IVU: „An digitalen IT-Lösungen führt kein Weg vorbei“ - Exklusiv-Interview

„Einer positiven Entwicklung steht nichts mehr im Wege“, zeigte sich Martin Müller-Elschner im März 2017 im Interview mit der Redaktion von 4investors.de optimistisch. Und der Vorstandsvorsitzende der IVU Traffic Technologies AG hat Wort gehalten: Der IT-Spezialist für Verkehr und Logistik konnte den Umsatz im Geschäftsjahr 2017 um 19 Prozent auf 71,1 Millionen Euro steigern, das EBIT hat sich gegenüber 2016 auf 6,1 Millionen Euro mehr als vervierfacht. „Wichtig war der Fokus auf die richtigen Märkte. Zudem hat uns der DB Regio-Auftrag viel Aufmerksamkeit beschert“, erläutert Müller-Elschner im aktuellen Interview. Die IVU-Aktionäre werden mit einem Dividendenvorschlag von 10 Cent je Aktie belohnt. Mittelfristig hat sich IVU eine Rohergebnismarge von 12,5 Prozent zum Ziel gesetzt – Entwicklungen wie die E-Mobilität und autonomes Fahren spielen den Berlinern dabei in die Karten.


www.4investors.de: Herr Müller-Elschner, im März 2017 haben wir mit Ihnen an dieser Stelle über ein „turbulentes Geschäftsjahr 2016“ gesprochen. Jetzt können Sie über neue Bestmarken bei Umsatz und EBIT für 2017 berichten. Waren Sie selbst überrascht, wie schnell die IVU wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt ist? Welche Maßnahmen haben dazu beigetragen?

Müller-Elschner: Ich freue mich sehr, dass wir das bislang erfolgreichste Geschäftsjahr in der über 40-jährigen Geschichte der IVU erzielt haben. Wir sind ein gesundes Unternehmen mit stark gefragten Produkten – daher waren wir uns sicher, dass wir wieder zu den gewohnten Wachstumsraten der vergangenen Jahre zurückkehren würden, nun sogar schneller als erwartet. Wichtig war der Fokus auf die richtigen Märkte, also in unserem Fall vor allem Deutschland, Schweiz, Österreich und die Niederlande, aber auch ein besseres und strengeres Projektcontrolling. Einige lukrative Aufträge und Projektabschlüsse haben uns ebenfalls dabei geholfen.

www.4investors.de: Der Umsatz ist 2017 um fast 20 Prozent gewachsen, das EBIT hat sich gegenüber 2016 mehr als vervierfacht. Welche Bereiche haben sich besonders gut entwickelt?

Müller-Elschner: Wir konnten im vergangenen Jahr mehrere lang laufende Projekte erfolgreich abschließen, mit der Betonung auf „erfolgreich“. Außerdem haben wir wichtige Rahmenverträge mit großen Verkehrsunternehmen und -verbünden gewonnen – darunter Transdev in Deutschland, Connexxion in Holland und die NASA, Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt. Zum Ende des Jahres kamen dann noch vorgezogene Abrufe für Lizenzen und Hardware aus diesen Verträgen. Das hat zu einem sehr starken Schlussspurt geführt und das Wachstum zusätzlich befeuert.

www.4investors.de: Ihre Ergebnisprognose für 2018 fällt mit einem erwarteten EBIT in Höhe von 4 Millionen Euro bis 5 Millionen Euro etwas konservativer aus. Warum?

Müller-Elschner: Im Markt herrscht zurzeit Bewegung, viele Verkehrsunternehmen investieren in die Digitalisierung – davon wollen wir profitieren. Wir werden daher in den weiteren Ausbau unserer Personalkapazität investieren, denn jetzt haben wir die Chance zu wachsen. Es wäre ein Fehler, jetzt am falschen Ende zu sparen.

www.4investors.de: Mit welchem Trend ist bei Umsatz und Ergebnis in den kommenden Jahren zu rechnen?

Müller-Elschner: Wir wollen weiterhin kontinuierlich wachsen und streben eine jährliche Rohergebnissteigerung von durchschnittlich 7 Prozent an. Aber nur ein profitables Wachstum ist gutes Wachstum. Mittelfristig haben wir uns daher eine Rohergebnismarge – unsere zentrale Kennzahl für die Effizienz – von dauerhaft 12,5 Prozent zum Ziel gesetzt.

www.4investors.de: Welche Rolle spielt der Rahmenvertrag mit DB Regio für Ihre weiteren Planungen und wie sehr unterstützt Sie dieser Referenzkunde im Vertrieb?

Müller-Elschner: Investitionen in IT-Systeme bei Verkehrsunternehmen sind immer langfristige Entscheidungen. Sobald die einzelnen Implementierungsprojekte abgeschlossen sind, können wir mit beständigen Lizenz- und Wartungseinnahmen rechnen – das gilt aber nicht nur für DB Regio, sondern für alle größeren Verträge. Vertrieblich ist der Name DB Regio sicher ein Türöffner, der Auftrag hat uns viel Aufmerksamkeit beschert. Dennoch müssen wir uns bei jeder Ausschreibung neu bemühen und mit unseren Produkten überzeugen – auch wenn wir mit IVU.rail und auch der IVU.suite hierfür schon sehr gut aufgestellt sind.

www.4investors.de: Ruhig ist es in den letzten Monaten um das Logistik-Segment geworden, während Sie im Bereich E-Ticketing zahlreiche Neukunden gewinnen konnten. Haben sich die Schwerpunkte Ihrer Geschäftsausrichtung verschoben?

Müller-Elschner: Unser Schwerpunkt war immer schon der öffentliche Verkehr, der mit einem Umsatzanteil von rund 90 Prozent den Löwenanteil an unserem Geschäft ausmacht. Hier sehen wir auch langfristig die größten Wachstumspotenziale für uns.

www.4investors.de: Zum 1. Februar 2018 hat die IVU den Vorstand um Leon Struijk als CCO (Chief Customer Officer) erweitert. Welche Kompetenzen bringt Ihr neuer Vorstandskollege mit in das Führungsgremium ein und welche Impulse erwarten Sie durch die Verstärkung des Vorstandes?

Müller-Elschner: Leon Struijk verfügt über viele Jahre Erfahrung als Verkehrsmanager in den Niederlanden. Und er hat sich als Unternehmer bewiesen und erfolgreich Qbuzz gegründet, das von Anfang an auf Innovationen gesetzt hat und heute ein sehr erfolgreicher Busbetreiber in unserem Nachbarland ist. Leon Struijk bringt das Wissen aus der Praxis in den Vorstand – damit rücken wir noch ein Stück näher an unsere Kunden heran und können uns noch besser darauf einstellen, was für den Markt relevant ist.

www.4investors.de: Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung in den Nachbarländern Österreich und Schweiz, die Sie verstärkt ins Visier genommen haben? Und in welchen weiteren Auslandsmärkten sehen Sie mittelfristig überdurchschnittliches Potenzial?

Müller-Elschner: Unser Kundenstamm in Österreich und der Schweiz ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Der Schweizer Markt zeichnet sich durch eine starke Affinität zum öffentlichen Verkehr und hohes Qualitätsbewusstsein aus. Davon können und wollen wir profitieren, weshalb wir uns hier gezielt personell verstärkt haben, unter anderem auch durch den Zukauf des Beratungshauses STI. Mit unserem neuen Standort in Wien sind wir außerdem näher bei unseren osteuropäischen Nachbarn, wo die Modernisierung des öffentlichen Verkehrs und der Eisenbahnen langsam Fahrt aufnimmt. Großes Potenzial sehen wir aber auch weiterhin in Südamerika, wo unsere Referenzen in Kolumbien und Peru eine hohe Wertschätzung erfahren.

www.4investors.de: IVU-Aktionäre dürfen sich für das Geschäftsjahr 2017 über einen Dividendenvorschlag von 0,10 Euro je Aktie freuen. Streben Sie für die kommenden Jahre eine nachhaltige Ausschüttungspolitik an oder hängt dies in erster Linie von der zukünftigen Ergebnisentwicklung sowie dem künftigen Investitionsbedarf ab?

Müller-Elschner: Wir streben sowohl nach nachhaltigen als auch angemessenen Dividenden. Ob sich das immer im selben Maß wie in diesem Jahr realisieren lässt, kann ich heute noch nicht sagen. Das hängt einerseits natürlich vom Ergebnis ab, hat aber auch mit unserem Auftrag als Unternehmen zu tun: Um zu wachsen und nachhaltig profitabel zu bleiben, müssen wir auch investieren. Diese Aspekte müssen wir im Blick behalten und werden wir jedes Jahr sorgfältig abwägen.

www.4investors.de: Welche langfristigen Perspektiven sehen Sie angesichts der zunehmenden Verkehrsprobleme, mit denen insbesondere Großstädte zu kämpfen haben? Und vor welchen Herausforderungen steht die IVU in den nächsten Jahren?

Müller-Elschner: Um die bestehenden und weiter wachsenden Verkehrsprobleme insbesondere in den Metropolen zu bewältigen, führt kein Weg an digitalen IT-Lösungen vorbei. Systeme wie die IVU.suite helfen dabei, Fahrer und Fahrzeuge effizient einzusetzen und so möglichst viele Menschen optimal zu befördern. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, Daten umfassend auszuwerten und zu nutzen – dafür benötigen Sie ein integriertes System wie unseres. Entwicklungen wie die E-Mobilität und autonomes Fahren treiben die Digitalisierung zusätzlich voran.

Aber natürlich gibt es auch Herausforderungen. Um die steigende Nachfrage bedienen zu können, müssen wir laufend qualifiziertes Personal finden und ausbilden. Und gerade die richtig klugen Köpfe haben heute eine große Auswahl und hohe Ansprüche an den Arbeitgeber und die Arbeit selbst. Hier punkten wir mit unserer besonderen Aufstellung, ich sage oft der Dreiklang, I-V-U: „Informatik für Verkehr dient der Umwelt“.