Die Stimmung: Wuchtig rezessiv - Börse München

Dieser Monatswechsel bringt einige Neuerungen, der Tankrabatt fällt genauso wie das 9-Euro-Ticket weg - dummerweise gleichzeitig, wenn schon, denn schon. Der DAX fällt ebenfalls, wenn auch nicht weg, die 13.000 Punkte rücken jedenfalls in die Ferne, auch wenn es zum Wochenende wieder etwas aufwärts ging. „Spekulationen über Zinserhöhungen setzen Dax zu“ heißt es dazu in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Was hingegen kontinuierlich steigt, ist die Teuerung: „Rekordinflation bringt EZB in Zugzwang“ schreibt die Börsen-Zeitung und das Handelsblatt fasst zusammen: „DIW erwartet Rezession und hohe Inflation im dritten Quartal“. Denn die Konjunktur lahmt, die Industrie bangt: „Industriekonjunktur zeigt erste rezessive Tendenzen“ beschert uns die Börsen-Zeitung das passende Adjektiv. Apropos Adjektiv, die Regierung kramt auch noch eines hervor: „Regierung kündigt wuchtiges Paket zur Entlastung an“ zitiert Die Welt.

Ein Dutzend

Die beiden konkurrierenden Finanzmagazine Focus Money und Börse Online sind weiterhin im Krisenmodus, wenn wir die überwiegend tiefrote Farbgebung richtig interpretieren, die bei Börse Online jedoch in dunkles Grün changiert. Warum, weil der Titel lautet „Fallen die Kurse. Verdienen Sie. Steigen die Kurse. Verdienen Sie. Wir sagen Ihnen, wie das geht“. Wir könnten antworten: Sie müssen an der Börse arbeiten! Zurück zum Heft, da soll eine große Analyse die Antwort darauf geben, was für eine Rezession und was für einen steigenden Markt spricht – und das wüssten wir doch alle nur zu gerne. Focus Money setzt über die Headline. „Die besten Strategien für zittrige Börsen“ (PS: dieses Adjektiv hatten wir jetzt für Kursentwicklungen noch nicht auf dem Schirm) die Porträts von fünf solcher erfahrenen und recht unterschiedlichen und hoffentlich nicht zittrigen Tippgeber, wie gehabt in strengem Schwarz-weiß: Bernhard Langer, Warren Buffett, Cathie Wood, Jens Erhardt und Gertrud Traud. Dazu heißt es noch: „Mach’s wie die Profis. Ein Dutzend geldwerte Tipps für Ihr Depot“. Wenn wir richtig rechnen, geht das nicht wirklich auf, zwei der Genannten müssen drei Tipps geben, um auf die zwölf zu kommen (die wir so genau dann auch im Heft nicht fanden).

Relaunch

Seit dem 1. September kommt die Börsen-Zeitung in einem neuen Look & Feel heraus, weshalb sie gleich eine Empfehlung, wie wir künftig durch das Blatt navigieren sollen, mitliefert. Nun, wie bei jedem Relaunch eines Blattes, finden es die einen großartig (meistens die Macher), und die anderen vermissen ihr gewohntes Erscheinungsbild (das sind eher die Leser). Gewöhnen müssen wir uns an das nun irgendwie normal-belanglose Papier, hatte die Börsen-Zeitung doch gerade hier ein Alleinstellungsmerkmal, das Look & Feel ist wörtlich zu nehmen, denn die Haptik ist nun eine andere. Ansonsten ist der längere Aufmacher mit Grafik auf der Titelseite sicher ein Gewinn fürs Auge (auch wenn er bei der ersten neuen Ausgabe mit der Rekordinflation nicht sehr angenehm war). Leider beschleicht uns das Gefühl, dass die Schrift eine Nuance kleiner geworden ist, wie ja die gesamte Zeitung etwas geschrumpft ist. Wir scheuen uns jedoch, davon zu sprechen, dass sie nun an Format verloren habe! Jedenfalls müssen wir, trotz fortgeschrittenen Alters, uns an die kleinen Buchstaben noch gewöhnen...

Rezept

Auch neu am 1. September und groß angekündigt: Das elektronische Rezept vom Arzt direkt in die Apotheke. Ein weiterer Schritt in die Digitalisierung! Nun, so direkt erreicht das Rezept die Apotheke auch wieder nicht, momentan ist es nur ein Projekt von Pilotpraxen in Westfalen-Lippe (kurz überlegten wir, ob es in Westfalen-Lippe einen Flughafen und Piloten gibt, befanden uns da aber auf dem Holzweg). E-Rezepte werden also nur dort ausgestellt – und zwar ausgedruckt in Papierform! Das ist eben die echt deutsche Art der Digitalisierung! „QR-Code statt rosa Zettel“ nennt es die Börsen-Zeitung, während die Abendzeitung etwas zu euphorisch titelt: „E-Rezept – Ab heute geht’s los“!

Rabatt

Schon merkwürdig, als der Tankrabatt eingeführt wurde, dauerte es, bis die Tankstellen die Preise auch weitergaben, schließlich „saßen“ sie ja noch auf dem teuren Benzin und Diesel. Beim Ende des Tankrabatts klappte die Umstellung viel flotter und wir fragen uns, wo der ganze günstige Sprit denn plötzlich hin ist. Wir haben ihn jedenfalls nicht. „Böses Erwachen an der Zapfsäule“ schreibt die Abendzeitung dazu, auch wenn Autofahrer nicht unbedingt schlafend an die Tanke fahren sollten, und die Augsburger Allgemeine berichtet: „Spritpreise schnellen in die Höhe“. Einen anderen Aspekt spricht die Frankfurter Allgemeine Zeitung kurz vor dem Ablauf der Frist an: „Erste Tankstellen laufen leer“. Weil noch viele Autofahrer vor der Anhebung tanken wollten, waren manche Tankstellen ausverkauft. Der „Wettbewerb funktioniert nicht gut“ meldet das Kartellamt laut dem Zeitungsbericht, wohl wahr.

Semester

Unsere Gesellschaft wird immer älter, wir merken es an allen Orten, die Demographie lässt sich nicht leugnen. Selbst Hochschulen rechnen nun mit mehr Menschen im höheren Lebensalter, mit bis zu 30.000 Seniorenstudierenden rechnet der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (so etwas gibt es) laut Süddeutscher Zeitung. Der Begriff „älteres Semester“ wird quasi neu definiert. Nun, während unseres Studiums der Kunstgeschichte - und das liegt einige Zeit zurück - waren die ersten beiden Reihen im großen Hörsaal bei den Vorlesungen grundsätzlich der so genannten „Pelzriege“ vorbehalten. Heutzutage sind die älteren Semester jedoch gar nicht mehr vor Ort, lautet doch die Überschrift „Senioren studieren online weiter“.

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