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UK: Habemus Boris! Die Downing Street hat einen neuen Einwohner - Nord LB Kolumne

23.07.2019 14:45 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Boris passt ins Zeitalter von Trump und wird seinen Negativbeitrag leisten. Wir glauben, dass es zu einem halbwegs gemanagten „No-Deal“ Abschied kommen wird und dass die Insel dafür einen teuren Preis bezahlen wird. Bild und Copyright: lonndubh / shutterstock.com.

Habemus Boris! Großbritannien hat den Superstar. Von den Mitgliedern der konservativen Partei wählten zwei Drittel den ehemaligen Bürgermeister Londons zum Nachfolger von Theresa May. Offiziell wird er das Amt am Mittwochnachmittag übernehmen.

Seine erste Aufgabe wird sein, die Regierung neu zu bilden, denn einige hochrangige Offizielle, wie der Finanzminister Philip Hammond, haben bereits ihren Rücktritt angekündigt. Sie wollen den von Johnson avisierten Brexit-Kurs nicht mittragen.

Es steht zu befürchten, dass Boris die Ränge mit Hard Brexiteers, wie etwa den Anführer der European Research Group, Jacob Rees-Mogg, auffüllt. Damit dürften auch die Gangart der Briten und der Ton gegen die EU härter werden.

In gewisser Weise passt ein Boris Johnson in die Ära Trump. Dass die beiden sich gut verstehen, kommt nicht von ungefähr. Die Ähnlichkeiten sind nicht nur äußerlicher Natur. Beide halten es mit der Wahrheit nicht so genau. Beide stehen gern im Rampenlicht und lieben provokante Auftritte.

Was bedeutet die Personalie nun in Bezug auf den Brexit? Johnson will besser als May mit der EU verhandeln. Er hatte im Wahlkampf angedroht, die Zahlungen des Landes als Druckmittel zu nutzen. Das könnte auch nach hinten losgehen, da Großbritannien Verbindlichkeiten gegenüber dem Kontinent hat und eine entsprechende Aktion als Default angesehen werden könnte. Zudem werden die Europäer bei solch einer Eskalation wohl kaum noch bereit sein zu verhandeln. Kurz – er wird es kaum schaffen, mehr zu verhandeln als der Deal beinhaltet. Denn sonst würden auch die Europäer wieder Wünsche anmelden und zudem dürfte der kritische Punkt nordirische Grenze nicht verhandelbar sein. Brüssel ist sicher zu klärenden Ergänzungen bereit, aber nicht, Kernpunkte aufzugeben, die mühsam verhandelt wurden, nur weil sich die Führungsriege geändert hat.

Und so wird auch der neue Premier vor dem Problem stehen, dass er einen Deal hat, den er mangels Mehrheiten nicht durchs Unterhaus bekommen kann und eigentlich auch nicht will. Ein harter Brexit wurde von Johnson nicht ausgeschlossen, er beharrt bislang auch auf dem Datum 31.12. An vielen Stellen bekommt man sogar den Eindruck, dass er ihn sogar herbeiführen will. Dazu würde auch die Personalie Rees-Mogg passen – wenn denn tatsächlich die European Research Group ins Boot geholt wird. Nur – das Unterhaus behält sich nach wie vor das Recht zur Mitentscheidung vor.

Neuwahlen dürften angesichts der sehr mageren Umfrageergebnisse für die Konservativen (25%) recht unwahrscheinlich sein. Eine weitere Verschiebung des Brexit Termins ist möglich. Deutschland hat Bereitschaft signalisiert. Allerdings ist Frankreich derzeit dagegen und will z.B. nicht, dass die Briten EU Posten bekommen, wozu sie nach dem 31.10. berechtigt wären. Vielleicht sind sie flexibler, wenn London darauf verzichtet. Aber das ist ein schon fast hypothetisches Szenario.

Unter dem Strich spricht einiges dafür, dass unter der Regierung Johnson im November ein schmerzhafter Abschied Großbritanniens aus der europäischen Union erfolgt. Da aber beide Parteien kein Interesse daran haben, komplett eskalieren zu lassen, wird es unseres Erachtens zahlreiche Ausnahmeregeln, also einen „gemanagten“ Brexit geben. Dennoch dürfte es eine Anpassungsrezession geben. Wir rechnen für 2020 mit einem Negativwachstum auf der Insel.

Das Pfund blieb stabil, gewann sogar leicht dazu – aber nur temporär – und auch der FTSE100 reagierte kaum.

Fazit: Habemus Boris! Großbritannien hat den Superpolitiker gewählt. Und wie im deutschen Privatfernsehen gewinnt der bunteste Kandidat. Mit dem ehemaligen Londoner Bürgermeister wird die Lage nicht einfacher. Er spaltet eher, als dass er zusammenführt und mit seiner provokanten Art wird er auch in Brüssel wohl kaum Erfolge erzielen können. Auch wenn sich das Unterhaus eine Mitentscheidung vorbehält und sogar gegen „No Deal“ votiert, sieht es doch derzeit stark danach aus, dass der „Unfall“ harter Brexit deutlich wahrscheinlicher geworden ist. Boris passt ins Zeitalter von Trump und wird seinen Negativbeitrag leisten. Wir glauben, dass es zu einem halbwegs gemanagten „No-Deal“ Abschied kommen wird und dass die Insel dafür einen teuren Preis bezahlen wird.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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