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Finanzderivate – wirklich gefährlich?

13.02.2015 12:19 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Wenn von Finanzderivaten die Rede ist, dann wird parallel dazu nicht an Kritik gespart. Finanzderivate haben die Wirtschaftskrise ausgelöst und dienen Spekulanten, um das Geld anderer an den Kapitalmärkten zu verzocken. Zugegeben, wie Derivate heutzutage eingesetzt werden, spiegelt nicht immer deren eigentlichen Zweck wieder. Und die Allgemeinheit vom bösen Spekulanten zu überzeugen ist dementsprechend nicht sonderlich schwer.

Doch was sind Derivate überhaupt und wofür wurden sie erfunden? Um Derivate besser zu verstehen müsste man in die Vergangenheit blicken. Denn die Geschichte der Derivate reicht mehrere Jahrhunderte, wenn man es genau nimmt sogar Jahrtausende zurück.

Wenn ein Bauer davon ausging, dass die zukünftige Ernte gut ausfällt, dann hatte er mit der Gefahr sinkender Preise zu rechnen. Sein Absatz würde dadurch geschmälert, denn auf das erhöhte Angebot käme eine geringere Nachfrage.

Er hatte eine Möglichkeit sich gegen den Preisverfall abzusichern. Mit dem Abnehmer seines Gutes schloss er vorher einen Vertrag ab. Der Abnehmer hat sich im Rahmen dieses Vertrages verpflichtet, das Gut zu einem Zeitpunkt in der Zukunft zu dem vereinbarten Preis zu kaufen, unabhängig davon wo sich der Marktpreis zu dem Zeitpunkt befand. Der Bauer verpflichtete sich dazu die Lieferung zu gewährleisten.

Stand der Marktpreis nun zu dem besagten Zeitpunkt tatsächlich niedriger als erwartet, so konnte der Bauer sein Gut dennoch ohne Verluste verkaufen. Stand der Preis höher, so machte er nur den Verlust gegenüber dem Marktpreis und der Abnehmer profitierte von einem niedrigeren Preis. Das unbedingte Derivat war geboren, der sogenannte Future.

Das Beispiel zeigt deutlich, dass der Ausgang des Derivategeschäfts vom Marktpreis des jeweiligen Gutes abhängt, bzw. davon abgeleitet ist. Daher auch die lateinische Bezeichnung Derivat von „derivare“, also abgeleitet.

Wie beeinflussten Derivate das Finanzsystem?

Im Laufe der Zeit wurden Derivate weiterentwickelt. Aus den unbedingten Derivategeschäften entstanden die bedingten. Darunter fallen beispielsweise Optionen. Optionen weisen einen noch stärkeren Absicherungscharakter auf.

Um bei dem oberen Beispiel zu bleiben, würde ein Optionsgeschäft dem Bauern die Möglichkeit bieten, die Lieferung zum besagten Zeitpunkt zu unterlassen und seine Ernte zum höheren Marktpreis zu verkaufen. Dafür müsste er natürlich einen entsprechenden Preis zahlen, der von mehreren Faktoren, wie etwa der Laufzeit oder der Schwankungsbreite des Marktpreises abhängt.

Der Absicherungscharakter von Derivaten führte letztendlich dazu, dass sich viele Spekulanten in den Markt zwängten. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn Spekulanten haben den Produzenten, die sich wirklich absichern wollten, Liquidität bereit gestellt. Daher waren Absicherungsderivate auch die ersten Spekulationsobjekte. Besonders die Tulpenmanie im 16ten Jahrhundert ist für Optionsgeschäfte berühmt geworden.

In unserem Jahrhundert agiert das Finanzsystem auf einer ganz anderen Ebene. Private Investmentbanken haben das Zepter in der Hand und versorgen den Kapitalmarkt mit genügend Liquidität. Auch auf dieser Ebene haben sich Derivate in anderen Formen etabliert. Beispielsweise als Swap-Geschäfte oder auch Tauschgeschäfte.

Swap-Geschäfte dienen ebenso der Absicherung gegen Risiken oder um Arbitragegeschäfte zu betreiben. Dabei handelt es sich um ein Tauschgeschäft. Ein Beispiel für ein Swap-Geschäft wäre der Währungs-Swap. Dabei vereinbaren zwei Parteien einen Tausch ihrer Darlehen, hinsichtlich der Währungsbeträge und Zinszahlungen. Das Ziel eines solchen Tauschgeschäfts liegt darin, sich aus den Zinsdifferenzen ergebende Vorteile zu sichern.

Die Kritik an solchen Derivaten ist folgende: Aufgrund ihrer verzweigten Strukturen verschleiern Derivate die echte Bonität von Schuldnern und führen zwangsläufig zu einer Spekulationsblase. So geschehen auch im Zuge der Finanz- und Weltwirtschaftskrise im Jahre 2007. Ausgang der Krise waren sogenannte CDOs (Credit Default Obligations), Derivate, die in mehreren Schichten viele Hypothekenkreditgeschäfte als Basiswerte inne hatten.

Das Problem dabei war nur, dass die Bonität der zugrundeliegenden Hypothekenkreditnehmer nicht mehr nachvollziehbar war. Bevor das Ganze jedoch aufflog war es bereits zu spät. Der Wert dieser Derivate stürzte ins Bodenlose und riss viele Institutionen mit, die sich damit eingedeckt hatten. Überlebt haben nur diejenigen, die sich mit Absicherungsderivaten eindeckten, den sogenannten CDS (Credit Default Swaps), oder ihre faulen Kredite vorher abstoßen konnten.

Sind Derivate für den privaten Trader geeignet?

Die weiter oben vorgestellten Swaps sind Derivate, die überwiegend auf institutioneller Ebene gehandelt werden. Es existieren neben Futures und Optionen jedoch eine Menge weiterer derivativer Finanzprodukte, die auf den privaten Trader zugeschnitten sind. Zertifikate, Optionsscheine, CFDs sowie binäre Optionen sind unter Retail-Tradern sehr bekannt.

Charakteristisch für solche Derivate ist, außer für Futures und Optionen, dass sie alle nicht börsengehandelt sind. Sie werden entweder von Banken oder Brokern herausgegeben, was soviel heißt, dass die Emittenten den Gegenpart des Händlers darstellen. Macht der Händler einen Gewinn, so verliert die Bank. Doch die Bank verliert bekanntlich nie. Also ist die Struktur von herausgegeben Derivaten oft so festgelegt, dass die Bank einen Vorteil gegenüber dem Händler hat. Das gilt vor allem für Zertifikate.

Doch es gibt auch einfach strukturierte Derivate wie etwa CFDs. Contract for Difference basieren auf einem Barausgleich, der nach Glattstellung der Position von der Partei erbracht werden muss, die den Verlust ausweist. Handelt man beispielsweise einen CFD-Kontrakt auf den deutschen Leitindex DAX und setzt auf steigende Kurse, so muss der Broker, der den CFD anbietet, bei erfolgreichem Verlauf den Gewinn per Barausgleich an den Trader auszahlen.

Sichert sich der Broker im Hintergrund nicht ab, etwa mit Hilfe von Futures, indem er in die gleiche Richtung investiert, so setzt er sich dem Kursrisiko direkt aus. Zuverlässige Broker sichern sich jedoch ab und vermitteln somit nur das Geschäft und stellen nicht den Kontrahenten des Traders dar.

Binäre Optionen – ein neues Derivat auf dem Vormarsch?

Ein relativ neues Derivat stellt die binäre Option dar. Eine binäre Option hat mit der oben dargestellten klassischen Option, die an Börsen gehandelt wird, wenig zu tun. Obgleich man sagen muss, dass die Struktur einer binäre Option der klassischen ähnlich ist. Im Gegensatz zu der klassischen Option kann der Händler die Option nicht verfallen lassen. Es kommt am Ende der Laufzeit auf jeden Fall zum Verlust oder Gewinn. Auch ist der Optionspreis für eine binäre Option höher als die vereinbarte Rendite. Eine klassische Wette also?

Als Wetten werden binäre Optionen immer beworben. Ihr Glücksspielcharakter kommt daher, weil so gut wie alle Parameter im Vorhinein feststehen. Das folgende Beispiel soll den Handel einer binären Option illustrieren:

BasiswertRichtungLaufzeitInvestitionRendite
GoldCall/Hoch2 Stunden500 €70 %

Der Händler kauft eine binäre Call-Option auf den Basiswert Gold. Befindet sich der Preis für Gold nach Ablauf der zwei Stunden über dem Preis zu dem Zeitpunkt des Kaufes, so wird dem Händler eine Rendite von 350 Euro ausbezahlt. Trifft die Prognose nicht ein, verliert der Händler die vollen 500 Euro, also 100 Prozent seines Einsatzes.

Fazit
Man kann Derivate durchaus kritisieren, doch die Kritik gilt weniger dem Produkt, sondern dem Umgang mit diesen. Die Frage ist, wann schaden Derivate der Finanzstabilität und somit der Wirtschaft? In der Regel sind Derivate, die für den Retail-Trader konzipiert wurden, kein Risiko für das Finanzsystem, dazu gehören auch binäre Optionen.

Gefährlich werden Derivate auf Interbanken- und internationaler Ebene. Da diese Marktteilnehmer enorm große Volumina an Kapital mit Hilfe von Derivaten bewegen, können Spekulationsblasen entstehen, die das System zum Einstürzen bringen können.

Die Spekulation an sich ist kein Teufelswerk, wie oft in den Medien verbreitet, und beeinflusst die Märkte nur in einem kurzfristigen Rahmen. Mehr noch werden Derivate von öffentlichen Institutionen genutzt, um kurzfristige Manipulationen am Markt zu verursachen. Private Spekulanten haben erwiesenermaßen keinen mittel-bis langfristigen Einfluss auf die Preise, selbst auf Rohstoffe nicht. Sie versorgen den Markt mit genügend Liquidität, womit sich Produzenten jederzeit absichern können.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne von Martin Brosy. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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