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Fed und die US-Zinsen: Statt „Low for Longer“, nun quasi „Low for Ever“! - Nord LB Kolumne

17.09.2020 09:55 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Bild und Copyright: autsawin uttisin / shutterstock.com.

Bei der Sitzung der US-Notenbank am gestrigen Mittwoch stand der vor zwei Wochen von Jerome Powell verkündete Strategieschwenk im Fokus. Dabei ging es um eine Konkretisierung des angepassten „flexiblen durchschnittlichen Inflationsziels“ von 2%. Zudem gab es aktualisierte Projektionen – erstmals bis 2023. Die obere Bandbreite des Leitzinses verbleibt erwartungsgemäß bei 0,25%. Es war die letzte FOMC-Sitzung vor der Präsidentschaftswahl am 3. November.

Im Statement wurde eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen, die aber vor allem die Neuausrichtung beinhaltete: Der Leitzins werde bei 0,25% bleiben, so lange bis „maximale Beschäftigung“ erreicht sei sowie die Inflation „über 2% gestiegen ist und diese Marke moderat für eine gewisse Zeit übertroffen wird“. Diese Aussage lässt der Fed zukünftig viel Spielraum bei der Argumentation. In jedem Fall wird die Notenbank über Basiseffekte oder Sondereffekte bei der Preisentwicklung geflissentlich hinwegsehen können. Inflationsdaten können bis knapp 3% quasi zur Seite geschoben werden. Aktuell wird diese Neuausrichtung die Märkte kaum beeindrucken, da das Thema wohl eher Disinflation als Inflation ist. In einigen Jahren kann es aber ein Spiel mit dem Vertrauen werden, wenn ein Gegensteuern der Federal Reserve (zu) lange unterlassen wird.

Die aktualisierten Projektionen zeigen an, dass der Median der FOMC-Mitglieder bis einschließlich 2023 keine Zinsänderung sieht: Nur 4 von 17 erwarten eine Zinsanhebung bis Anfang 2024. Die Zinsprojektionen sind damit im Grunde absehbar irrelevant und aussagelos geworden. Zu diesem Zeitpunkt wird die Inflation bei 2% und die Arbeitslosenquote bereits wieder bei 4% erwartet.

Auf der anschließenden Pressekonferenz merkte Jerome Powell an, dass die konjunkturelle Erholung schneller gelang als allgemein erwartet wurde, gleichzeitig sei der weitere Weg völlig unsicher. Zur Neuausrichtung machte Jerome Powell tendenziell dovishe Aussagen. So scheint die Notenbank so lange eine expansive Geldpolitik anzustreben, bis auch der letzte durch die Krise arbeitslos gewordene wieder eine Beschäftigung findet. Dabei betonte Powell, dass der Arbeitsmarkt – im Gegensatz zur Inflation – nicht auf eine einzelne Zahl reduziert werden könne. Das eröffnet unseres Erachtens natürlich perspektivisch völlige Freiheit beim Handeln: Einzig die Inflationsrate sollte nicht mehrere Quartale deutlich über 2% liegen, ansonsten wird die Fed einfach abwarten.

Weiterhin lautet das Motto für die Geldpolitik, alles zur Bekämpfung der Krise zu tun. Insbesondere beobachtet sie, was die Fiskalpolitik zustande bringt. Doch die Verhandlungen über die bereits vor Wochen ausgelaufenen Unterstützungsprogramme für vom Coronavirus betroffene Beschäftigten stocken. Kompromisse im Kongress sind bisher nicht zu finden. So müssen viele der als arbeitslos gemeldeten Bürger auf staatliche Unterstützung verzichten. Wem wird dafür der schwarze Peter zugeschoben? Zur Präsidentschaftswahl am 3. November kann das Volk darüber urteilen.

Fazit: Die US-Notenbank hat auf ihrem gestrigen Treffen die bereits angekündigte Neuausrichtung nun auch amtlich vollzogen: Zur Bekämpfung der Krise werden die Zinsen unverändert bei 0,25% belassen, bis eine „maximale Beschäftigung“ erreicht sei sowie die Inflation auf dem Weg sei, „für einige Zeit“ das Ziel von 2 Prozent „moderat zu überschreiten“. Die aktualisierten Zinsprojektionen zeigen an, dass der Median der FOMC-Mitglieder keine Zinsänderung bis Ende 2023 sieht: Nur 4 von 17 erwarten eine Zinsanhebung in 2023. Zu diesem Zeitpunkt sehen die FOMC-Mitglieder die Inflation bei 2% und die Arbeitslosenquote bereits wieder bei 4%. Letztlich eröffnet dieser vollzogene Strategieschwenk nahezu völlige Handlungsfreiheit für die Fed auf unbestimmte Zeit, da die Faktoren für ein Handeln so vage formuliert wurden, dass sie viel Interpretationsspielraum erlauben. Aktuell dürfte es im Grunde realwirtschaftlich noch wenig Implikationen haben – langfristig setzt die Fed nun aber ihr in sie gesetztes Vertrauen in die Waagschale. Das ist mittlerweile ja auch das Wichtigste was sie hat! Statt „Low for Longer“ heißt es nun quasi fast schon „Low for Ever“.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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