Was tun oder Tipps für bedrohliche Zeiten - Börse München

Es war die Woche der Notenbanken, aber was haben wir daraus gelernt? Die Fed beschleunigt ihr Tapering und will nächstes Jahr die Zinsen in drei Mini-Schritten erhöhen: "Fed beschleunigt Abkehr von ultra-lockerer Geldpolitik", fällt der WirtschaftsWoche dazu ein. Die EZB lässt das PEPP-Programm auslaufen und stockt dafür das normale Anleiheprogramm auf, am Null-Zins rüttelt sie nicht. Die „Britische Notenbank prescht mit Zinserhöhung vor“ (Die Welt) und erhöht den Zinssatz von 0,15 Prozent auf sagenhafte 0,25 Prozent. „Bank of England hebt Leitzins an – EZB fährt Anleihekäufe leicht zurück“ – so spannend wie die Überschrift in der Börsen-Zeitung waren die Ergebnisse der Notenbanken letzten Endes und die Märkte zeigten sich eher ungerührt (und nicht geschüttelt)!

Ãœberleben

Grafisch eher zurückhaltend sind die Titelbilder von Focus Money und Börse Online in dieser Woche ausgefallen: schwarz-weiß das eine, rot-grün das andere. „Was tun?“ fragt Focus Money und gibt „12 Tipps für bedrohliche Zeiten“. Die Bedrohungen werden konkret benannt: „Omikron, Inflation und Lieferengpässe“. Dazu gibt es die drei Fragezeichen: „Jetzt an der Börse nachkaufen?“, „Gold oder Bitcoin als Sicherheit?“ „Oder doch in Immobilien flüchten?“. „Aktien, die 2022 wieder durchstarten“, bietet hingegen Börse Online an, acht, weil sie so gut auf vier Seiten passen, das hatten wir ja schon. Neugierig machte uns „Das Quiz zum Börsenjahr 2021“. Es gibt nämlich ein Fahrtraining zu gewinnen. Bei unserem letzten Fahrtraining waren wir der einzige Teilnehmer, der beim Rückwärtsfahren sämtliche Hütchen getroffen hatte, was aber nicht als preiswürdig anerkannt wurde. Das Heck unseres Autos ist dementsprechend leidgeprüft. Euro am Sonntag hingegen macht schon auf Silvester und verspricht 32 x Rendite mit „Tipps der Redaktion“. Interessant, viele Redakteurinnen und Redakteure stellen keine Einzelaktien, sondern einen ETF vor. TIAM – Trends im Asset Management zeigt eine eindrucksvolle Wüstenlandschaft mit kleiner Oase samt einsamer Palme: „Überleben in der Zinswüste“ überschrieben.

Menschen

Wer war in diesem Jahr wirklich wichtig? Gefühlt saß bei Lanz & Co. ja das immer gleiche Dutzend, aber das Handelsblatt stellt in seiner Ausgabe zum Wochenende die „Menschen des Jahres“ vor und blickt gleich noch in die Kugel: „Und wer 2022 wichtig wird“. Ehrlich gesagt, wir kannten kaum jemanden aus der Jury und auch nicht sehr viele der von ihnen Auserwählten. Bei den „Aufsteigern des Jahres“ sah es ganz schlecht aus, wir hatten bei vielen den Aufstieg offensichtlich nicht mitbekommen, während wir seltsamerweise bei den „Aussteigern des Jahres“ sehr viel mehr Bescheid wussten. Ein Zeichen? Nun gut, die „Politiker des Jahres“ waren leicht zu identifizieren anhand der Ampel und auch beim „Aufreger des Jahres“ hätten wir hier in Bayern richtig gelegen. Wer aber ganz besonders wichtig wird im Jahr 2022 erfuhren wir dann gar nicht im Artikel, sondern über eine Anzeige: Auch wenn es ihn selten einzeln gibt, es ist der Goldbär! „Happy Bärsday“ war die Werbung überschrieben, denn die Goldbärchen werden nächstes Jahr 100. Nicht dargestellt war der Werbeträger für die Gummibärchen, Thomas Gottschalk, aber der ist ja noch keine 100!

Alter

Angesprochen fühlten wir uns durch die Überschrift im Handelsblatt: „Alter geht vor“. Wir waren aber nicht gemeint, sondern vielmehr wurden die ältesten Familienunternehmen in Deutschland aufgelistet. Hand aufs Herz, hätten Sie gewusst, dass die unter dem neudeutschen Namen firmierende „The Coating Company“ aus Siegen in Nordrhein-Westfalen das älteste Familienunternehmen unseres Landes ist? Zurück führt sich das Unternehmen auf ein Hammerwerk des Zunftmeisters Heylmann Dresseler, wie wir recherchierten, von Coating Company dürfte damals noch nicht die Rede gewesen sein. Gründungsdatum 1502! Ein wichtiges Jahr für Napoleon, denn da wurde die Insel St. Helena entdeckt (wir drifteten bei der Recherche etwas ab). Weit vorn in der Liste der 50 ältesten Unternehmen, die etwas bekannter sein dürften, liegt auf Rang sieben die Berenberg Bank (Gründungsdatum 1590); der Pharmakonzern Merck (1668) nimmt als erstes börsennotiertes Familienunternehmen den 16. Platz ein.

Glaube

Wann, wenn nicht in der Vorweihnachtszeit, ist eine eigene Sonderbeilage unter dem Titel „Finanzen & Glaube“ angebrachter, dachte sich wohl die Börsen-Zeitung. Dabei geht es nicht darum, Geld anzulegen, weil man glaubt, dass es sich vermehrt, sondern umgekehrt, wer glaubt, will sein Geld auch so anlegen, dass es nicht gegen seinen Glauben wirkt - sich mehren sollte es sich aber schon. Das ist nicht einfach, insofern ist auf den immerhin 6 Seiten auch viel über ESG, grüne Anlagen und die 17 globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der UN zu lesen – alles Anlageformen, die auch ohne den Glauben an eine höhere Macht viele Freunde findet. Nachdenklich machte uns vor allem eine Überschrift: „Vertrauen in das Tun ist das höchste zu erhaltende Gut“.

Autor der Presseschau: Ulrich Kirstein, Bayerische Börse AG

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