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VP Bank – Finanzmarktkommentar: Immobilienblasen in China

20.05.2016 14:48 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Der „Große Sprung nach vorn“, wie Mao Zedong das Industrialisierungsprojekt für China nannte, ist weit fortgeschritten – vielleicht sogar zu weit. Während der Finanzkrise 2008 beschloss die Regierung ein 600 Milliarden US-Dollar schweres Konjunkturprogramm. Davon übrig geblieben sind Überkapazitäten und ein Schuldenberg.
 
Ausgangslage
Das Konjunkturprogramm fokussierte primär auf Investitionen in die Infrastruktur. Diese verschlangen Unmengen an Zement, Stahl, Kupfer, Glas und andere Rohstoffe - deshalb mussten die Produktionskapazitäten der Schwerindustrie massiv ausgebaut werden. Die europäische Handelskammer in China hat dazu eine imposante Studie veröffentlicht: Allein in den Jahren 2011 und 2012 wurde in China mehr Zement produziert als in den USA im ganzen 20. Jahrhundert. Das Land sitzt nun auf riesigen Überkapazitäten. Allein die brachliegende Kapazität in den chinesischen Stahlwerken ist größer als der gesamte Stahlausstoß aller Hersteller in den USA, Japan und Europa zusammen. Entsprechend tief liegen heute die Preise für Rohstoffe. Gegenüber den Höchstständen aus dem Jahr 2008 liegen die Preise für Industriemetalle heute um 50 Prozent tiefer, Energiepreise sogar um 70 Prozent. Daraus resultieren heute Verluste für Unternehmen in diesem Bereich.
 
Schuldenberg belastet

Das Problem dabei ist die hohe Verschuldung des Unternehmenssektors. Seit 2008 sind deren Schulden um 12 Billionen Dollar gestiegen und betragen heute 166 Prozent des Bruttoinlandprodukts. In einer freien Marktwirtschaft würde in dieser Situation eine Konkurswelle einsetzen. In China werden jedoch große Unternehmen/Schuldner vom Staat kontrolliert und dieser sorgt dafür, dass die staatlich kontrollierten Banken faule Kredite mit frischen Krediten ersetzen. Die Verschuldung wächst damit immer weiter. Man rechnet damit, dass heute bis zu 30‘000 Unternehmen auf diese Weise künstlich am Leben erhalten werden.
 
Auswirkungen auf Immobilien
Die Notenbank reagierte mehrfach mit einer Lockerung der Geldpolitik – Hypotheken sind damit leicht verfügbar und günstig. Alleine im ersten Quartal 2016 ist das Hypothekarvolumen um 150 Milliarden Dollar gestiegen, obwohl der Markt mit zahlreichen unverkauften Häusern überversorgt ist. Derzeit reicht der Bestand an unverkauften Häusern aus, um die Nachfrage noch über zwei Jahre zu bedienen. Die durchschnittliche Immobilienpreisentwicklung ist mit plus 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr in den großen Städten Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen enorm. In Shenzhen, wo die Preise sogar um 75 Prozent stiegen, musste die Regierung kürzlich eine strengere Kreditvergabe anordnen. Die Regierung steht vor dem Dilemma, ob sie mit dem Bauboom die Konjunktur weiter stützen oder ob sie die Immobilienblase rechtzeitig in den Griff bekommen möchte. Immer mehr nachfragegetriebener Stimulus kann keine nachhaltige Lösung darstellen. China muss beweisen, dass die Transition von einer exportorientierten Nation zum mehr Binnenkonsum ohne Wachstumsdelle vollzogen wird. Nur so können die Unternehmen aus dem Schuldenberg herauswachsen. Die Konsequenzen wären andernfalls auch international spürbar.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der VP Bank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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