nur ein erster Schritt für eine ganze Serie von Zinserhöhungen in den kommenden Quartalen sein. Im kommenden Jahr wird der relevante Einlagesatz mindestens in den Bereich von 1,5% angehoben werden müssen, bei einem anhaltend ungünstigen Inflationsausblick sogar über dieses Niveau hinaus. Der Euro erhielt heute etwas Auftrieb und die Kapitalmarktzinsen kletterten infolge der heutigen Beschlüsse deutlich. Für den Moment ist es der EZB offenbar gelungen, nicht hinter die Markterwartungen zurückzufallen, sondern vielmehr ein überraschend hawkishes Signal zu setzen.

Fazit: Die EZB hat auf ihrer Junisitzung eine geldpolitische Zeitenwende eingeleitet. Infolge des Angebotsschocks durch den Krieg in der Ukraine hat sich der Inflationsausblick auch auf mittlere Sicht erheblich verschlechtert. Dem tragen die Währungshüter nun Rechnung, indem die APP-Nettoanleihekäufe zur Jahresmitte beendet und ab Juli auch die Leitzinsen schrittweise angehoben werden. Bereits im September werden somit Negativzinsen der Geschichte angehören, angesichts des anhaltenden Inflationsdrucks ist dann auch eine Erhöhung der Leitzinsen um 50 Basispunkte wahrscheinlich. Zudem gehen wir angesichts des hawkishen Statements der EZB davon aus, dass dies erst der Auftakt für eine ganze Serie von Zinserhöhungen sein wird. Entsprechend fiel die Reaktion der Kapitalmarktzinsen aus, und die zinstreibenden Faktoren sollten im Euroraum vorerst die Oberhand behalten.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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