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EZB zwischen Vorsichtsmodus und Alarmbereitschaft – Fokus auf Junisitzung - Nord LB Kolumne

10.04.2019 16:47 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die EZB hat auf ihrer heutigen Ratssitzung wie erwartet keine neuen Beschlüsse gefasst. Erst im Vormonat hatte sie auf das eingetrübte gesamtwirtschaftliche Umfeld reagiert und eine mögliche Zinswende weit in die Zukunft verschoben. Bild und Copyright: Ewais / shutterstock.com.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer heutigen Sitzung wie erwartet keine Änderungen an den geldpolitischen Rahmenbedingungen vorgenommen. Die Leitzinsen blieben unangetastet und verharren somit auf ihren historischen Tiefstständen: Der Hauptrefinanzierungssatz notiert weiter bei 0,00%, der Satz für die Einlagefazilität bei -0,40% und der Zins für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 0,25%.

Auch die Formulierung der Forward Guidance für die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen blieb unverändert, nachdem der EZB-Rat hier Anfang März eine Anpassung vorgenommen hatte. Wir bleiben bei der Einschätzung, dass das Fenster für eine erste Leitzinserhöhung mindestens bis Mitte 2020 geschlossen ist. Eine Erhöhung des Hauptrefinanzierungssatzes rückt aus unserer Sicht sogar erst frühestens ab dem Jahreswechsel 2020/2021 auf die Agenda der Notenbank. Die Forward Guidance für die Reinvestmentpolitik blieb ebenfalls unverändert.

Bereits im März haben die Währungshüter angesichts des eingetrübten Wachstums- und Inflationsausblicks eine neue Serie gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO III) beschlossen, die von September 2019 bis März 2021 durchgeführt und jeweils eine Laufzeit von zwei Jahren haben werden. Zu den noch offenen Details befindet sich der Rat nach Aussage des EZB-Präsidenten Mario Draghi noch in der Abstimmung, wir rechnen mit einer Veröffentlichung im Juni. Vor allem die Frage der Konditionen der TLTROs ist mit Blick auf wirksame Anreize für die Banken noch zu klären. Angesichts der jüngst verzeichneten zyklischen Abschwächung des Kreditwachstums deutet einiges auf noch einmal recht komfortable Konditionen hin, um eine gewünschte Ausweitung der Kreditvergabe zu bewirken. In diesem Zusammenhang muten aktuelle Diskussionen über eine Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers befremdlich an.

Mario Draghi stellte heute in Aussicht, dass mögliche negative Wirkungen des negativen Einlagesatzes abgedämpft werden könnten. Ob dies zu einer Einführung eines gestaffelten Einlagesatzes führen wird, wollte Draghi auf Nachfrage noch nicht beantworten. Hier scheinen die Diskussionen noch am Anfang, Entscheidungen dürften erst im zweiten Halbjahr getroffen werden.

Wenig überraschend ist, dass die EZB im April abgewartet hat. Die Währungshüter befinden sich angesichts der vielfältigen globalen Risiken zwischen Vorsichtsmodus und Alarmbereitschaft. Auch wenn eine Rezession als unwahrscheinlich gesehen wird, stehe der EZB-Rat laut Draghi bereit, alle Instrumente bei Bedarf dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld anzupassen. Draghi betonte deutlich die nach wie vor abwärts gerichteten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung. Dieser dovishe Grundton wurde noch verstärkt durch die klare Bestätigung des Inflationsziels der EZB, womit Draghi aktuellen Diskussionen über eine mögliche Überprüfung der Strategie eine klare Absage erteilte. Bundrenditen und Euro wurden so nochmal etwas weiter abwärts geschickt.

Fazit: Die EZB hat auf ihrer heutigen Ratssitzung wie erwartet keine neuen Beschlüsse gefasst. Erst im Vormonat hatte sie auf das eingetrübte gesamtwirtschaftliche Umfeld reagiert und eine mögliche Zinswende weit in die Zukunft verschoben sowie eine neue Serie von längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO III) in Aussicht gestellt. Die noch fehlenden Details, insbesondere zu den Konditionen, wurden auch heute nicht veröffentlicht. Ebenso befindet sich der Rat noch immer in der Abstimmung über eine mögliche Dämpfung unerwünschter Nebeneffekte des negativen Einlagesatzes. Offenbar bereitet die jüngste zyklische Abschwächung der Kreditdynamik der EZB Sorgen, wodurch Forderungen nach einer Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers immer befremdlicher erscheinen. Der Fokus der Marktteilnehmer richtet sich nun auf die EZB-Sitzung im Juni.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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