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Wahl in Italien: Verrannt, gelähmt, abgehängt? - Nord LB Kolumne

05.03.2018 10:58 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: telesniuk / shutterstock.com.

Die mit großer Spannung erwarteten Ergebnisse der Parlamentswahlen in Italien dokumentieren den bisher vorliegenden Hochrechnungen zufolge wie befürchtet eine politische Blockadesituation. Demnach erreicht keine der Bündnislisten und Einzelparteien eine regierungsfähige Mehrheit. Besorgnis erregend ist vor allem das Ausmaß, in dem rechtspopulistische und eurokritische Strömungen den Zuspruch der Wähler gefunden haben.

So konnte die fundamentaloppositionelle und bis vor gar nicht langer Zeit noch offensiv für ein Referendum zum Austritt aus der Währungsunion werbende MoVimento 5 Stelle offenbar fast ein Drittel der abgegebenen Stimmen auf sich ziehen. Die Partei hat in ihrer bisherigen politischen Verantwortung – etwa in den Bürgermeisterämtern von Rom und Livorno – mindestens dilettantische, wenn nicht gar verheerende Auftritte hingelegt und damit gewiss keinen guten Leumund für ein professionelles Politmanagement erwerben können. Der dennoch sehr hohe Stimmenanteil kann daher nicht anders denn als Protest gegen die etablierten Parteien aufgefasst werden.

Das Rechts-Bündnis aus der vom ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi angeführten konservativen Forza Italia, der rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Lega sowie weiterer Parteien vom rechten Rand wurde erwartungsgemäß von den Wählern zur stärksten politischen Kraft befördert. Allerdings geriet die Forza Italia gegenüber der Lega ins Hintertreffen. Hätte das Rechts-Bündnis eine für die Regierungsbildung ausreichende Mehrheit erhalten, könnte der Vorsitzende der Lega Matteo Salvini gar den Anspruch auf das Amt des Regierungschefs anmelden.

Das erst im Oktober verabschiedete neue Wahlgesetz mit dem schönen Namen „Rosatellum“ ist eine Mixtur aus Persönlichkeits- und Verhältniswahlrecht und begünstigt gegenüber dem bisherigen Status Quo Bündnislisten mehrerer Parteien. Neben dem Rechts-Bündnis ist daher auch ein vom Partito Democratico des ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi dominiertes Mitte-Links-Bündnis angetreten. Die regierenden Sozialdemokraten mussten allerdings eine empfindliche Schlappe hinnehmen. Die von vielen Beobachtern erhoffte Konstellation, wonach sich nach der Wahl unbeschadet aller vorherigen Bündnisabsprachen eine „Große Koalition“ aus Forza Italia und Partito Democratico konstituieren könnte, gerät damit außer Reichweite.

Die Bildung einer handlungsfähigen Regierungskoalition ist damit nicht in Sicht. Die politische Hängepartie droht den noch fragilen wirtschaftlichen Aufschwung abzuwürgen und die prekäre Verschuldungslage der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone zuzuspitzen. Die Risikoaufschläge 10-jähriger italienischer Staatsanleihen gegenüber gleichlaufenden Bundesanleihen blieben nach ersten Schrecksekunden allerdings zunächst in ruhigem Fahrwasser. Wenn wir etwas Positives in den Wahlergebnissen sehen wollen, dann ist es die Gelassenheit der Finanzmärkte.

Fazit: Wie befürchtet haben die Parlamentswahlen eine politische Blockadesituation hervor gebracht. Besorgnis erregend ist vor allem das Ausmaß, in dem rechtspopulistische und eurokritische Strömungen den Zuspruch der Wähler gefunden haben. Die Bildung einer handlungsfähigen Regierungskoalition ist vorerst nicht in Sicht. Die Hängepartie droht den noch fragilen wirtschaftlichen Aufschwung abzuwürgen und die prekäre Verschuldungslage der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone weiter zuzuspitzen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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