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Buy and hold: Nichts für schwache Nerven? - ARTS Kolumne

07.02.2020 07:40 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Leo Willert, Gründer und Head of Trading bei ARTS Asset Managements. Bild und Copyright: ARTS Asset Managements.

Die Buy and Hold-Strategie wird seit Jahren als erfolgreiche Anlagestrategie propagiert. Ein defensives Handeln, wie es bei diesem Ansatz gegeben ist, kann zwar langfristig erfolgreich sein, aber zwischenzeitlich hohe Risiken und lange Durststrecken mit sich bringen. Für Anleger stellt das eine besonders hohe Herausforderung dar, denn sie verkraften es schwer in turbulenten Zeiten 50 Prozent und mehr zu verlieren sowie Jahrzehnte ohne Ertrag durchzustehen. Ein flexibler Handelsansatz mit einem entsprechenden Risikomanagement kann helfen diese Verluste zu reduzieren und die damit verbundenen psychologischen Herausforderungen zu meistern.

Ein Argument für die viel angepriesene Buy and hold- Strategie ist, dass die Aktienmärkte sich langfristig immer nach oben bewegen und Markteinbrüche nur von relativer kurzer Dauer sind. Doch hält dieses Argument den Fakten bei näherer Betrachtung der Börsengeschichte stand? Der japanische Nikkei-Index markierte beispielsweise vor rund 30 Jahren, am 29. Dezember 1989, mit einem Schlusskurs von 38.915 Punkten seinen Höchststand. Japan, das sich in den 80er Jahren als Hightech-Land positioniert hatte, galt zeitweise als Motor der weltwirtschaftlichen Entwicklung. In den darauffolgenden Börsenchrash-Jahren verlor der Nikkei225 allerdings mehr als 80 Prozent an Wert. Selbst heute notiert der Nikkei225 noch rund 40 Prozent unter seinem Höchststand vor mehr als drei Jahrzehnten.

Auch der Blick vor die eigene Haustür zeigt, dass Anleger im schlimmsten Fall bei einer Buy- and Hold-Strategie einen sehr, sehr langen Atem haben müssen, um überhaupt positive Renditen zu erwirtschaften. Der Euro STOXX 50 beispielsweise zeigt, dass ein Anleger bei einem Einstieg im Jahr 2000 bei einem Höchststand von 5450 Punkten, heute rund 20 Jahre später immer noch mehr als 30 Prozent unter seinem Einstiegskurs liegt. Der maximale Verlust zwischenzeitig hätte sogar ca. 67 Prozent betragen.

Kein Investor möchte eine Generation lang warten, bis er eine merklich positive Rendite erwirtschaftet, deren durchschnittlicher jährlicher Wert nach so langer Haltedauer dann auch denkbar bescheiden ausfällt. Zudem ist fraglich, ob jeder Anleger ein derart stabiles Nervenkostüm hat, um in dem Vertrauen, dass langfristig alles gut wird, einen Einbruch von 2/3 seines Portfolios zu verkraften.

Aktionäre dürfen auch nicht erwarten, dass sich die dahinterstehenden Unternehmen sowie deren Aktien automatisch langfristig gut entwickeln. Beispiele aus der jüngeren Wirtschaftsgeschichte demonstrieren das. Die Aktie der Deutschen Telekom beispielsweise, hat sich von ihrem Kurssturz im Jahr 2000 nie wieder erholt und dümpelt noch heute, 20 Jahre später, unter dem Niveau ihres Ausgabepreises.

Auch Marktführer in ihrer Branche können durch strategische Fehlentscheidungen Megatrends verpassen und ins Abseits geraten. Das US-amerikanische Unternehmen Eastman Kodak war nicht nur Pionier der Fotobranche, Kodak wurde sogar zum Produktsynonym. Mit Entwicklung der Digitalkamera war der Erfolgsweg von Kodak jedoch beendet. Nachdem das Unternehmen 2012 – nach weit mehr als hundertjähriger Firmengeschichte – Insolvenz angemeldet hatte, konnte eine vollständige Zerschlagung verhindert werden, doch der kontinuierliche Abstieg dokumentiert sich auch im Aktienpreis. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat die Kodak-Aktie um 81 Prozent an Wert verloren und steht heute bei rund 3,5 US-Dollar.

All diese Beispiele zeigen, dass eine Buy- and Hold-Strategie die Gefahr birgt, dass Anleger auf Marktentwicklungen nicht flexibel genug reagieren können.

Das Auf und Ab an den Börsen verlangt in der Praxis eine flexible Herangehensweise. Anleger sollten definieren, welche Rendite sie mit ihren Aktieninvestments erzielen wollen. Zudem sollten Kursmarken definiert werden, ab wann ein Ausstieg geboten ist. Ein momentumbasierter Ansatz kann mit Hilfe des Computers automatisiert ausgeführt werden und erspart dem Investor nicht nur Anlagestress, sondern ermöglicht es Verluste zu begrenzen und Gewinne laufen zu lassen. Gleichzeitig erkennt das Computersystem, wann sich ein positiver Trend etabliert hat, sodass ein Anleger nach Kurseinbrüchen rechtzeitig wieder einsteigen kann. Der dynamische Ansatz, der sich an den Kursbewegungen orientiert, ermöglicht das Realisieren von Gewinnen, ohne lange und sehr heftige Verlustphasen durchstehen zu müssen.

Es soll an dieser Stelle nicht grundsätzlich gegen sehr langfristige Anlagestrategien argumentiert werden. Verschiedene Studien untermauern, dass bei Zeithorizonten über viele Jahrzehnte damit sehr attraktive Renditen erzielbar sind. Neuere Studien wie die 2017 erschienene Forschungsarbeit „Volatility Managed Portfolios“ von Wissenschaftlern der Yale University weisen allerdings darauf hin, dass die Performance eines Portfolios höher ist, wenn durch systematisches Risikomanagement schwankungsanfällige Assetklassen reduziert werden. Eine Studie der Universität Innsbruck von 2019 hat diese Methodik für den europäischen Markt untersucht und kam zu ähnlichen Ergebnissen. Praktisch zeigt sich ebenso, dass der Buy and Hold-Ansatz bezüglich des notwendigen Durchhaltevermögens und der Bereitschaft, signifikante Verluste auszuhalten, nicht für jeden Anleger geeignet sind. Genau diese Faktoren bezieht ein verantwortungsvoller Asset Manager aber in die Auswahl der spezifischen Strategie maßgeblich mit ein.

Zum Autor: Leo Willert ist Gründer und Head of Trading bei ARTS Asset Management.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne der ARTS Asset Management. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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