Günstiger Einstieg in die Unverwüstlichen - Börse München

Die Woche setzte, zumindest bei den Anlegerinnen und Anlegern, hoffnungsvoll ein, der Dax „fing, hob an, begann“ (um aus dem Gedicht Das Butterbrotpapier von Christian Morgenstern zu zitieren - schließlich referieren wir über die Woche der Literaturpreisverleihung), fast war man geneigt, von einer Jahresend- oder zumindest Herbstrallye zu sprechen, doch dann ging es auch schon wieder bergab. Kein Wunder, die Nachrichtenlage war wenig erfreulich, „Rezessionssignale aus allen Richtungen“ konstatierte die Börsen-Zeitung nicht ohne Grund. „Industrie warnt vor Strommangel“ setzt der Münchner Merkur nach. Man könnte unser speziell deutsches Problem allerdings auch so auf den Punkt bringen, wie es das Handelsblatt getan hat: „Bund investiert zu wenig in die Zukunft“. Da hatte die Verteidigung des „Doppel-Wumms“, des „Energie-Abwehrschirms“ oder des „Energie-Entlastungspaketes für Bürger und Unternehmer“, wie die 200 Milliarden Euro auch genannt werden, durch den Finanzminister Anfang der Woche bei einem Treffen der EU-Finanzminister nicht lange vorgehalten (siehe Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Alternativen

„Soll ich“, fragt Börse Online diese Woche allenfalls rhetorisch - natürlich sollen wir. Was? „Jetzt günstig in den Dax einsteigen?“, „In Top-US-Aktien investieren?“, „Oder gibt es bessere Alternativen“. Im Heft stehen die „Antworten!“. Da blätterten wir so rasch wie neugierig im Magazin, doch auch da begegnete uns nur die Frage „Börse extrem – Quo Vadis?“. War Börse Online mit dem Latein am Ende? Nun denn, wer will, findet beispielsweise ein „Allwetter-Depot“ oder „Harte Währungen“ im Heft. Focus Money zeigt „Marmorstein“ auf dem Titel und schreibt dazu: „Die Unverwüstlichen“. Dabei wissen wir seit Drafi Deutscher, also seit 1965: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“! Nun gut, „so retten Sie Ihr Geld – sichere Rendite“ ist der Begleittext zu den Unverwüstlichen, schließlich sollen „10 stabile Aktien“ und „3 starke Zertifikate“ vorgestellt werden. Im Heft lesen wir außerdem noch ein großes Interview mit dem Deka-Volkswirt Ulrich Kater, überschrieben mit einem Zitat, das Deutschland eigentlich zeitlos gültig beschreibt: „Die Stimmung ist schlechter als die Lage“.

Wunder

„Das Wunder dieser Zeitung“ überschreibt die Süddeutsche Zeitung selbstbewusst ihre Ausgabe vom 6. Oktober, mit der sie 77 Jahre ihres Bestehens feiert. Dazu gab sie nicht weniger als ein „96-seitiges Spezial“ heraus, das uns an die großen und fernen Zeiten der Wochenendausgabe mit ihren dickleibigen Stellenangeboten erinnert. Dass unter den immerhin acht Büchern des Sonderteils kein einziges Wirtschaft oder Finanzen vorbehalten war, stimmte uns etwas verhalten. Immerhin hat Marc Beise eine halbe Seite bekommen, um zumindest über den Wirtschaftsteil zu referieren: „Gerne etwas lockerer“ heißt es da und ja, auch wir tragen inzwischen keine Krawatten mehr. Der Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung sei „gelegentlich sogar unterhaltsam geworden“, heißt es da. Nun denn, die Wirtschaft trägt ja auch einiges zur Unterhaltung bei. Außerdem baue der Teil auf das Motto „run“ – damit wird jedoch nicht auf eine nahezu gleichnamige Fußballsendung angespielt, obwohl Fußball in der Münchner Heimat der Zeitung bekanntlich eine Wirtschaftsgröße ist, sondern das Akronym steht für „Relevanz – Unterhaltung – Nutzwert“. Aber das sollen wir nicht verraten. Tun wir bestimmt nicht. Gratulieren tun wir aber schon und freuen uns auf die nächsten 77 Jahre mit Katja Ebstein: „Wunder gibt es immer wieder“!

Heilpflanze

Ingwer ist bekannt für Geschmack und Schärfe und soll durchaus medizinische Wirkung haben, doch nicht jedem bringt er wirklich Glück. Das zumindest muss Spitzenkoch und Ingwerverwerter Alfons Schuhbeck derzeit erleben, dessen Prozess wegen Steuerhinterziehung das Gericht ein wenig schadenfroh mit dieser schmackhaften Knolle in Verbindung brachte: „Schuhbeck: Der Ingwer-Prozess“ heißt es denn in der Abendzeitung. Sollte der Fernseh-Koch ins Gefängnis müssen – und die Anzeichen sehen für den 73jährigen da nicht rosig aus – möge ihm Ingwer gegen negative Folgen der sicherlich nicht spitzenverdächtigen Gefängniskost helfen, denn die Heilpflanze bekämpft vor allem Probleme im Magen-Darm-Trakt. Außerdem hilft Ingwer wohl gegen Seekrankheit, das dürfte für den Bayern Schuhbeck, wie auch immer der Prozess ausgehen mag, jedoch zu vernachlässigen sein, kaum anzunehmen, dass er als Schiffskoch anheuert und Seemannslieder summt, vielleicht „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern?“ oder, gedacht für (einen) Insider, lassen wir uns von Les Humphries Singers in ein Land der scharfen Speisen führen: „We hired some more and then we started runnin´ /All down the Mississippi to The Golf of Mexico. Mexico. Mexico. Mexico...“

Konjunktiv

Gerade einmal 13 Jahre hat die Europäische Kommission gebraucht, um durchzusetzen, dass Smartphone-Hersteller künftig das gleiche Ladekabel verwenden müssen: „Einheitskabel kommt“ formuliert die Abendzeitung dazu etwas trocken. Künftig bedeutet in zwei Jahren und wir haben ja noch jede Menge alte Geräte mit unterschiedlichen Buchsen in Gebrauch. Außerdem soll es möglich sein, das Smartphone unseres Begehrens auch ohne passendes Ladekabel zu erwerben, denn die Politiker gehen davon aus, dass man aufgrund der älteren Geräte bereits ausreichend Kabel zur Verfügung hätte. In Erinnerung an unseren Lateinlehrer wäre das aber kein Coniunctivus potentialis, sondern ein Coniunctivus irrealis, denn der Haushalt von Normalsterblichen verfügt nach unserer Erfahrung in der Regel über eher weniger Ladekabel als zu ladende Geräte, was ein wenig an Hexerei erinnert, eher aber eine Folge von Schlamperei darstellt.

Röhre

Neu in unseren Lesekreis aufgenommen haben wir die Fuchsbriefe und fröstelten gleich etwas bei der Überschrift: „Anlagewinter“ war die „Vermögensstrategie“ überschrieben und wir wurden gewarnt, dass den „Finanzmärkten und Börsen … ein ungemütlicher Anlagewinter mit tiefroten Zahlen“ bevorstehe. Bisher dachte wir, dass wir uns aufgrund der heruntergedimmten Temperaturen warm anziehen sollten. Interessant fanden wir, dass die Redaktion die „Pipeline-Infrastruktur“ in den Fokus genommen hat. Tatsächlich bekommen wir derzeit aufgezeigt, wie wichtig konventionelle Energie wie Öl und Gas weiterhin ist. Bleibt zu hoffen, dass nicht weitere Löcher in bestehende Pipelines gesprengt werden...

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!