4investors Exklusiv

Aktien

Branchen- und Themenspecials

Ihre privaten Finanzen

Euro - Währung

EZB kündigt Politikwechsel für Herbst an – Sintrarede zeigt Dilemma der EZB - Nord LB Kolumne

20.07.2017 17:10 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: telesniuk / shutterstock.com.

Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer heutigen Ratssitzung keine Änderungen an ihrer Geldpolitik beschlossen. Die Leitzinsen bleiben auf ihren historischen Tiefstwerten und auch das Anleiheankaufprogramm (EAPP) wird im bestehenden Umfang von monatlich EUR 60 Mrd. mindestens bis Ende 2017 fortgesetzt. Zudem bestätigt der EZB-Rat den Easing Bias mit Blick auf das Ankaufprogramm, wonach bei Bedarf die Anleihekäufe in Dauer und/oder Umfang ausgedehnt werden können. Wiederholt wurde auch der Hinweis auf ein klares Sequencing, wonach die Zinsen bis weit nach dem Ende der Anleihenettoankäufe auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben dürften.

Auf der heutigen Pressekonferenz bestätigte Mario Draghi weitgehend die Einschätzungen aus dem vergangenen Monat, neue Projektionen legt die EZB erst wieder im September vor. Der Aufschwung gewinnt demnach auch aus Sicht der EZB an Dynamik und Breite, sowohl hinsichtlich der Entwicklung in den Ländern als auch in den unterschiedlichen Sektoren. Gleichwohl bleibt die Inflationsentwicklung gedämpft, nicht nur wegen der niedrigen Rohstoffpreise. Die Kernrate bleibt ebenfalls deutlich zu niedrig, um kurzfristig eine Rückkehr der Inflationsrate in die Nähe des EZB-Zielwerts zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund bleibt – nicht nur aus Sicht des EZB-Präsidenten Mario Draghi – ein erhebliches Ausmaß an Unterstützung durch eine akkommodierende Geldpolitik notwendig, um mittelfristig dem Inflationsziel wieder näher zu kommen. Gleichwohl rechtfertigt die aktuelle gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf Dauer nicht mehr die sehr expansive Geldpolitik, weshalb die EZB auch seit Monaten mit graduellen Anpassungen der Kommunikation die Märkte auf einen allmählichen Politikwechsel vorbereitet. Heute bestätigte Draghi, dass die EZB „im Herbst“ eine Entscheidung zur Zukunft des Ankaufprogramms vornehmen wird. Eine genauere Festlegung vermied er und sieht hierbei den gesamten EZB-Rat hinter sich.

In der anschließenden Frage- und Antwortrunde ging es vor allem um Mario Draghis Rede in Sintra Ende Juni. Seine Ausführungen hatten heftige Marktbewegungen zur Folge gehabt, die auch durch das zeitnahe Dementi aus „Kreisen der EZB“ nicht gestoppt werden konnten. Dies zeigt das Dilemma der EZB, die das komplizierte Zusammenspiel der einzelnen unkonventionellen Maßnahmen gerade auch im Exit beachten muss. Draghi wollte die Marktbewegungen nicht kommentieren, betonte aber, dass straffere Finanzierungsbedingungen das letzte seien, was die EZB sich wünsche. Der Euro erhielt heute vorübergehend Auftrieb und kostete zeitweise fast 1,1600 USD.

Die Rede in Sintra war wohl ein letzter Testballon. Da im Herbst der Rat über die weitere geldpolitische Strategie entscheidet, muss auch die Kommunikation mit dem antizipierten sukzessiven Exit Schritt halten. Für eine Entscheidung im September hinkt die Kommunikation bereits etwas hinterher, denn auch heute soll der Rat laut Draghi nicht über Tapering- Szenarien diskutiert haben. Dies deutet eher auf eine Entscheidung auf der Oktobersitzung hin. Wir rechnen mit einem langsamen Ausstieg aus dem EAPP bis September 2018 und einem ersten Zinsschritt nicht vor Anfang 2019. Das bedeutet aber auch, dass die Kommunikation und damit auch die Forward Guidance weiter angepasst werden muss.

Fazit: Wie erwartet hat die EZB auf ihrer heutigen Ratssitzung keine Änderungen an ihrer Geldpolitik beschlossen. Gleiches gilt für die Forward Guidance, so dass der „Easing Bias“ mit Blick auf das Ankaufprogramm bestehen bleibt. Für Herbst kündigte Draghi eine Entscheidung zur Zukunft des EAPP an, dies wird der Einstieg in den Ausstieg und somit ein Politikwechsel sein. Die Marktreaktionen auf die Rede Draghis in Sintra zeigen jedoch das Dilemma, in dem sich die EZB befindet. Sie muss einen kontinuierlichen, aber vorsichtigen Ausstiegspfad finden, will sie Marktverwerfungen so weit wie möglich vermeiden. Der Exit wird ein Drahtseilakt für die EZB!

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

4investors-News - Euro - Währung

28.02.2023 - EZB hebt stetig Zinsen an: Notwendig zur Inflationsbekämpfung – Währungen sc ...
18.12.2021 - Ausblick auf die Konjunktur 2022: Stabile Großwetterlage - mit einigen Wolken - ...
25.10.2021 - Aktien: Noxxon Pharma , die Eurozone und Hochspannung im Depot - das 4investors- ...
13.07.2015 - Griechenland-Krise: Weißer Rauch aus Brüssel - DAX und Euro gewinnen deutlich ...

DGAP-News dieses Unternehmens