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15 Jahre Lehman Brothers-Insolvenz: Wie krisenresilient ist der Immobilienmarkt heute? - Immocation

31.01.2023 07:56 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Alexander Surminski, Geschäftsführer von immocation.de, schreibt zum Immobilienmarkt in Deutschland. Bild und Copyright: immocation.de.

2023 jährt sich mit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise auch die Pleite von Lehman Brothers zum fünfzehnten Mal. Der Spätsommer 2008 entwickelte sich zum Anfang einer globalen Kettenreaktion. Damals, als der US-Präsident noch George W. Bush hieß und Donald Trump „The Apprentice“ moderierte. Nur was war überhaupt passiert und worin lagen die Ursachen für diese finanzwirtschaftliche Katastrophe? Was waren die Folgen und welche Schutzmechanismen wurden seit 2008 installiert, damit sich solch eine globale Katastrophe nicht wiederholt?

Rückblickend betrachtet ging die Krise – deren Epizentrum in den USA lag – weit vor 2007/08 los. Eine absurd lockere Kreditvergabe hatte dort eine gigantische Immobilienblase entstehen lassen. Völlig mittellose Amerikaner erhielten Kredite, die sie nie und nimmer bedienen konnten. Die Idee aus Sicht der Kreditgeber: die Wertsteigerungen der Immobilien sorgen für Sicherheiten bzw. Exit-Optionen für die Käufer. Dieser Mechanismus war jahrzehntelange Praxis in den Vereinigten Staaten und verschaffte einen viel zu schnellen Zugang zur Finanzierung der eigenen Immobilie.

Schließlich wurden die Kredite branchenüblich weiterverkauft und so geschickt in Pakete verpackt, dass niemandem auffiel, dass sie faul waren. Denn die Ratingagenturen gaben den Verbriefungen gute Noten. Marktteilnehmer hätten die perfiden Bilanztricks erkennen müssen. Aber fast alle feierten mit – bis die Party vorbei war.

Die Käufer konnten die Kredite nicht zurückzahlen – und das millionenfach. Banken blieben auf unvorstellbaren Milliardensummen sitzen. Etliche US-Banken mussten daher mit gigantischen Summen gerettet werden. Sie wurden als systemrelevant erachtet – Lehman Brothers nicht. Die unkontrollierte Insolvenz nahm ihren Lauf. Und da das internationale Bankensystem schon seinerzeit eng miteinander verknüpft war, erfassten Schockwellen die weltweite Wirtschaft und Finanzbranche. Eine Liquiditätskrise entstand.

Finanzstandort Deutschland – Finanz-Fels in der Brandung?

Glücklicherweise war der Finanzstandort Deutschland damals bereits krisenfester – und das lag an der deutlich härteren Regulierung. In manchen Investorenkreisen galt das als Nachteil. Für die Branche, die Deutschen und unsere Unternehmen war es die Rettung. Käufer mussten schon immer über einen hohen Eigenkapitalanteil verfügen. Stets mussten Kredite solide besichert sein. Global betrachtet war allerdings die politisch vorangetriebene Stabilisierung der Finanzmärkte die entscheidende Maßnahme. Banken wurden mit Rekordsummen über 800 Milliarden US-Dollar in Amerika und 500 Milliarden Euro in Deutschland gerettet, was viel Unmut in der Gesellschaft provozierte. Unser Finanzsystem wurde aber so vor schlimmeren Auswirkungen bewahrt. Millionen Arbeitslose und wirtschaftlicher Niedergang wären die Folgen gewesen.

In jedem Fall mussten Banken transparenter und liquider werden, um gegen künftige Krisen gewappnet zu sein. Die Maßnahme “Basel 2.5”, wie es in Fachkreisen hieß, eingeleitet vom Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht der Deutschen Bundesbank, spielte hier eine zentrale Rolle. Höhere Eigenkapitalquoten wurden zur Norm; Risiken an den Finanz- und Immobilienmärkten spürbar gesenkt. Schließlich setzte die EZB dieser Phase ihren Stempel auf: Die Nullzinspolitik der Zehnerjahr flutete den Markt mit billigem Geld, was die Kreditvergabe an Unternehmen, Staaten und Immobilieninvestoren vereinfachte.

Mit der Europäischen Bankenunion betrat abschließend gegen 2014 ein Akteur das Feld, der die internationale Finanzwirtschaft komplett neu regelte. Eine neue zentrale Bankenaufsicht, die die Einhaltung finanzpolitischer Verfahren kontrolliert, wurde durch die vergemeinschaftete Haftung von illiquiden Banken ergänzt. Parallel dazu sah die Investorenseite Regulierung nicht mehr als Hemmschuh, sondern als nötigen Rettungsanker.

Immer höhere Anforderungen an Investoren

Banken haben ihre Anforderungen an Käufer seit 2008 stetig hochgeschraubt. Kreditwürdigkeit ist der zentrale Faktor für den Kauf einer Immobilie. Ein hypothetischer Preiszuwachs, der den Kredit zur Not tilgen könnte, ist kein Kriterium mehr. Hinzukommen etliche weitere Punkte, die Banken nun vom Käufer wissen oder haben wollen: Sind sämtliche Bonitätsunterlagen vorhanden? Welche Vision verfolgt der Käufer mit der Immobilie? Welche Transaktionen mit welchen Ergebnissen gab es in der Vergangenheit? Nur wer hier liefern kann, erhält auch den Kredit.

Mein Fazit: Der Immobilienmarkt in Deutschland hat durch die Lehman Brothers-Insolvenz sogar profitiert. Zahlreiche Neuerungen haben die Prozesse professionalisiert und riskante Geschäfte unattraktiv gemacht. Aus heutiger Sicht sollte sich solch eine globale Krise wie 2008 nicht wiederholen, obwohl die Finanzwirtschaft noch mehr miteinander vernetzt ist. Dafür gibt es zu viele Schutzmechanismen in Europa und den USA. Selbst die drohende Pleite von Evergrande – zweitgrößter Immobilienkonzern Chinas – hatte vor eineinhalb Jahren keine Alarmglocken läuten lassen.

Alexander Surminski ist seit Januar 2021 Geschäftsführer von immocation.de, einem Münchener Ausbildungsunternehmens mit Schwerpunkt Wissenstransfer. Zuvor arbeitete Surminski unter anderem als Director bei onvista (2017-2020), Managing Director von ayondo und weiteren international ausgerichteten Finanzunternehmen. Ziel der Münchener ist es, Menschen mit starkem Interesse für Immobilienthemen, ein möglichst breit gefächertes Know-how für den eigenen Vermögensaufbau zu vermitteln.

Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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