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GECAM: Die Welt spart sich arm

09.01.2015 10:55 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Im sechsten Jahr der Erholung nach der Finanzkrise ist die Weltwirtschaft nach wie vor mit einem auf den ersten Blick vermeintlich als Luxusproblem interpretierten Phänomen konfrontiert: Massive Sparüberschüsse, die nicht in Konsum oder Investitionen fließen, sondern in Vermögenspreise. Die Folgen davon sind deflationäre Tendenzen und unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in vielen Teilen der Welt. Europa steckt nach wie vor in einer deflationären Stagnation. China wächst mit der geringsten Dynamik seit 2009, Japan kämpft mit immer wiederkehrenden Einbrüchen der Konjunktur und die meisten Schwellenländer leiden unter der Doppelbelastung eines starken US-Dollars (Kapitalabflüsse) sowie fallender Rohstoffpreise.

Langjährige Entwicklung
Bereits seit Beginn der 1980er Jahre sind Effekte zu beobachten, die dem Einsatz von Kapital eine geringere Bedeutung zukommen lassen. Statistisch beobachten lässt sich in der westlichen Welt, dass der Kapitalstock von Unternehmen im Vergleich zum Wirtschaftswachstum stetig abnimmt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Kapitaleffizienz steigt. Das heißt, dass zur Erzielung einer gleichbleibenden Wertschöpfung oder Gewinn, weniger Kapitaleinsatz notwendig ist. Daraus folgt, dass das Potenzial einer Volkswirtschaft, die Ersparnisbildung in Investitionen und Konsum umzuleiten und somit zu absorbieren, abnimmt.

Gründe – technologischer Fortschritt, Globalisierung, Entschuldung

Wie bereits an dieser Stelle ausgeführt, ist der technologische Fortschritt natürlich einer der Hauptgründe für den Anstieg der Kapitaleffizienz. Damit geht einher, dass Wertschöpfung heutzutage viel stärker mit dem Einsatz geistigen Potenzials zusammenhängt, als mit Investitionen in Produktionsanlagen. Das heißt, Investmentkapital ist weniger gefragt und wird somit gespart. Mit der massiv zunehmenden Nutzung des Internets für Anschaffungen aller Art wird eine Nachfragemacht wirksam, die kaum Raum für steigende Preise lässt. Somit ist das Internet global betrachtet eine Spar- und Deflationsmaschine ersten Ranges.

Frühere volkswirtschaftliche Betrachtungen gingen davon aus, dass das Lohnwachstum mit der Produktivität zusammenhängt. In den Industrieländern hat sich hier jedoch in den letzten Jahrzehnten eine große Lücke aufgetan. Das Lohnwachstum konnte bei weitem nicht mit der Entwicklung der Arbeitsproduktivität mithalten. Globaler Handel und internationaler Wettbewerb haben zu einem Druck auf Löhne und Gehälter insbesondere nicht qualifizierter Tätigkeiten geführt, was das Lohnwachstum dämpft. Unternehmensgewinne profitieren von dieser Tatsache überdurchschnittlich und sind ein wichtiger Treiber für die Sparüberschüsse einer Volkswirtschaft.

Die Finanzkrise 2008 hat zu grundlegenden Veränderungen in der Weltwirtschaft geführt. Unternehmen und Private haben sich seither massiv entschuldet (Deleveraging). So hat zum Beispiel das Verhältnis von Bankaktiva zum Welt-BIP um rund 25 Prozent abgenommen. Die größte Veränderung war jedoch der dramatische Fall der Investitionsausgaben in den G7-Staaten. Machten diese 2007 noch rund 19 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, waren es 2009 nur noch 15 Prozent. Ein großer Push im Hinblick auf Ersparnisüberschüsse. Im Jahr 2006 betrugen diese innerhalb der G7-Staaten 4,5 Prozent des BIP. Heute sind dies rund 9 Prozent beziehungsweise entsprechen einem Betrag von rund 3 Billionen Dollar. Auch in China steigt die Ersparnisbildung. Im privaten Sektor betragt diese rund 10 Prozent des BIP oder bedeutet 1,1 Billionen Dollar pro Jahr.

Staatliche Ausgaben/Verschuldung als Gegenpol

Um in der Finanzkrise einen Systemzusammenbruch zu verhindern und dem Einbruch privater Investitionen entgegenzutreten, reagierten Regierungen rund um den Globus mit staatlichen Ausgabeprogrammen. In ähnlichem Umfang wie die privaten Investitionen zurückgegangen sind, haben die Staaten nun versucht die fehlenden Ausgaben auszugleichen, was natürlich eine erhebliche Ausweitung der Defizite zur Folge hatte.

Diese Politik wurde jedoch seit 2010 stark zurückgefahren. Die Gründe sind vielfältig: Parlamentarische Schuldenobergrenzen verhindern haltloses Schuldenmachen (USA) und Misstrauen gegenüber anderen Staaten begrenzt staatliche Investitionsausgaben (Euroraum). Effekte daraus sind natürlich Ersparnisüberschüsse durch geringe Investitionsausgaben, deflationäre Tendenzen und schwaches Wachstum.

Notenbanken springen ein
Die Erschöpfung fiskalpolitischer Möglichkeiten lenkt den Blick auf die monetären Instrumente der Notenbanken. Um negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft und eine Verselbstständigung der deflatorischen Kräfte zu verhindern, sahen sich die Notenbanken gezwungen, eine sehr expansive Geldpolitik zu initiieren. Das heißt, durch massive Zinssenkungen und Kauf von Vermögenswerten Geld in den Kreislauf zu pumpen. Leider ist Geldpolitik nur indirekt in der Lage, realwirtschaftliche Effekte zu erzielen – über niedrige Zinsen und eventuell Währungseffekte. Dabei gilt das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens – je niedriger das Zinsniveau bereits ist, desto geringer sind die Effekte der Geldpolitik.

Fallende Rohstoffpreise wirken wie eine Bremse auf der Kostenseite industrieller Produktion und verarbeitenden Gewerbes, aber auch der privaten Haushalte. Die Kapitaleffizienz steigt also weiter und das Sparpotenzial wächst.
Niedrige Zinsen, die eigentlich Investitionen anregen sollen, führen in einer von Zukunftsängsten durchzogenen Welt eben nicht zu Verschuldung und Ausgaben, sondern reduzieren die Kostenseite und erhöhen das Sparpotenzial.
Um Sparziele innerhalb des Vermögensaufbaus oder geplanter Anschaffungen zu erreichen, müssen bei niedrigem Zinsniveau höhere Sparraten aufgebracht werden als bei hohen Zinsen – zumindest gilt dies nominal. Das Ergebnis ist ein höheres Sparpotenzial.

Insgesamt führt die hohe Verunsicherung bezüglich geopolitischer Instabilitäten sowie wirtschaftspolitischer Unberechenbarkeit zu Ängsten. Ängste führen zu Entschuldung, Zurückhaltung bei Investitionen und zu Spareffekten.

Fazit
Die zu geringen Investitionen sind nicht in der Lage, die Ersparnis zu absorbieren. Oder umgekehrt existiert zu viel Geld, das nicht für Investitionen gebraucht wird oder aus anderen Gründen nicht abgerufen wird. Es fließt also in Vermögenswerte. In erster Linie Staatsanleihen, aber auch Unternehmensanleihen sowie Immobilien und Aktien verzeichnen in unterschiedlicher Form starke Zuflüsse.

Wir leben in einer Niedrig-Inflations-Welt, in einer Niedrig-Zins-Welt sowie in weiten Teilen auch in einer Niedrig-Wachstums-Welt (Europa, Japan, Südamerika). Diese Tendenzen setzen sich auch 2015 weiter fort. Notenbanken werden an expansiver Geldpolitik festhalten, was tendenziell Anleihen- als auch Aktienmärkte unterstützt.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der GECAM. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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