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Der Normalisierungspfad der EZB wird holpriger - Nord LB Kolumne

25.10.2018 16:16 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: telesniuk / shutterstock.com.

In geldpolitischer Hinsicht war die heutige Sitzung des EZB-Rats eher langweilig. Es gab keine neuen Projektionen und derzeit auch keinen direkten Anlass, etwas am Fahrplan bzw. der Forward Guidance ändern zu müssen. Die Dezember-Sitzung dürfte diesbezüglich schon interessanter werden. Änderungen am Wortlaut sind spätestens dann fällig. Zudem werden auf der letzten Sitzung des Jahres neue Projektionen vorgestellt, welche unter Umständen eine leicht angepasste Argumentation rechtfertigen könnten.

Die Herausforderungen für die EZB nehmen am aktuellen Rand allerdings eher zu als ab. Neben der Gefahr eines ungeregelten Brexit und der italienischen Finanzpolitik – zu den Budgetplänen haben sich übrigens auch mehrere hochkarätige Notenbanker in der vergangenen Woche kritisch geäußert – deutet sich eine verhaltenere Wirtschaftsdynamik an, die sich nicht zuletzt in den schwächeren Zahlen zu den europäischen Einkaufsmanagerindizes manifestiert hat. Die aktuellen Turbulenzen an den Kapitalmärkten dürften zusätzlichen Druck erzeugen. In diesem Umfeld wird die europäische Notenbank ihre Geldpolitik sehr behutsam normalisieren.

Aus unserer Sicht werden die Nettoankäufe zum Jahresende selbst dann eingestellt, wenn sich die sich aktuell abzeichnende konjunkturelle Abkühlung fortsetzen sollte. Zum einen ist die Preisentwicklung so dicht an der Zielmarke, dass die Maßnahme zu rechtfertigen wäre. Ein negativer Preisschock ist angesichts des hohen Ölpreises, der Verteuerung bei Lebensmitteln, und vor allem perspektivisch der Lohnentwicklung am aktuellen Rand eher unwahrscheinlich. Zum anderen ist die wirtschaftliche Verfassung zwar weniger dynamisch, aber noch keineswegs schlecht.

Genau diese Fakten unterstrich Mario Draghi noch einmal auf der heutigen Pressekonferenz: Die Inflation ist aus genannten Gründen gestiegen und das Wirtschaftswachstum ist trotz etwas „schwächerer Informationen“ breit aufgestellt. Es gäbe ein schwächeres Moment, aber keinen wirklichen Abschwung. Gefahren sieht der wichtigste Mann der EZB dennoch im Protektionismus, den schwierigen Entwicklungen in den Emerging Markets und der hohen Volatilität an den Finanzmärkten. Diese wären aber nicht hoch genug um die Einschätzung zu ändern. Die EZB bleibt also beim EAPP Kurs. Nicht ausgeblieben ist auch der Hinweis des EZB Präsidenten auf die Verantwortlichkeit der Fiskalpolitik. Interessant ist der Hinweis darauf, dass zwei Ratsmitglieder TLTRO angesprochen haben.

Die europäische Zentralbank wird den eingeschlagenen Pfad einer dosierten und schrittweisen Normalisierung fortsetzen und sich von der zunehmend holprigeren Wegstrecke zumindest kurzfristig nicht ablenken lassen. Allerdings könnte sie das Tempo in 2019 gegebenenfalls verringern – insbesondere in Bezug auf eine erste Zinserhöhung. Es ist nun die Aufgabe der Politik sich mit Blick auf Italien und Großbritannien um möglichst wenig schädliche Kompromisse zu kümmern und auch konsequenter über eine europäischer ausgerichtete Wirtschaftspolitik nachzudenken. Dies dürfte das Umfeld für die EZB dann erheblich einfacher gestalten.

Fazit: Die EZB befindet sich in einer unangenehmen Situation. Die Störungen durch Brexit, Italien und Handelskrieg hinterlassen zunehmend Spuren an den Finanzmärkten. Dies und die damit teilweise auch zusammenhängende konjunkturelle Abkühlung sind durchaus Hindernisse. Allerdings spricht alles dafür, dass zumindest das Ende der Nettoankäufe verkraft- und rechtfertigbar bleibt. So ist die Inflation nicht zu niedrig und die wirtschaftliche Verfassung auf jeden Fall noch robust genug. Die europäische Zentralbank wird also den Pfad der Normalisierung fortsetzen und sich von der zunehmend holprigen Strecke zumindest kurzfristig nicht ablenken lassen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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