Gute Nachrichten - Börse München

Mit dem DAX ging es diese Woche stetig bergab: „Dax dreht ins Minus“ war im Handelsblatt zu lesen, „Dax weitet Verluste aus“ in Die Welt, oder „Dax kämpft mit Abwärtstrend“ in der Börsen-Zeitung – da vermissten wir noch das Adverb „vergeblich“. Die Stimmung ist im Keller und dort sehen wir niemand lachen, dafür bleibt zumindest die Inflation auf hohem Niveau: „US-Inflation verschreckt die Finanzmärkte“ (Börsen-Zeitung). Ja, Börsianer sind schreckhafte und extrem sensible Wesen, wer hätte das diesen Kapitalisten par excellence zugetraut? Und kaum ein Lagebericht kommt um das Wort Rezession herum: „Kommt die Rezession? Das sind die Prognosen der Ökonomen“ (Handelsblatt), oder allgemeiner, aber kaum optimistischer formuliert: „Konjunktursorgen verstärken sich“ (Börsen-Zeitung). Ein weiteres Unwort geistert ebenfalls durch die Gazetten: „Angst vor dem Blackout“ machte das Handelsblatt auf, sitzen wir bald frierend im Dunkeln? Gestorben ist in dieser Woche mit Jean-Luc Godard einer der Großen des europäischen Kinos und angesichts der aktuellen Wirtschaftsmeldungen bleibt uns nur, seinen Filmtitel zu beherzigen: „Rette sich, wer kann!“

Achterbahn

„Ein Heft voller guter Nachrichten“, damit will Focus Money offensichtlich ein Zeichen setzen gegen die vielen schlechten Nachrichten. Die gewählte Farbe Gelb für den Titel überraschte uns denn doch, steht sie normalerweise doch vordringlich für negative Bedeutungen, wenn nicht Assoziationen mit Gold damit verbunden sind. Sei’s drum, die positiven Nachrichten beziehen sich etwa auf „Immobilien gegen die Inflation“, „Heimliche Sieger: Die Gewinner in der zweiten Reihe“ oder „Jobwunder: Roboter als Renditekick“! Zuversichtlich griffen wir zu Börse Online voller Hoffnung, hier weitere gute Nachrichten zu finden und tatsächlich kam hier fast schon Wiesnstimmung auf: „Achterbahn Börse. Nerven behalten. Dax 14.000. Bis zu 70 Prozent Kurschance“ lesen wir und dann so richtig positiv: „Profis sind sich sicher: Die Kurse steigen wieder!“ Nur wann, fragen wir vorsichtig. Mit unserem Sinn für Farben spielt offensichtlich das Titelbild von Das Investment für den Oktober: Vor kräftigem Dunkelrot ist ein relativ kleiner grüner Farbklecks zu erkennen, darunter die weiße Titelzeile: „Nachhaltige Aktienfonds. Alles auf Grün“. Ob die Redaktion aufgrund dieser Tatsache rot sieht, blieb uns verborgen. In augenfreundlichem Lindgrün kommt hingegen die Oktoberausgabe von Capital heraus mit einer großen, gezeichneten Müslischüssel und einer 50 darüber. Nicht, das wir es gleich verstanden hätten, aber es geht im Heft um „50 Aktien fürs Leben“. Zu dem gehört also Müsli, schließlich steht darunter: „Die Milch schwappt, der Kurs steigt: Aktie des Frühstücksflockenproduzenten Kellogg, einer von 50 Titeln“. Aha, dabei gibt es inzwischen doch mehr Hafer-, Soja-, Mandel-, Erbsenmilchäquivalent als triviale Milch von der Kuh.

Bierpreis

Schön, wenn sich die Börsen-Zeitung mit den Befindlichkeiten der Bayern auseinandersetzt. 70 Prozent der Besucher des Oktoberfestes kommen aus Bayern und jene geben sich, wie alle anderen, einer „Bierseligkeit trotz obszön hoher Preise“ hin, wie die Börsen-Zeitung vermutet, aber dann doch ein Fragezeichen hinter ihre Behauptung stellt. Auf eine Preiserhöhung von immerhin 16,8 Prozent gegenüber der letzten Wiesn 2019 kommt die Zeitung, zumindest wenn man den Median anlegt. Nimmt man einfach das günstigste Bier von 2019 und vergleicht es mit dem von 2022, wie wir das getan haben, kommt man sogar auf 19 Prozent! Laut unseren Berechnungen lag übrigens die jährliche durchschnittliche Teuerung beim Bierpreis über die vergangen 15 Jahre bei 5 Prozent und damit weit über den offiziellen Inflationszahlen – eindeutig mehr als im Promillebereich! Bekanntlich hat es in Bayern einmal eine Revolution wegen einer Bierpreiserhöhung gegeben - davon ist derzeit allerdings (noch?) nicht auszugehen, nach der jüngsten Wahlbefragung kommt die SPD in Bayern auf 6 Prozent, was immerhin aber knapp über dem Alkoholgehalt eines normalen hellen bayerischen Bieres liegt.

Gaben

Im Geisteswissenschaften-Teil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entdeckten wir einen Beitrag, der sich mit einer Art von Antikapitalismus befasst: Das Interdisziplinäre Forschungskolleg Kulturwissenschaften der Kunstuniversität Linz, praktischerweise in Wien angesiedelt, hat sich mit „Geben und Schenken“ befasst. Sind die derzeit modischen Tauschbörsen und Leihläden ein Gegenentwurf zur kapitalistischen Warenwirtschaft? Untersucht wurde insbesondere die Praxis der Westgeschenke in die damalige DDR und wie diese bei den Empfängern ankamen. Glaubt man den Studien, dann eher schlecht: Eigene Hilfsbedürftigkeit versus westlicher Leistungsfähigkeit und nicht jeder freute sich im Osten über Second-Hand-Klamotten, während man im Westen darüber nachdachte, wer die in die Jahre gekommene Jeans auftragen konnte. Insofern wurden damit keine deutsch-deutschen Familienbande geknüpft, denn das Überbringen von Gaben kann auch das Gegenteil von Bindungen bewirken, so die Forscher. Das kannten schon die alten Griechen mit ihrem Danaer-Geschenk an die Trojaner, auch hier dürften sich die Empfänger im Nachhinein wenig erfreut über die Gabe gezeigt haben, sofern sie überhaupt noch etwas empfinden konnten.

Solo

Eines der größten Rätsel der Moderne ist zweifelsfrei das kontinuierliche Verschwinden von Socken. Und zwar gehen sie nicht vereint als Paar in die ewigen Sockengründe, sondern sind typische Einzelgänger, die offensichtlich in die untergehende Sonne reiten, während sie ihren Partner einsam und nutzlos in unserer Schublade zurücklassen. Da auch wir unter diesem Phänomen leiden, interessierte uns die Überschrift von Tillmann Prüfer im Handelsblatt besonders: „Luxusuhren und Solosocken“. Die aufkeimende Hoffnung, unsere alleinstehenden Socken gegen Luxusuhren mit Alleinstellungsmerkmal tauschen zu können, erfüllte sich beim Lesen jedoch leider nicht. Vielmehr scheint bei den Chronometern im Gegensatz zu den Socken der Boom zu Ende zu sein, wie ein eigener Index, der Subdial-50, nahelegt. Und Prüfer fragt sich in seiner Kolumne zurecht, was nach den Uhren kommt. Es sind eben nicht die Solosocken!

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!