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ParTec im Interview: Kapitalmaßnahmen, „wenn unser Expansionsdrang dies erfordert“

18.03.2024 08:06 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

Bernhard Frohwitter, Vorstandsvorsitzender der ParTec AG. Bild und Copyright: ParTec AG.

An der ParTec Aktie scheiden sich die Geister nicht erst seit der von einigen Marktbeobachtern kritisch gesehenen Bewertung der Patente. Die einen sehen einen Hightech-Star, die anderen sind skeptisch. Im Gespräch mit 4investors.de nimmt Bernhard Frohwitter, Vorstandsvorsitzender der ParTec AG (WKN: A3E5A3, ISIN: DE000A3E5A34, Chart, News), unter anderem zu den diversen „Insiderverkäufen“ und Lockup-Fristen, Finanzzahlen sowie zum ungewöhnlich großen Vorstand des Börsenneulings Stellung.


4investors.de: ParTec bezeichnet sich auf der eigenen Homepage als „Pionier auf dem Gebiet des modularen Supercomputing und des Quantencomputing“. Welche Supercomputer und Quantencomputer sind bereits in Betrieb, an denen ParTec mitgearbeitet hat?

Frohwitter:
Die ParTec AG hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt. Unsere bisher entwickelten und gebauten modularen Rechner werden allesamt auch kommerziell genutzt. Beispielsweise haben wir 2017 den weltweit ersten modularen Supercomputer „Jureca“ in Betrieb genommen. 2020 dann „Juwels“, dem zu diesem Zeitpunkt schnellsten Supercomputer Europas. Weitere von uns und mit unserer Technologie errichtete Supercomputer sind Meluxina in Luxemburg und Leonardo in Bologna.

Aktuell schreitet die Entwicklung bei „MareNostrum 5“ in Barcelona gut voran. Das bislang größte Projekt ist der im Bau befindliche Supercomputer „JUPITER“, im Forschungszentrum Jülich (FZJ). Er wird der erste europäische Rechner der ExaFlop-Klasse werden, und der bislang schnellste KI-Rechner der Welt mit circa 90 KI-ExaFlop. Er ist darauf ausgelegt, unter anderem die Arzneimittelforschung, die Simulation von Quantensystemen, die Erzeugung von Foundation Models für KI sowie Anwendungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz zu unterstützen. Wir arbeiten auch eng mit Quantum Machines zusammen, einem Anbieter von Lösungen zur Quantenkontrolle, die die Entwicklung von praktischen Quantencomputern beschleunigen. Gemeinsam entwickeln wir Produkte, die die Quantum Orchestration Platform von Quantum Machines mit dem proprietären IP von ParTec zusammenbringen.

Ein Meilenstein unserer Unternehmensgeschichte ist wie ausgeführt natürlich der erste Exascale-Supercomputer in Europa „JUPITER“, den wir mit unserem französischen Partner Eviden bauen. Durch den Einsatz unserer Softwarelösungen wird „JUPITER“ eine herausragende Rechenleistung erreichen, mit der wissenschaftliche Simulationen auf eine neue Stufe gehoben sowie Durchbrüche beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz ermöglicht werden. Beim Bau von Jupiter werden wir GPUs und CPUs der nächsten Generation von NVIDIA und SiPearl verwenden.

4investors.de: ParTec erweckt bei vielen Investoren den Eindruck, die Supercomputer und Quantencomputer komplett selbst zu bauen. Welche Anteile in der Wertschöpfung der Projekte entfallen denn tatsächlich auf das Unternehmen und was liefern Partner?

Frohwitter:
ParTec ist spezialisiert auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von modularen Supercomputern und Quantencomputern sowie der dazugehörigen Systemsoftware, unserer ParaStation Modulo. In diesem Bereich sind wir weltweit führend. Wir haben bei der ParaStation Modulo für den Betrieb dynamischer Modularer Supercomputer sehr große Fortschritte bei der Entwicklung erzielt, Quantencomputer in Modulare Supercomputer zu integrieren. Ergänzend bieten wir Beratungs- und Supportleistungen für die Entwicklung, den Bau und den Betrieb dieser Systeme an.

Man kann sich das Ganze vorstellen wie ein Generalunternehmer, der auch der Architekt ist. Der Architekt entwirft das Gebäude, plant den Bau, sucht die entsprechenden Partner und orchestriert das Gesamtprojekt. Genau das machen wir als Generalunternehmer im Bereich Super- und Quantencomputer. Wir agieren als Architekt dieser Geräte auf Basis unserer dynamischen modularen Systemarchitektur (dMSA) und greifen dabei auf ein breites Netzwerk an Unternehmen zurück, mit denen wir Projekte umsetzen. Wir liefern die Pläne für die Architektur, die Software und bestellen als Generalunternehmer die Hardware. Spezialisierte und von uns überwachte Subunternehmen übernehmen dann vor Ort den Aufbau.

4investors.de: Sie führen Patentstreitigkeiten unter anderem gegen NVIDIA. Was werfen Sie den gegnerischen Parteien vor und welchen Stand haben diese Verfahren aktuell? Spielt die Bewertung der Patente dabei eine Rolle?

Frohwitter:
Wenn mit Patentstreitigkeiten Gerichtsverfahren gemeint sind, so ist das unrichtig, zudem ist NVIDIA einer unserer engsten Partner. Wir führen allerdings mit mehreren Firmen zum Teil intensive Lizenz-Verhandlungen. Das sind zum Beispiel Intel, HPE, DOE und das Schweizer Supercomputer Center. ParTec betreibt intensiv die Verwertung seiner weltweit mehr als 150 erteilten und angemeldeten Patente. Aus der Patentverwertung ergibt sich auch ein hohes finanzielles Potenzial. Wenn nun anderen Unternehmen das Nutzungsrecht an unserer patentierten Technik erteilt wird, wollen wir daraus auch künftig Erlöse aus der Nutzung generieren. Da es sich um laufende Verfahren handelt, können wir gegenwärtig keine näheren Infos hierzu geben.

4investors.de: Welche zwingenden Gründe gab es, die Patente in eine eigene KG auszugliedern und bewerten zu lassen? Welchen Vorteil sieht ParTec daraus, der den Vorwurf, hier einfach nur eine Art „Bilanzkosmetik“ zu eigenen Gunsten betreiben zu wollen, die zwar in der AG zu sehen ist, aber auf Konzernbasis keine wesentlichen Effekte haben dürfte, überwiegt?

Frohwitter:
Nachdem die ParTec nach HGB bilanziert und in diesem Rahmen selbst hergestellte, immaterielle Vermögensgegenstände nicht aktiviert werden können, wurde die Ausgliederung und die damit einhergehende Bewertung der Schutzrechte vorgenommen, um ein exakteres Bild über die tatsächliche Vermögenslage der Gesellschaft sowohl Aktionären als auch Kreditinstituten gegenüber zu vermitteln.

4investors.de: Was waren die wesentlichen Eckpunkte für die Ermittlung der Patentwerte? Von welchen Annahmen ist man bei der Berechnung ausgegangen und wie sind die Summen letztendlich konkret zustande gekommen?

Frohwitter:
Die Wertermittlung erfolgte nach dem IDW Standard S 5 Grundsätze zur Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände. Somit erfolgte die Bewertung mittels kapitalwertorientiertem Verfahren, der sogenannten Residualwertmethode.

4investors.de: Welche Kosten hatte die Bewertung der Patente für ParTec? Wer war an der Erstellung der Gutachten, Bewertungen, Beratungen etc. beteiligt und gab es hier potenzielle Interessenskonflikte wie z.B. personelle Verflechtungen, Abhängigkeiten etc.?

Frohwitter:
Die Bewertung wurde durch eine auf Bewertung von IP spezialisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Zusammenarbeit mit zwei unabhängigen Patent-Anwaltskanzleien vorgenommen. Es gab weder potenzielle Interessenskonflikte noch Abhängigkeiten. Die Kosten dafür bewegen sich im fünfstelligen Bereich.

4investors.de: Der weit überwiegende Teil der Bilanzsumme per 30.6.2023 besteht auf der Aktivseite aus Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Warum fällt dieser Posten so groß aus und wie hat sich dieser seit dem Halbjahresbericht entwickelt?

Frohwitter:
Der Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ist stets eine Momentaufnahme und relativiert sich mit zunehmendem Arbeitsfortschritt von Großprojekten. Dem gegenüber stehen ebenfalls Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistungen, die ebenfalls bei Großprojekten stets Momentaufnahmen darstellen.

4investors.de: Wie hoch ist der aktuelle Liquiditätsbestand und besteht in den nächsten Monaten Bedarf, das Kapital zu erhöhen?

Frohwitter:
Der Liquiditätsbestand bei unserer Gesellschaft bewegt sich regelmäßig im zweistelligen Millionenbereich. Kapitalmaßnahmen werden wir dann vornehmen, wenn unser Expansionsdrang dies erfordert.

4investors.de: Seit dem Börsengang gab es laut Directors-Dealings-Meldungen diverse „Insiderverkäufe“. Sind weitere dieser Verkäufe durch Manager/Aufsichtsräte geplant?

Frohwitter:
ParTec hatte ja keinen klassischen IPO, sondern ein Listing der Aktien. Der Freefloat der ParTec-Aktie ist vergleichsweise gering. Mit den Verkäufen kommen wir den Wünschen von Investoren nach, die gerne einen höheren Freefloat sehen würden. Aufgrund des geringen Freefloats ist unser Aktienkurs vergleichsweise volatil, sowohl was die Ausschläge nach oben als auch nach unten angeht. Unser Ziel ist es, die ParTec-Aktie als attraktives Investment am Kapitalmarkt zu positionieren. Einen ersten Schritt hatten wir bereits im Sommer 2023 gemacht, indem unsere Aktien auch auf Xetra handelbar sind. Mit der Notierung unserer Aktien auf Xetra haben wir uns noch breiter am Kapitalmarkt aufgestellt und die Visibilität bei internationalen Investoren erhöht. Durch die Ausweitung des Freefloats wollen wir auch die Liquidität im Handel mit ParTec-Aktien insgesamt erhöhen.

4investors.de: Sind Lockup-Vereinbarungen für die Aktienpakete von Vorstand/Aufsichtsrat ein Thema?

Frohwitter:
Es wurden keinerlei Stücke beim Listing abgegeben, was ja auch das starke Commitment der Altaktionäre zeigt. Es wurden keinerlei Lockup-Vereinbarungen geschlossen.

4investors.de: Die Größe des Vorstands bei ParTec ist ungewöhnlich im Vergleich zu anderen börsennotierten Unternehmen und erst recht im Vergleich zur Mitarbeiterzahl. Das ist erklärungsbedürftig und soll dies so bleiben?

Frohwitter:
Die ParTec ist von vornherein in den letzten Jahren auf starkes Wachstum ausgelegt, vor allen Dingen, weil wir schon sehr früh erkannt haben, dass der hereinbrechende Bedarf für Supercomputer in den Feldern der künstlichen Intelligenz ein enormes Wachstum bereitstellen würde. Um hierauf vorbereitet zu sein, haben wir von vorneherein die dafür notwendige Vorstandsbereichs- und Verantwortungsgliederung vorgenommen. Das hat den Vorteil, gewappnet zu sein. Bis jetzt sind wir bereits auf über 70 Mitarbeiter angewachsen. Die Vorstandsmitglieder von ParTec verfügen über umfangreiches Know-how und jahrzehntelange Erfahrung. Einige unserer Vorstandsmitglieder hatten führende Positionen in Unternehmen wie IBM, Cray, Intel und HPE und sind nun für ParTec tätig. Darauf sind wir stolz. Unsere Struktur ist vielleicht nicht ganz gewöhnlich. Sie unterstreicht aber die Wichtigkeit einzelner Bereich und zeigt, dass unsere Top-Leute auch bereit sind, persönlich Verantwortung zu übernehmen.

4investors.de: Zwischen ParTec und der Stern Immobilien AG, die an der Börse kein gutes Bild abgegeben hat, gibt es einige personelle Überschneidungen in Vorstand/Aufsichtsrat der beiden Gesellschaften. Wie kommt dies zustande?

Frohwitter:
Hans Kilger und ich kennen uns schon seit vielen Jahren und wir schätzen die Expertise des anderen sehr. Deshalb sind wir nicht nur bei der ParTec AG beide als Vorstand tätig, sondern auch im Aufsichtsrat der Stern Immobilien AG.

4investors.de: Wie sind die aktuellen Perspektiven von ParTec? Welche Projekte laufen derzeit, wo nehmen sie an Ausschreibungen teil?

Frohwitter:
Zu aktuellen Ausschreibungen können wir aus vertraglichen Gründen keine Auskunft erteilen.

4investors.de: Welche Prognose gibt es für 2024? Und wie sehen die mittelfristigen Aussichten aus?

Frohwitter:
Die Nachfrage nach Super- und Quantencomputern wächst in den kommenden Jahren deutlich. Das gilt mehr denn je für die Nachfrage in unserem traditionellen Geschäftsbereich, der Versorgung der wissenschaftlichen Institute und Einrichtungen mit Supercomputern. Durch die künstliche Intelligenz tritt jetzt auch der enorme Markt der Industrie und Wirtschaft hinzu. Einer der Treiber für modular aufgebaute Supercomputer ist wie gesagt KI. Wir sind hervorragend für weiteres Wachstum aufgestellt, 2024 und darüber hinaus. Wir werden mit der Veröffentlichung unseres Jahresabschlusses, der im Laufe des ersten Halbjahres geplant ist, dann auch einen detaillierten Ausblick auf unsere Finanzkennzahlen geben.

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