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Kapitalmarktfinanzierung muss attraktiver werden – Gesetzgeber gefragt! - ICF BANK

25.03.2023 10:08 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Martin Schmeisser, Head of Equity & Debt Capital Markets bei der ICF BANK. Bild und Copyright: ICF BANK.

Überbezug bei prospektfreien 8 Millionen-Euro-Kapitalerhöhungen nunmehr auch uneingeschränkt für Freiverkehrsemittenten möglich!

Eigeninitiative und konstruktiver Dialog bescheren einen weiteren Teilerfolg auf dem langen Weg des Abbaus von Hürden bei der Kapitalmarktfinanzierung.

Worum geht es?

Grundsätzlich ermöglicht das Wertpapierprospektgesetz öffentliche Angebote, d.h. Angebote zum Kauf von Wertpapieren an eine unbestimmte Zahl von Privatinvestoren, bis zu einem Gesamtvolumen von EUR 8 Mio. prospektfrei durchzuführen.

Bei dieser Befreiung unterscheidet das Gesetz jedoch einerseits zwischen Emittenten, die bereits in einem Regulierten Markt notieren und andererseits sonstigen Emittenten, insbesondere solchen des Freiverkehrs (inklusive deren Qualitätssegmente m:access in München, Primärmarkt in Düsseldorf und Scale in Frankfurt). Während erstere gänzlich ohne weitere Auflagen das öffentliche Angebot innerhalb der genannten Volumensgrenze durchführen dürfen, müssen zweitere zumindest ein Wertpapierinformationsblatt („WIB“) nach § 4 WpPG hinterlegen und veröffentlichen.

Mit dieser Belastung könnten und konnten die Emittenten grundsätzlich leben, wenngleich sich die unterschiedliche Behandlung vor dem Hintergrund der Angleichung der Anforderungen an Emittenten in den Marktsegmenten kaum noch erschließt.

Die Mehrarbeit beschränkt sich jedoch nur auf das Erstellen eines WIB, wenn „die Wertpapiere den Aktionären im Zuge einer Bezugsrechtsemission“ angeboten werden. Bei nicht im Zuge einer Bezugsrechtsemission angebotenen Wertpapieren sieht der Gesetzgeber zudem vor, dass diese Wertpapiere ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden dürfen – damit ist der Auflagen jedoch noch nicht genug: Die Vermittlung darf nur innerhalb individuell zu bestimmenden Größenordnungen je Aktionär von EUR 1.000, 10.000 oder aber in der Spitze 25.000 erfolgen.

Nunmehr hat sich bei dem sogenannten Überbezug, d.h. dem seitens eines Aktionärs gewünschten Bezuges oberhalb des Bezugsverhältnisses, die Verwaltungspraxis entwickelt, dass auch hierfür a) Anlageberatung oder Anlagevermittlung erforderlich ist, und b) hierbei die individuellen Investitionsgrenzen für den Überbezugsanteil zu überprüfen sind. Da sich diese Auflage in ihrer differenzierten Betrachtung von Bezug und Überbezug für die depotführenden Banken in der Praxis nicht umsetzen ließ, führte dies faktisch zu einem Ausschluss des prospektfreien Überbezugs in einer derartigen Gattung.

Aufgrund eines intensiven und konstruktiven Dialogs zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) einerseits und dem Deutschen Aktieninstitut e.V. („DAI“) sowie dem Interessenverband kapitalmarktorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen e.V. („Interessenverband Kapitalmarkt KMU“) andererseits konnte diese Praxis nunmehr geändert werden. Nunmehr ist auch der Überbezug für Aktionäre von Freiverkehrsemittenten „beratungsfrei“ und oberhalb der geringen Investitionsschwellen möglich.

Was bedeutet das?

Die vorgenannte Änderung der Verwaltungspraxis führt dazu, dass die betroffenen Emittenten besser den prospektfreien Rahmen von EUR 8 Millionen bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen ausschöpfen können. Gleichzeitig können sie sich das „Pulver“ institutionellen Interesses (z.B. über einen 10%er) weiter trockenhalten. Zudem bringt es für diese Emittenten einen erheblichen Kosten- und Zeitvorteil, insbesondere wenn man ansonsten eine Bezugsrechtskapitalerhöhung mit Prospekt durchführen würde.

Aber auch für bereits investierte Aktionäre hat dies signifikante Vorteile. Bestehende Aktionäre haben per se über die Hauptversammlung eine gute Informationsmöglichkeit. Auf dieser Basis müssen sie dann auch nicht mehr bei einer Investitionsentscheidung i.R.d. Überbezugs „geschützt“ werden. Zudem geht eine Bezugsrechtstransaktion üblicherweise mit einem attraktiven Bezugspreisabschlag einher. Hierbei ist es mehr als recht und billig, dass auch bestehende Retailaktionäre über das Maß des eingeräumten Bezugsrechts hinaus von der Attraktivität des Angebotes profitieren dürfen.

Wie geht es weiter?

Grundsätzlich ist das konstruktive Zusammenwirken von BaFin, DAI und Interessenverband Kapitalmarkt KMU sehr positiv zu würdigen. Gleichwohl ist das erreichte Ergebnis nur ein Etappenerfolg. Hierbei obliegt es jedoch in erster Linie dem Gesetzgeber, und nicht der Verwaltung, eine bessere Balance zwischen richtig verstandenem Anlegerschutz und erforderlicher Attraktivität von Kapitalmarkt, Börsengang und Börsennotiz zu bewirken. In dem letzten Jahrzehnt war diesbezüglich sicherlich eine Dysbalance zu verzeichnen. Bei dem permanenten Bestreben um eine Steigerung des Anlegerschutzes trat die zwingend erforderliche Attraktivität des Kapitalmarktes für Emittenten und Investoren in den Hintergrund. Sollten die Vorschläge der EU-Kommission zum EU Listing Act so oder ähnlich durch das EU-Parlament und den Rat der EU gebilligt werden, so wäre dies sicherlich ein wesentlicher Schritt in diese Richtung. In diesem Sinne seien alle Kapitalmarktteilnehmer, insbesondere auch die Investoren, animiert, ihren berechtigten Interessen und Bedarfslagen eine Stimme zu verleihen, gerne auch über den Interessenverband Mittelstand KMU, dem der Verfasser dieses Artikels als Vorstand beiwohnt.

Über den Autor: Der studierte Jurist Martin Schmeisser ist seit 2008 für die ICF BANK tätig. Dort bekleidet er die Position des Head of Equity & Debt Capital Markets. Er begleitet mit seinem Team zahlreiche mittelständische Emittenten aus unterschiedlichsten Branchen bei der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung, überwiegend am deutschen Kapitalmarkt. Die Entwicklung und Verbesserung der Kapitalmarktbedingungen, insbesondere für KMUs, treibt ihn seit 25 Jahren in seiner beruflichen Tätigkeit an.

Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne der ICF Bank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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