Nord LB – Bank of England: Carney hält Kurs, Exit vom Brexit eine Option?

Wie erwartet hat das Monetary Policy Committee (MPC) der Bank of England (BoE) heute einstimmig beschlossen, die Bank Rate bei 0,25% zu belassen. Die Notenbank hält zudem an der Aufstockung der im Rahmen der Asset Purchase Facility gehaltenen Staatsanleihenbestände auf GBP 435 Mrd. fest. Das Ankaufprogramm für Unternehmensanleihen in einem Volumen von GBP 10 Mrd. wird ebenfalls im bisherigen Zuschnitt fortgesetzt. Nachdem die BoE am 4. August mit einem schwergewichtigen Maßnahmenbündel (Leitzinssenkung, Ausweitung Ankaufprogramme, Ausschreibung Term Funding Scheme) auf das Brexit-Votum und die zunächst sehr bedrohlich erschienenen Rückwirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Stabilität reagiert hatte, hält sie nun Kurs und zerstreut die zwischenzeitlichen Zinssenkungsphantasien einiger Marktteilnehmer.

Kurz zuvor hatte der High Court geurteilt, dass die britische Regierung den Antrag zum Austritt aus der Europäischen Union nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrags nicht im Alleingang stellen kann, sondern dem Parlament ein Mitspracherecht einräumen muss. Dort haben bekanntlich die Brexit-Gegner eine Mehrheit. Fraglich ist nun, wie ein letztinstanzliches Berufungsverfahren beim Obersten Gerichtshof ausgehen wird und – falls dieser das heutige Urteil bestätigt – ob der politische Mut vorhanden ist, sich über „die Stimme des Volkes“ hinwegzusetzen. Wie auch immer: Ein Exit aus dem Brexit ist mit dem heutigen Richterspruch jedenfalls wieder eine Option.

Die Entscheidung des MPC ist nicht nur wegen der sich für einen Verbleib in der EU wieder einen Spalt weit öffnenden Tür mehr als nachvollziehbar. Derzeit sprechen auch die relevanten Konjunktur-, Inflations- und Finanzmarktdaten nicht für eine hektische, erneute Lockerung der geldpolitischen Zügel. Nach einer sehr kurzen Schockstarre hat sich die britische Wirtschaft bisher erstaunlich unbeeindruckt von den Brexit-Risiken präsentiert. Und prominente Stimmungsindikatoren wie die am Dienstag, gestern und am heutigen Vormittag veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes für die Industrie, das Baugewerbe und die Dienstleistungsunternehmen deuten sogar an, dass es dabei zunächst auch bleiben könnte. Der heutige Bericht zu den Einschätzungen der für die Beschäftigung und Wertschöpfung auf der Insel so wichtigen Dienstleistern dokumentiert mindestens Sorglosigkeit, wenn nicht gar große Zuversicht. Allerdings zeigen sich in den Umfragen noch eindringlicher als in den Preisindizes der amtlichen Statistik die rasant zunehmenden Inflationsgefahren durch den schwachen Wechselkurs des Britischen Pfund.

Es überrascht nicht, dass in dem zusammen mit der Zinsentscheidung veröffentlichten Inflation Report die Prognosen sowohl für das Wirtschaftswachstum als auch für die Preisentwicklung im kommenden Jahr angehoben worden sind. Governor Mark Carney betonte, es gebe Grenzen, innerhalb derer ein überschießender Anstieg der Inflation durch das schwache Pfund tolerabel sei. Dessen Wechselkurs konnte heute allerdings bereits mit dem Gerichtsurteil gegenüber allen relevanten Währungen deutlich zulegen und seine Kursgewinne dann noch weiter ausbauen.

Fazit: Die Bank of England hat erwartungsgemäß keine Änderungen ihrer geldpolitischen Ausrichtung vorgenommen. Mit dieser Geradeausfahrt schlägt sie nach unserer Einschätzung den richtigen Kurs ein. Das heutige Urteil des High Court hat den Exit vom Brexit zumindest wieder zu einer vorstellbaren Option werden lassen. Die britische Wirtschaft präsentiert sich zudem bisher erstaunlich robust, Anlass zur Besorgnis geben aber die rasant zunehmenden Inflationsgefahren durch den schwachen Wechselkurs des Britischen Pfund. Immerhin konnte die Inselwährung heute aber einigen Boden gut machen.

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