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Brexit: Weißer Rauch über Brüssel, vorbei ist es aber noch lange nicht - Nord LB Kolumne

17.10.2019 13:53 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die Märkte feiern schon einmal ordentlich, Aktien und britisches Pfund legen zu. Für die Experten der Nord LB ist es aber zu früh, die Neuigkeiten aus Brüssel zu feiern. Bild und Copyright: Patryk Kosmider / shutterstock.com.

Habemus pactum! Weißer Rauch steigt über Brüssel auf, ein neuer Entwurf für den Ausstiegsvertrag ist fertig. Der EU Chefunterhändler Barnier hatte den Briten eigentlich ein Ultimatum gesetzt, bis Dienstag Abend einen Entwurf für einen akzeptablen Ausstiegsvertrag vorzulegen. Verhandelt wurde aber Tag und Nacht bis heute Mittag. Bislang sind aber nur wenige Details durchgedrungen, worauf man sich genau geeinigt hat. Das Dokument hat 64 Seiten und liegt nun vor und wird nun intensiv von uns geprüft.

Ein Kernpunkt ist, dass Nordirland im britischen Zollraum bleibt. Aber EU Regulierungen für Waren in Nordirland gelten. Ebenso wie EU Zölle erhoben werden, sollte es Einfuhren auf den gemeinsamen Markt geben. Die Region soll europäischer Mehrwertsteuergesetzgebung unterliegen und London die Mehrwertsteuer einziehen. Es gibt Spezialbehandlung für bestimmte Güter. Ein gemeinsames Komitee soll Streitfragen klären. Nordirland bekommt ein Mitspracherecht, ob die Sonderbedingungen verlängert werden – vier Jahre nach Ablauf der Übergangszeit. Die DUP wird kein Vetorecht mehr haben. So richtig klar sind die Details derzeit noch nicht. Insbesondere die Zollbehandlung und die Position der Kontrollstellen dürfte von größerem Interesse sein, wie auch die finanziellen Beiträge Großbritanniens, von denen in den Medien noch nichts berichtet wurde.

Verglichen mit dem Deal von May, gibt es eine Zollgemeinschaft, aber keinen gemeinsamen Binnenmarkt. Barnier deutete an, dass die Übergangszeit noch einmal verlängert werden könnte – um zwei Jahre. Allein aus Gründen der Praktikabilität sollte man hier offen sein. Der EU Gipfel wird morgen voraussichtlich noch nicht abstimmen, sondern ein indikatives Votum abgeben. Nach einer Zustimmung des Unterhauses sowie des EU Parlaments wäre ein Beschluss bis 31.10. möglich.

Vorbei ist es aber noch lange nicht. Denn soweit, dass es ein Vertragsangebot gibt, waren wir bereits. Der „Deal“ muss jedoch noch die nicht ganz unwesentliche Hürde im britischen Unterhaus nehmen. Dieses tagt am Samstag. Bislang waren die Parlamentarier nicht in der Lage, sich auf einen Entwurf zu einigen.

Die DUP hat schon heute angekündigt, dass sie den Entwurf nicht mitträgt. Der Verlust des Vetorechts dürfte dabei eine Rolle spielen. Vorab gab es Signale, dass die ultra-konservativen Tories um die European Research Group zustimmen. Nun ist die Frage, ob sich andere für diesen Vertrag gewinnen lassen, denn Boris Johnson hat keine Mehrheit im Parlament. Insbesondere nicht, seit er 21 Abgeordnete aus seiner Fraktion ausschloss. Eine Möglichkeit wäre, dass Labour Abgeordnete helfen. Die Arbeiterpartei selbst ist gespalten. Deren Führer Corbyn hat sich nie klar positioniert, lehnt nun aber den Deal ab. Er setzt sich aber für eine Volksabstimmung über den Deal ein.

Wie geht es weiter: Angenommen der Deal kommt durch das Parlament, kann auch eine Verlängerung nötig sein, um den Deal zu ratifizieren. Kommt er nicht durch das Parlament, muss Boris Johnson die EU um eine Verlängerung bitten. Ob er das tut, ist unklar. Sein Brexit-Sekretär gab zu Protokoll, dass er das auch tun würde. Die Regierung hatte aber auch schon einmal angedeutet, dass sie davon absehen könnte. Eine Verlängerung würde Johnson politisch schaden und das wäre vor dringend notwendigen Neuwahlen strategisch wenig optimal.

Die Märkte feiern schon einmal ordentlich, Aktien und britisches Pfund legen zu. Für uns ist es zu früh zu feiern. Zum einen, weil einige Details noch nicht ganz klar sind und zum anderen, wegen der weiter bestehenden Unwägbarkeiten. Mit einem Deal würde die nächste Verhandlungsphase eingeläutet werden, die auch nicht minder knifflig werden dürfte.

Fazit: Habemus pactum! Weißer Rauch steigt über Brüssel auf. Ein Kompromissvorschlag auf den sich die EU und die britische Regierung geeinigt haben liegt nun auf dem Tisch. In ihm ist für Nordirland eine Sonderrolle vorgesehen. Die Region war der Auslöser für die Streitigkeiten und den sogenannten „Backstop“. Die Märkte feiern die Einigung zwar, aber das könnte sich als verfrüht erweisen: Erstens muss das britische Unterhaus noch zustimmen. Johnson hat keine Mehrheit und ist auf Überläufer angewiesen. Zweitens ist die Zukunft der Beziehung immer noch nicht abschließend geregelt. Der Deal behandelt nur die Austrittsbedingungen, alles andere muss noch verhandelt werden.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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