Auf das Beste vertrauen - Börse München

Dem Dax ging vor der 16.000er Schwelle die Luft aus. Zum Wochenbeginn hatten noch besser als erwartet ausgefallene Unternehmensdaten, vor allem von US-Banken, die Märkte angeschubst: „US-Großbanken steigern Gewinne unerwartet stark“, meldete die Börsen-Zeitung und kommentierte: „20.000 Dax-Punkte sind möglich“. Was stand sonst noch in der Finanzpresse diese Woche? Obwohl doch (irgendwann) der Sommer kommen soll, spielten sich Heizungen gehörig in den Mittelpunkt: „Einigung über Regeln für den Heizungstausch“, titelte Die Welt und das Handelsblatt definierte gleich „Die Zukunft des Heizens“ neu, während es die Abendzeitung auf den Punkt brachte: „Heiz-Wende: Staat zahlt Klima-Bonus“. „The Heat is on“ trällerte Glenn Frey für den Film Beverly Hills Cop und wir garnieren unsere trockenen Texte auf besonderen Wunsch mal wieder mit Ohrwürmern…

Einfach das Beste

Geldscheine oder Münzen – die Bilderwahl für Finanzmagazine ist bedauerlich begrenzt. Dabei heißt es doch immer, die Reichen und die Schönen – könnten solche nicht einmal zur Abwechslung vom Cover lächeln? Börse Online greift schlicht zu zwei Bündeln mit Euro-Scheinen und lockt mit: „Wie Sie mit den besten Dividenden-Aktien der Welt Ihr Geld verdoppeln“. Dass auf einem Bündel 100er und auf dem zweiten 200er Scheine gestapelt sind, irritiert uns leicht, verdoppeln scheint uns anders zu funktionieren. Der Aktionär beweist, dass er als „Streifbandzeitung“ ins Haus flattert, zeigt er doch gelb-grüne Streifen – eine Verbrüderung von FDP und den Grünen? Eher nicht, schließlich steht unter der Faust mit gerecktem Daumen geschrieben: „Die Immer-Gewinner“. Das würde man kaum auf die beiden regierenden Parteien beziehen wollen, weshalb auf dem Titel präzisiert wird: „Regelmäßig Top-Performance: 10 Aktien, auf die Sie sich verlassen können“. Traders zeigt einen kleinen und einen großen Mann in Anzug und Aktenkoffer gezeichnet (wahrscheinlich gibt es kaum noch echte Modelle im Anzug) und textet: „David gegen Goliath. So nutzen Privatanleger ihre Vorteile“. David haben wir uns jetzt, Michelangelo ist schuld, noch nie im Anzug vorgestellt. Das Beste gerade genug ist es Euro am Sonntag einmal wieder: „Die besten Aktien der besten Experten der Welt“. Ob das stimmen kann? Schließlich wurden wir gar nicht befragt… „Simply the Best“ hat schon Tina Turner gesungen.

Vertrauensarbeitszeit

Bei Berichten über Plenardebatten fällt oftmals auf, dass, obwohl der Bundestag nach der Zahl der Parlamentarier von Wahl zu Wahl deutlich zunimmt, die Anzahl der anwesenden Volksvertreter bei den Sitzungen damit keinesfalls mithalten kann. Wir wissen nicht, ob das auch ein Grund für Arbeitsminister Hubertus Heil war, in sein neues Zeiterfassungsgesetz den Passus zu übernehmen, dass: „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen“ sind! Das Handelsblatt merkt an, dass damit die Vertrauensarbeitszeit „ad absurdum geführt“ werde. Dabei vertrauen doch auch wir Wähler darauf, dass unsere Vertreter „der vertraglichen Verpflichtung nachkommen, ohne diese zu überprüfen“. „As time goes by“ kommt uns dabei in den Sinn als eines der wohl schönsten Liebeslieder, aufkeimenden Frühlingsgefühlen vertrauend, bekannt geworden durch den Filmklassiker Casablanca, gesungen von Dooley Wilson, später auch unter anderem und unser persönlicher Favorit von Brian Ferry und (es muss sein) eingedeutscht von Klaus Lage.

Arbeitsbeschaffung

Gemeinerweise könnten wir jetzt bei unseren Parlamentariern bleiben, aber wir sind bekanntermaßen ja nicht gemein. Denn das Handelsblatt ist einer Art von Arbeit nachgegangen, die weder den Arbeitgeber noch den Arbeitnehmer glücklich macht: Fake Work. Es geht nicht um das pseudojournalistische Vertreiben von Unsinn in Form von Fake News, sondern um Arbeit, die zwar Arbeit macht, aber nichts Produktives schafft. Spontan würden uns da noch einige behördliche Beispiele einfallen, wo genau das der Fall ist, aber es geht in dem Artikel um Arbeit in Unternehmen, die nichts bringt, viel kostet und die Arbeitenden auch noch unglücklich macht. „Warum sinnlose Arbeit krank macht und was Sie dagegen tun können“, ist der Artikel überschrieben. Vielleicht einfach nichts tun? Damit die Recherche der beiden Redakteurinnen nicht sinnlose Fake Work war, verraten wir hier nicht mehr. Dazu fällt uns nur die zweite Strophe von Breathe aus dem Meisterwerk von Pink Floyd The dark side oft he moon ein: „…and when at last the work is done/ Don’t sit down, it’s time to dig another one“.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!