Interview - SMT Scharf: Chinas Regierung spielt eine Schlüsselrolle
Man sei ein „Hidden Champion” in der Bergbaubranche, sagt Christian Dreyer, Konzernchef von SMT Scharf, im Interview mit www.4investors.de. Doch der Produzent von Transportbahnen für den Untertage-Bergbau hat unter der Rohstoffkrise zu leiden. Im kommenden Jahr könnte es zu einer Erholung kommen, glaubt der Manager, der chinesische Markt wird für den Aufschwung eine entscheidende Rolle spielen. Vom Erdgas-Fracking sieht Dreyer SMT Scharf in den kommenden Jahren nicht bedroht. Man will das Geschäft regional und auch außerhalb der Kohlebranche stark ausbauen.
www.4investors.de: Die chinesische Yanzhou Coal hat gerade eine pessimistische Prognose für den Kohlemarkt abgegeben. Es brauche Kapazitätskürzungen, um den Markt wieder ins Gleichgewicht zu führen. Für SMT Scharf ist die Kohlebranche besonders relevant. Was halten Sie als Technologiezulieferer, der vor allem vom Investitionswillen der Kunden lebt, von diesen Aussagen?
Dreyer: Yangzhou Coal spricht da ein wenig im Eigeninteresse – man hätte gerne Kapazitätskürzungen, um die Preise anheben zu können. Aber der Bergbau ist generell sehr zyklisch, und unbestritten befinden wir uns derzeit am Ende eines zehnjährigen Booms und in einer Phase niedriger Kohlepreise. Mittel- und langfristig jedoch erzeugt die steigenden Weltwirtschaftsleistung auch steigende Nachfrage nach Rohstoffen wie Kohle. Dementsprechend werden unsere Bahnen auch in den kommenden Jahren gebraucht. Wir verfügen mit aktuell 54 Prozent des Umsatzes über ein stabiles Service- und Ersatzteilegeschäft, das auch in Zeiten geringerer Nachfrage nach neuen Anlagen für Umsatzerlöse sorgt. Zudem ist zu beachten, dass selbst bei Verringerung der Förderkapazitäten die Kohlevorkommen in immer unzugänglicheren Lagerstätten abgebaut werden müssen, sodass der Anreiz für Bergbaubetreiber immer größer wird, Produkte von SMT Scharf einzusetzen.
www.4investors.de: Sie haben davon gesprochen, dass es erst Mitte 2014 oder sogar Anfang 2015 bei der Investitionsbereitschaft in ihrer Kundenbranche wieder besser laufen könnte. Wie viel Pessimismus steckt in dieser Aussage? Oder könnte die Auftragslage bei guten Nachrichten aus der Branche schnell wieder positiv überraschen?
Dreyer: Das beschriebene Szenario ist durchaus realistisch und wir haben es ja bereits seit über einem Jahr angekündigt. Wir sind bei der Nachfrage nach unseren Produkten teilweise davon abhängig was die chinesische Regierung plant und verspricht. China war in den vergangenen Jahren mit seinem Rohstoffhunger der Motor des Bergbau-Booms. Würde die chinesische Regierung daher verkünden, ein Wirtschaftswachstum von 9 Prozent bis 11 Prozent anzustreben, statt wie bisher von 7 Prozent, könnte die Nachfrage nach unseren Bahnen vermutlich innerhalb kurzer Zeit wieder deutlich anziehen. Es kann aber auch länger dauern, das ist – wie die Börsenstimmung – grundsätzlich nicht vorhersagbar.
www.4investors.de: Gibt es derzeit Regionen, in denen überhaupt noch einigermaßen gut investiert wird und in denen SMT Scharf aktiv ist?
Dreyer: Die Investitionen in Bergbauausrüstung sind auf breiter Front, also weltweit zurückgegangen. Gleichwohl wird natürlich trotzdem in diesem Bereich investiert. Nach wie vor sind die Märkte in China, Russland und Polen diejenigen Länder mit einer hohen Nachfrage nach unseren Produkten. Immerhin bleibt ein jährliches Wachstum des BIP von 7 Prozent in China immer noch ein respektables Wirtschaftswachstum.
www.4investors.de: Wann können sie zu den in Aussicht gestellten langfristigen Wachstumsraten von 15 Prozent pro Jahr zurückkehren?
Dreyer: Wir rechnen damit, dass wir mit der Erholung in der Bergbaubranche 2014/2015 wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren werden. Das Potenzial für eine Steigerung des Umsatzes um 15 Prozent jährlich sehen wir in der mittleren Frist aber in jedem Fall, auch wenn die Wachstumsrate in den einzelnen Jahren stark schwanken kann.
www.4investors.de: In welchen Ländern erwarten sie bei einer Erholung Impulse für ihr Geschäft?
Dreyer: Dadurch dass China in den vergangenen zehn Jahren der Wachstumsmotor war und die Nachfrage weltweit getrieben hat, gehen wir davon aus, dass bei einem positiven Signal aus China in den Bergbauländern weltweit die Nachfrage wieder anziehen wird. Davon profitiert SMT Scharf insbesondere in seinen Hauptmärkten China, Russland und Polen.
www.4investors.de: Sie sind jetzt rund ein Jahr Vorstandschef bei SMT Scharf. Wo sehen sie Verbesserungspotenziale? In welchen Regionen der Welt hat SMT Scharf zum Beispiel selbst noch Entwicklungspotenzial, was die Marktposition angeht?
Dreyer: Wir sind bei unseren Monorails mit einem Anteil von 33 Prozent weiterhin Weltmarktführer. Beispielsweise verfügen wir mit 43 Prozent in China, mit 38 Prozent in Russland und sogar mit 100 Prozent in Südafrika über einen hohen Marktanteil. Zulegen können und wollen wir noch in Nordamerika, insbesondere in Kanada, sowie in Südamerika.
www.4investors.de: SMT Scharf will sich stärker auf China fokussieren und Aktivitäten dorthin verlagern. Was ist konkret in den kommenden Jahren geplant?
Dreyer: „Verlagerung“ ist nicht der passende Begriff, sondern „Kapazitätsausbau“ in den Bergbauländern nahe beim Kunden. Wir beabsichtigen nicht nur in China, sondern an allen unseren Auslandsstandorten die Stärkung unsere technischen Kompetenzen. Es ist vorgesehen, in Deutschland weiterhin die zentralen Technologien und Qualitätsmaßstäbe für alle Funktionen vorzugeben – von Entwicklung über Fertigung bis hin zum Finanzwesen. In den Absatzmärkten sollen aus den heutigen Vertriebs- und Serviceniederlassungen vollwertige Betriebsstätten entwickelt werden, die nicht nur für Vertrieb und Service zuständig sind, sondern auch für kundenspezifische Anpassungsentwicklungen samt lokaler Fertigung und Zulassung. So sind wir näher beim Kunden und werden mit Blick auf die Kostenstruktur noch wettbewerbsfähiger.
www.4investors.de: In Südafrika bleibt die Lage in der Bergwerksbranche sehr instabil, Streikgefahren sind allgegenwärtig, was die Investitionsfreude der Konzerne stark dämpft. Zugleich ist Südafrika einer ihrer wichtigen Exportmärkte. Mit welcher Entwicklung für SMT Scharf rechnen sie in diesem Land für 2013 und 2014?
Dreyer: Mit ca. 15 Prozent unseres Umsatz ist Südafrika zwar wichtig, aber nicht ausschlaggebend. Unsere Erwartungen dort sind eher verhalten. Die Streiks haben während der vergangenen zwei Jahre flächendeckend insbesondere die Bergbauindustrie des Landes getroffen. Hier hoffen wir darauf, dass das Land möglichst bald wieder zur Ruhe kommt.
www.4investors.de: Ein Blick in die etwas längere Zukunft: Per Fracking gefördertes Erdgas wird eine immer stärkere Konkurrenz für die Kohle. Bedroht dies SMT Scharf langfristig? Was unternehmen sie, um die Abhängigkeit von der Kohlebranche zu verringern und zu diversifizieren?
Dreyer: Aus unsere Sicht kann Fracking langfristig durchaus eine Herausforderung für SMT Scharf darstellen, aber nicht in den kommenden fünf bis zehn Jahren. In naher Zukunft bleibt Kohle der wichtigste Energieträger, insbesondere in Schwellenländern wie China. Unabhängig davon sind wir bereits seit einigen Jahren auch im Platin-, Gold-, Kupfer- und Nickelbergbau tätig und werden unser Engagement hier auf lange Frist ausweiten, sodass das in ferner Zukunft unser Schwerpunkt werden kann, wenn eines Tages die Nachfrage nach Kohle nachhaltig sinkt.
www.4investors.de: Manche Analysten sehen die Aktie von SMT Scharf trotz der Kursgewinne in den vergangenen Jahren nicht als besonders teuer an, große Ankeraktionäre hat das Unternehmen nicht. Sind sie derzeit ein Übernahmekandidat?
Dreyer: Ich glaube eher nicht, da wir eine sehr breite Eigentümerstruktur mit vielen Value-Investoren haben, die ihre Aktien nicht so schnell verkaufen. Ich hielte es für eher schwierig, eine starke Position mit dem Ziel einer Übernahme aufzubauen. Allerdings entzieht sich das ohnehin meinem Einfluss. Jedenfalls fühlen wir uns wohl, so wie wir aufgestellt sind, als unabhängiger Hidden Champion im Nischenmarkt Transportbahnen für den Untertage-Bergbau.