Made in Germany – Historische Kaufchance - Börse München

„Deutschland ist Schlusslicht in Europa“, textet das Handelsblatt auf der Titelseite – und meinte gar nicht unsere Fußballmannschaft (es war noch vor dem Frankreich-Spiel), sondern unsere Wirtschaft und ihr Wachstum. Nun, im Fußball treten Änderungen schneller auf als in der Wirtschaft, wie wir am Dienstag-Abend gesehen haben und eine weitere Headline aus der Süddeutschen Zeitung beweist: „EU-Kommission rechnet mit Rezession in Deutschland“. Ansonsten warteten die Märkte – wie es so schön heißt – auf die Entscheidung der EZB am Donnerstag. „Warten auf Lagarde“, personalisiert es die Börsen-Zeitung. Das Ergebnis: „Kampf gegen Inflation: EZB hebt Leitzinsen erneut an – Märkte wetten auf Zinsgipfel“, informiert uns die Börsen-Zeitung und Die Welt hat mitgezählt: „EZB erhöht Zinsen zum zehnten Mal in Folge“.

Was günstig ist, muss steigen
War es der Riesenerfolg der deutschen Basketballer, war es der knappe Sieg der Fußballer über Frankreich, jedenfalls titelt Der Aktionär: „Best of Germany“. Deutsche Aktien gäbe es zu „Schnäppchen-Kursen“. Überdies beruhigt das Blatt gleich noch Tierschützer mit „der Bulle ist nicht tot“. In Richtung Sonderangebote weist Börse Online mit einer großen „Spezialanalyse“: „Historische Kaufchance: Aktien – so günstig, dass sie steigen müssen“. Aber ob sie es auch tun? Auf dem Titelbild ist ein aufsteigender Bulle zu sehen und wir wissen ja schon von Der Aktionär, dass er überlebt hat. Was zieht mindestens so gut wie Schnäppchen oder ein Best of? Genau. Geld. Also „So legen Sie 50.000 Euro richtig an“, lockt uns Focus Money mit einem Bündel von 100-Euro-Scheinen. Versprochen werden 30 Prozent Rendite. Wir waren so frei (oder kleinlich) und haben die Scheine nachgezählt, es sind nur zehn 100er abgebildet, macht nach Adam Riese eine doch eher magere Rendite von 2 Prozent, aber wir sind ja nicht so (kleinlich). „Strategien für harte Zeiten“ ist noch zu lesen und das ist ja wohl wahr. Zurück zu Deutschland, Euro am Sonntag macht in schwarz-rot-gold auf und mit einem „35% Dividende Depot“. Und fügt hinzu: „Unglaublich, aber möglich!“ Mit dem Hinweis: „Ihre Anleitung zum Selberbauen“, auweia, hoffentlich war da nicht ein schwedischer Möbelkonzern und Spezialist für Bauanleitungen federführend.

„Insolvenz beim Spielzeughersteller Haba“ titelt das Handelsblatt, denn das Unternehmen aus Bad Rodach (und nicht börsennotiert) steckt in der Krise und muss nun mit einer Insolvenz in Eigenverantwortung die Pleite abwenden. Bereits 1987 hatte Haba den Versandhändler Jako-o gegründet, der nun dichtgemacht werden soll. In unserer Kleingartenanlage gab es typische „Jako-o-Gärten“, in denen alle erdenklichen Kinderholzspielgeräte akkurat aufgereiht hinterm bunten Zaun im akkurat gemähten Rasen standen. Die Weigerung unserer Kinder, Matschhosen zu tragen, konnte allerdings auch mit einem bunten Jako-o-Katalog nicht konterkariert werden. Beliebt bei ihnen war jedoch das bekannte „Obstgartenspiel“ aus dem Hause Haba. Dort gewinnt und verliert man nur gemeinsam – auch irgendwie typisch für die Gemengelage in Deutschland mit Bundesjugendspielen ohne Urkunden. Keine Pointe: Der wohl für die Schieflage zumindest mitverantwortliche frühere Geschäftsführer kam vom Sandalenhersteller Birkenstock.

Sandalen II
Und dieser Sandalenhersteller strebt an die Börse, wir hatten darüber schon Anfang August „berichtet“. Der IPO hat sich inzwischen konkretisiert, die Zeitungen sind voll davon. In der Süddeutschen Zeitung findet sich sogar unter „So wird ein Schuh draus“ ein Artikel im Feuilleton. Gut gefallen hat uns vor allem die Bildunterschrift, wobei wir uns beherrschen, das dazugehörige Bild näher zu beschreiben: „Birkenstock ist auch ein Bekenntnis zur (Zehen-)Freiheit“. Der Artikel bezieht sich vor allem auf den so erfolgreichen Barbie-Film. Denn dort wird Barbie vor die Wahl gestellt, in ihr altes Leben zurückzukehren oder „die Wahrheit über das Universum“ zu erfahren, symbolisiert durch rosa Pumps auf der einen und braune Birkenstock auf der anderen Seite. Sie wählt nach einigen Kapriolen dann doch die Sandalen, die später rosa sind, ein Kompromiss oder die Wahrheit des Universums? Der Wahrheit halber (und ohne Universum) sei gesagt, auch im Wirtschaftsteil behandelt die Süddeutsche Zeitung den bevorstehenden Börsengang: „Der Inbegriff von ‚Made in Germany‘“, garniert mit einem weiteren Sandalenbild. Der IPO an der NYSE soll noch in diesem Jahr erfolgen, wir plädieren für einen baldigen Termin, auf Sandalen durchs winterliche New York ist vielleicht wenig zielführend.

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