Öl oder Korn - Börse München

Einmal mehr war die Woche nichts für schwache Nerven bei Investoren, dabei dauert es noch, bis man auf der Wiesn Achterbahnfahren kann. Auf „Absehbare Turbulenzen“ stimmte das Handelsblatt am Montag ein, um schon am Dienstag zu konstatieren: „So sieht Panik aus“! Am Freitag hieß es in der Börsen-Zeitung: „Dax weitet Verluste aus“. Die Verluste dürften eher bei den Anlegern liegen. „Habeck ruft zweite Stufe im Gas-Notfallplan aus“, meldete die Börsen-Zeitung außerdem – es könnte ein rauer Winter werden. Wobei die Headline von Die Welt zum Thema etwas missverständlich rüberkommt: „Die Alarmstufe kommt beim Verbraucher an“. Also unter „Ankommer“ hatten wir uns eigentlich etwas anderes vorgestellt.

Profit
Crash an der Börse, der DAX rutscht unter die 13.000 Punkte, was also raten uns die aktuellen Finanzmagazine? Korn oder Öl, so die Devise? Focus Money setzt auf „Kostbares Korn“, womit klar wird, dass nicht der Schnaps gemeint ist. „So profitieren Sie vom Super-Zyklus der Agrarrohstoffe“, verspricht das Magazin. „Die Anlage des Jahres: Öl-Aktien“ kontert Börse Online. „Wie Sie vom Preisanstieg des schwarzen Goldes profitieren“. Wie auch immer, wir sollen offensichtlich vom Lesen profitieren. Die Juli-Ausgabe von Capital erinnert an die Frühzeit von Computerspielen, als seltsame gelbe Kreise mit großem Maul Dinge in sich hineinfraßen – Pac-Man! „Das Ende der Rendite“ ist das ansonsten schwarze, schwarzmalende Titelbild überschrieben. Aber: „…und wie Sie Ihr Vermögen trotzdem vermehren“. Ja dann. Der EURO hingegen weiß es buchstäblich besser als alle anderen (Magazine): „Besser als alles“ prangt groß auf dem Cover. Aber was denn nun? „Ewigkeits-Aktien“, „Dauer-Plus-Fonds“, „Super-Zyklus“ und „Mega-Gewinne“ gibt es - im Heft!

Snacks
Bei manchen Texten fragt man sich selbstkritisch, ob man sie zu genau oder zu oberflächlich gelesen hat. Ein Beispiel aus dem Handelsblatt. Da kamen wir zu dem Schluss, dass Steve Cahillane, der CEO von Kellogg, sich künftig auf das Essen von Snacks konzentriert. Wörtlich war zu lesen: „Während das Geschäft mit Frühstücksflocken in den vergangenen Jahren weltweit eher stagniert, essen die Menschen immer mehr Snacks. Auch Kellogg-Chef Cahillane wird sich in Zukunft vor allem auf dieses Geschäft konzentrieren“? Eigentlich hob der Artikel darauf ab, dass sich Kellogg in drei Firmen spalten will: einen Konzern für Snacks, einen für Cerealien und eine Sparte für pflanzenbasierte Produkte. Aus 1 mach 3 - bisher hat diese Idee die Anleger erfreut. Bei diesem anspruchsvollen Programm könnte es durchaus passieren, dass Mr. Cahillane nur noch Zeit für Snacks hat…

Manches Mal reichen offene Augen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen wie ausgefeilte Studien. Sei’s drum, die Managementberatung Bearing Point hat herausgefunden, dass nach Monaten im Homeoffice die Bürotätigen auch im Unternehmen Sweater und T-Shirt tragen wollen, und nicht mehr Anzug und Krawatte. Letztere bleibt selbst mit Anzug sicher im Schrank verborgen, so die Studie (und der eigene Augenschein). Das führt, so die Wirtschaftswoche, zu einem dramatischen Rückgang beim Kauf von Bürokleidung, am hervorstechendsten bei „Banking und Kapitalmärkte“, wo vor Corona die Ausgaben am höchsten waren und jetzt auf fast ein Drittel zurückgeführt werden. Ob dies durch den Kauf von lustigen Hawaiihemden und Bermudashorts substituiert wird?

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