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EZB legt im Kampf gegen Rezession nach – aber es braucht mehr PEPP - Nord LB Kolumne

30.04.2020 17:17 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: nitpicker / shutterstock.com.

Der Rat der Europäischen Zentralbank hat heute einige neue Beschlüsse gefasst, die im Kampf gegen die schwerste Wirtschaftskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg helfen sollen. Dies reichen wahrscheinlich aber nicht aus, so dass die EZB aus unserer Sicht in Kürze noch einmal wird nachlegen müssen. Bei den meisten Instrumenten wurden heute keine Änderungen vorgenommen. So blieben die Leitzinsen unverändert, der Hauptrefinanzierungssatz bei 0,00% und der Satz der Einlagefazilität bei -0,50%. Auch die Rahmendaten für die Anleiheankäufe wurden zumindest auf der regulären Aprilsitzung noch nicht angepasst. Das Ankaufvolumen für das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) bleibt zunächst bei EUR 750 Mrd. und auch die bisherige Ankaufgeschwindigkeit des EAPP wurde beibehalten.

Unterstützung für den Bankensektor soll die erneute Verbesserung der TLTRO III-Konditionen liefern. So wird dieser Zins nun mindestens 50 Basispunkte unter dem über die Laufzeit durchschnittlichen Hauptrefinanzierungssatz liegen. Bei vollständigem Erfüllen der Zielwerte für die Kreditentwicklung können Kreditinstitute die Konditionen gar auf 50 Basispunkte unterhalb des mittleren Einlagesatzes drücken.

Die zweite wesentliche Neuerung durch die heutigen Beschlüsse der EZB ist die Auflage neuer nicht-zielgerichteter längerfristiger Refinanzierungsoperationen (pandemic emergency longer-term refinancing operations, PELTROs). Von den PELTROs sind sieben Geschäfte ab Mai geplant, die zwischen Juli und September 2021 fällig werden. Sie werden zum Festzins mit Vollzuteilung durchgeführt, wobei der Zinssatz 25 Basispunkte unter dem durchschnittlichen Hauptrefinanzierungssatz während der jeweiligen Laufzeit des PELTROs liegen. Die PELTROs sind eher als Backstop gedacht, fallen sie doch bei den Konditionen hinter die der TLTRO III-Geschäfte zurück. Zur zusätzlichen Stabilisierung der Geldmärkte, wo sich in den vergangenen Wochen Zeichen einer Entankerung vom Einlagesatz gemehrt hatten, können sie als ein weiteres Instrument aber durchaus einen Zusatzeffekt haben.

Die heutigen Entscheidungen des EZB-Rates wurden vor dem Hintergrund einer massiven Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds getroffen. Das BIP der Eurozone brach bereits im ersten Quartal um -3,8% Q/Q ein. Besonders stark litten Italien, Spanien und Frankreich, da hier auch die rigidesten Eindämmungsmaßnahmen im Kampf gegen die Pandemie galten und die wirtschaftliche Aktivität in der Folge besonders stark abgewürgt wurde. Leider wird im laufenden Frühjahrsquartal der BIP-Rückgang noch deutlich höher ausfallen, hier ist eine zweistellige Schrumpfungsrate zu erwarten.

PELTROs und bessere TLTRO III-Konditionen reichen aus unserer Sicht jedoch noch nicht aus, der dramatischen Verschärfung der globalen Wirtschaftskrise ausreichend Rechnung zu tragen. Für ein echtes „whatever it takes“ war die heutige Sitzung aber vielleicht auch noch nicht der richtige Zeitpunkt, vor allem aus zwei Gründen. So dürfte der Rat noch das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts nächste Woche zu den Anleihekäufen des Eurosystems abwarten wollen. Zudem könnte ein zu frühes „all in“ der EZB den Druck auf die europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik unangemessen reduzieren. Zwar wurde von der europäischen Politik bislang ein Paket von gut EUR 500 Mrd. auf EU-Ebene beschlossen. Es braucht jedoch zügig eine wirklich überzeugende europäische Antwort auf die enormen Pandemielasten, die von einigen Mitgliedsstaaten allein kaum zu stemmen sein dürften.

Die wichtigste Botschaft der EZB im Rahmen der heutigen Beschlüsse ist, dass sowohl Dauer als auch Umfang des PEPP bei Bedarf ausgeweitet werden können. Dies ist sicher nicht nur ein „Easing Bias“, sondern dürfte bereits bei der nächsten Sitzung entsprechende Beschlüsse nach sich ziehen. Wir erwarten, dass das PEPP um mindestens weitere EUR 500 Mrd. und auch zeitlich über den Jahreswechsel 2020/21 hinaus ausgedehnt wird. Auch auf der Zinsseite ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, allerdings ist der Nutzen weiterer Zinssenkungen weitaus geringer als ein wirklich überzeugendes PEPP.

Fazit: Die EZB hat angesichts eines bereits im ersten Quartal erheblichen Wirtschaftseinbruchs in der Eurozone auf ihrer regulären Sitzung einige neue Beschlüsse gefasst. Zwar blieben Leitzinsen und Ankaufprogramme unverändert, dafür wurden die TLTRO III-Konditionen für Banken noch einmal attraktiver gestaltet. Auch eine neue Serie von Liquiditätsgeschäften (PELTROs) soll helfen, Verspannungen am Geldmarkt abzumildern. Dennoch erscheinen die heutigen Beschlüsse nicht dem Ausmaß des ökonomischen Kollapses durch die Pandemie angemessen. Wir rechnen damit, dass die EZB ihr PEPP sowohl zeitlich als auch volumenmäßig wird ausweiten müssen. Zumindest hat sich die EZB mit den heutigen Beschlüssen schon einmal ausdrücklich diese Möglichkeit vorbehalten.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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