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Silicon Valley Bank seit März insolvent: Konsequenzen für Immobilienbusiness? - Immocation

10.06.2023 10:03 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Alexander Surminski, Geschäftsführer von immocation.de, schreibt zum Immobilienmarkt in Deutschland. Bild und Copyright: immocation.de.

Das Jahr 2023 ist mit zwei spektakulären Bankendisasters gestartet: Während die Credit Suisse so gerade noch von der UBS aufgefangen wurde, musste die Silicon Valley Bank (SVB) Insolvenz anmelden. Das erinnerte Beobachter stark an die Lehman-Pleite von 2008. Wiederholt sich etwa die Finanzgeschichte und gerät jetzt auch wieder der Immobilienmarkt ins Wanken? Eine Einschätzung von Gastautor Alexander Surminski, Geschäftsführer von immocation.

„Die Silicon Valley Bank ist in Schieflage.“ Als diese Nachricht Anfang März nach Europa schwappte, reagierten breite Teile der Öffentlichkeit darauf so, als sei in China der berühmt-berüchtigte Sack Reis umgefallen.

Silicon Valley What? Doch schnell zeigte sich bei näherer Beschäftigung, welche Relevanz die bis dato eher unbekannte Bank in der Praxis hat – und welche Brisanz damit in der Nachricht vom „Bankrun“ auf die SVB steckt.

Die SVB war vor allem in der US-amerikanischen Tech-Szene bei Startups das zentrale Finanzinstitut. Nach Schätzungen von Experten wickelte bis März dieses Jahres fast die Hälfte aller jungen US-Unternehmen seine Finanzierungen über die Silicon Valley Bank ab – selbst bis Deutschland etwa zum Kochboxenversender HelloFresh reichten die Geschäftsbeziehungen der Kalifornier.

„Sparkasse für die Startup-Szene“

Die SVB hatte sich über die Jahre den Ruf einer „Sparkasse für die Startup-Szene“ erworben. Die Bank reichte nicht nur Kredite an die Tech-Firmen aus. Die Gründerinnen und Gründer von Start-ups, die in der Boomphase oft mehr Geld von Investoren bekamen, als sie tatsächlich brauchten, parkten zugleich auch große Teile ihrer Einnahmen bei der SVB.

Die Kasse der Bank wuchs und wuchs – die Einlagen von Kundinnen und Kunden waren deutlich größer als die ausgereichten Kredite. Folgerichtig musste die Bank selbst ihr überschüssiges Geld anlegen. Und genau hier nahm das Drama seinen Lauf: In der Erwartung ewig niedriger Zinsen kauften die Manager der SVB vor allem langjährige US-Staats- und Hypothekenanleihen. Im Kern nicht verkehrt, diese Papiere gelten als sicher. Wäre da nicht das Zinsrisiko.

Und genau das wurde der Bank zum Schicksal: Als die Notenbanken 2022 die Zinsen wegen der stark gestiegenen Inflation als Folge der Energiepreisexplosion und des Kriegs in der Ukraine schlagartig erhöhten, fielen die Staatspapiere mit festem, niedrigerem Zinssatz über Nacht in sich zusammen. Die Besitzer der Anleihen wie die SVP mussten massive Wertverluste abschreiben.

Silicon Valley Bank ging in der Doppelzange in die Knie

Zugleich bekamen viele Kunden der Bank von einem Tag auf den anderen Probleme, weil Investoren viel zögerlicher wurden beim Ausreichen von Wagniskapital. In der Mitte dieser beiden negativen Entwicklungen stand die SVB, die unter dem doppelten Zangendruck letztlich in die Knie gehen musste.

Für Kapitalismuskritiker wiederholt sich damit Finanzgeschichte. Sie erinnern an die spektakuläre Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. Diese ging 2008 pleite und schickte damit Schockwellen in das gesamte Weltfinanz- und Wirtschaftssystem. Eine schwere Rezession war die Folge, die komplette Staatspleite Griechenlands konnte nur mit Mühe und Milliarden EU-Geldern abgewendet werden.

2008 nahm das Drama am US-amerikanischen Immobilienmarkt seinen Lauf. Durch die irgendwann völlig intransparente Verpackung von Immobilienrisiken in künstlichen Wertpapieren wurde der Markt mehr und mehr aufgepumpt – wie ein großer Risiko-Ballon, der zwangsläufig platzen musste. Das ist 2023 im Fall der Silicon Valley Bank ganz anders. Hier geht es schlicht und einfach um Missmanagement in einem an sich klassischen Geschäft des Bankwesens.

Jeder Azubi einer deutschen Sparkasse lernt bereits in sehr frühen Berufsjahren das Prinzip der „Fristentransformation“ kennen. Banken müssen das Risiko im Blick haben, dass sich die Zinsen für ihre eigenen Anlagen (schnell) ändern können. Nach den langen Jahren der Null- oder sogar Negativzinsen war dem Topmanagement der SVB dieses Wissen wohl abhanden gekommen.

Gleichwohl sind sie damit nicht allein. Auch deutsche Sparkassen oder Genossenschaftsbanken beispielsweise haben derzeit damit zu kämpfen, dass die Zinsen 2022 und 2023 so massiv in so kurzer Zeit gestiegen sind. Entsprechende Wertverluste für niedriger verzinste Wertpapiere im Portfolio sind die Folge. Doch die Rücklagen und Polster deutscher Banken etwa scheinen auskömmlicher, zumal sie auf der Fremdkapitalseite nicht so abhängig sind von einer Kundengruppe wie die SVB.

Immobilienbranche vor neuem Realismus

Auch wenn die Immobilienbranche anders als 2008 nichts mit dem Bank-Crash in den USA zu tun hat, so ist sie doch davon betroffen. Jungunternehmen, Finanzierer und Investoren mit relevanten Geschäftstätigkeiten in Amerika reagierten zumindest temporär mit Skepsis auf das Ende der SVB.

Blind in die internationalen Märkte weiter investieren wollte zumindest inmitten des Geschehens kaum jemand. Bereits das Ableben einer einzelnen, global agierenden Bank sorgte so zumindest im Frühjahr 2023 für zeitweise sehr vorsichtige Marktteilnehmer. Der neue Realismus am Markt und die neue Sicht auf teils lange Zeit vernachlässigte Risiken durch die Geldgeber treffen das Marktumfeld genauso.

Da zudem die Bauzinsen ebenso stark gestiegen sind und die Kosten für Baumaterialien in die Höhe schießen, lassen sich längst nicht mehr alle Bauträume verwirklichen. Das Ziel der Bundesregierung, jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen, davon 100.000 sozial geförderte, entstehen zu lassen, rückt in die Ferne.

Doch verkleinerte, realistischere Ziele sind nicht zu verwechseln mit einem Abgesang auf den Immobilienmarkt. Dieser erweist sich gerade in den sieben deutschen Großstädten Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Frankfurt am Main, Düsseldorf und Köln als äußerst krisenfest. Auch in mittelgroßen Städten, den B-Standorten, gibt es viel Potenzial. Bauherren und ihre Geldgeber werden sich künftig nur stärker mit den Chancen und Risiken der jeweiligen Investments auseinandersetzen müssen.

Alexander Surminski ist seit Januar 2021 Geschäftsführer von immocation.de, einem Münchener Ausbildungsunternehmens mit Schwerpunkt Wissenstransfer. Ziel der Münchener ist es, Menschen mit starkem Interesse für Immobilienthemen ein möglichst breit gefächertes Know-how für den eigenen Vermögensaufbau zu vermitteln. Zuvor arbeitete Surminski unter anderem als Director bei onvista (2017-2020), Managing Director von ayondo und weiteren international ausgerichteten Finanzunternehmen.

Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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