Interview: GRAMMER-Chef Müller erwartet höhere Umsätze
GRAMMER-Kunden wie Daimler oder Volkswagen wachsen derzeit vor allem in China und den USA. Durch die Fokussierung auf diese Kundengruppe profitiert auch der Autozulieferer, wie Hartmut Müller, Vorstandsvorsitzender GRAMMER AG, im Interview mit www.4investors.de betont. Der Konzernlenker erwartet „für das dritte Quartal 2013 leicht höhere Umsätze im Vergleich zum Vorjahresquartal“. Mit der aktuellen Konsensschätzung der Analysten für das gesamte Jahr fühlt sich Müller wohl. Vorhandene finanzielle Mittel will man vor allem in den Ausbau der Geschäfte in China, Osteuropa und den USA investieren.
www.4investors.de: Von den PKW-Herstellern kommen teils Rekordzahlen. Welche Entwicklung haben GRAMMERS Auftragszahlen in dieser Sparte im bisherigen Verlauf des dritten Quartals genommen?
Müller: Die GRAMMER AG hat mit einem deutlichen gesteigerten Konzernumsatz und verbesserter Profitabilität das erste Halbjahr 2013 sehr erfolgreich abgeschlossen.
Im Automotive-Geschäft erzielte GRAMMER ein deutliches Umsatzwachstum von 18 Prozent auf 406 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 und dies trotz eines weiterhin schwierigen Marktumfelds mit insgesamt gesunkenen Zulassungszahlen, insbesondere in den großen europäischen Märkten.
Unser Fokus auf das Premiumsegment, die gute globale Aufstellung, Marktanteilsgewinne und Umsatzzuwächse durch die nectec-Übernahme konnten den deutlichen Marktrückgang in Europa mehr als ausgleichen.
Nach dem bisherigen Verlauf erwarten wir für das dritte Quartal 2013 leicht höhere Umsätze im Vergleich zum Vorjahresquartal. Aufgrund von typischen saisonalen Effekten durch die Werksferien unserer Kunden im Juli und August wird der Umsatz jedoch geringer ausfallen als im zweiten Quartal.
www.4investors.de: Unsicherheiten gibt es dagegen weiter in der Wirtschaft, vor allem in Europa sind Unternehmen und öffentliche Hand nicht unbedingt spendabel mit Investitionen. Wie entwickelt sich GRAMMERS Bereich Nutzfahrzeuge und Bahnen (Seating Systems) vor diesem Hintergrund derzeit?
Müller: Im Segment Seating Systems machte sich zwar eine weiterhin schwache Lkw-Nachfrage in Europa deutlich bemerkbar. Aber aufgrund von Marktanteilsgewinnen sowie der Erholung im brasilianischen Nutzfahrzeugmarkt konnten wir unsere Marktposition weiter festigen und auch in diesem Segment im Umsatz und vor allem in der Profitabilität zulegen.
Im ersten Halbjahr 2013 konnte der Umsatz im Bereich Seating System um 6 Prozent auf 246 Millionen Euro gesteigert werden. Besonders erfreulich war aber die Entwicklung des operativen Ergebnisses (EBIT) auf 18,3 Millionen Euro. Die EBIT-Rendite kletterte deutlich um 1,8 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent.
www.4investors.de: Im Quartalsbericht, der im Mai veröffentlicht wurde, sprachen sie noch von kurzfristigen und volatilen Abrufen der Kunden. Hat sich dies in den letzten Wochen geändert, ist die Auftragslage stabiler geworden?
Müller: Die Visibilität, also der Zeitraum für den wir feste Abrufzahlen unserer Kunden haben, beträgt im Durchschnitt sechs bis acht Wochen. Das ist ein für den Automobilbereich üblicher Zeitraum.
Zu unseren Kunden im Automotive-Bereich zählen hauptsächlich große Premium-Hersteller wie Audi, BMW, Daimler und Volkswagen, die vor allem in China und den USA eine hohe Nachfrage nach ihren Fahrzeugen verzeichnen. Unser strategischer Fokus auf das Premiumsegment und unsere hervorragende internationale Aufstellung ermöglichte uns im ersten Halbjahr 2013 in allen Kernregionen deutlich zu wachsen und damit dem rückläufigen Markttrend in Europa entgegen zu wirken.
www.4investors.de: Sie haben bei der Vorlage der Halbjahreszahlen gemeldet, dass sie für 2013 spürbare Zuwächse bei Umsatz und Ertrag erwarten. Können sie die möglichen Zuwächse etwas detaillierter eingrenzen?
Müller: Mit Blick auf die sehr erfreuliche Geschäftslage der abgelaufenen sechs Monate und vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten Konjunkturlage beurteilen wir die Entwicklung des GRAMMER Konzerns als ausgesprochen stabil. Für das Gesamtgeschäftsjahr 2013 erwarten wir für Umsatz und Ergebnis nun ein Niveau, das spürbar über dem des Vorjahres liegen wird. Unsere Analysten erwarten im Durchschnitt einen Umsatz von rund 1.230 Millionen Euro für das Gesamtjahr 2013. Dies ist eine Schätzung, die unseren eigenen Erwartungen sehr nahe kommt.
www.4investors.de: Warnungen gab es von ihrer Seite unter anderem vor möglichen Ergebnisauswirkungen durch Währungskursschwankungen. Wie sichern sie sich dagegen ab?
Müller: Währungsschwankungen versuchen wir entgegen zu wirken, indem wir in den einzelnen Regionen auf eine hohe Wertschöpfung setzen mit lokalem Einkauf, Produktion und Vertrieb in der jeweiligen Region sowie gleicher Währung, dem sogenannten „Natural Heding“.
Daneben betreiben wir natürlich auch eine gezielte Währungssicherung mit den bekannten Hedginginstrumenten.
www.4investors.de: Sie haben gerade 90 Millionen Euro über ein Schuldscheindarlehen erhalten. Was planen sie konkret mit dem Geld? Welche Schwerpunkte wollen sie bei den Investitionen setzen, vor allem in den Wachstums-Hotspots wie den BRIC-Staaten?
Müller: Mit der Verlängerung des Rahmenkreditvertrags im letzten Jahr sowie der erfolgreichen Platzierung des neuen Schuldscheins haben wir unseren finanziellen Handlungsspielraum deutlich ausgebaut und verfügen nun über ausreichend finanzielle Mittel für die Umsetzung unserer organischen Wachstumsziele sowie für weitere strategische Investitionen.
Zur Verbesserung unserer internationalen Aufstellung haben wir im August 2013 ein neues Werk in Changchun (China) eröffnet. Daneben startete kürzlich auch unser neues Joint Venture für die Herstellung und zum Vertrieb von Sitzen für Lkw und Busse in China. Im NAFTA-Raum werden wir ebenfalls unsere Fertigungskapazitäten in Mexiko und unsere lokale Präsenz in den USA ausbauen. Hier ist ein weiterer Standort im Süden der Vereinigten Staaten geplant. Parallel optimieren wir unsere Fertigungsstrukturen in Osteuropa, wo der Großteil unserer Werke für den europäischen Automobil- und Nutzfahrzeugkunden liegen.
Nachdem wir im Jahr 2011 mit dem Erwerb von EiA Electronics unsere Technologieführerschaft bei Offroad-Sitzen untermauert haben, konnten wir auch in diesem Jahr mit dem Erwerb des tschechischen Kopfstützenherstellers nectec wichtige strategische Fortschritte erzielen. Mit der Akquisition von nectec haben wir unsere Marktposition und technologische Kompetenz in unserem umsatzstärksten Produktsegment deutlich gestärkt.
Im Automotive-Bereich haben wir unsere Kompetenz bei den Mittelkonsolen weiter entwickeln. Eventuell sind in diesen Zusammenhang Partnerschaften oder weitere Akquisitionen von Unternehmen im Bereich Elektronik oder Oberflächenveredelung zur Know-how-Verstärkung sinnvoll, wodurch sich GRAMMER besser positionieren könnte.
www.4investors.de: Teil ihrer Finanzierungsstrategie ist es, die Investorenbasis zu verbreitern. Welche weiteren Schritte können wir nach dem Schuldscheindarlehen hier von GRAMMER erwarten, um neue Investoren anzulocken?
Müller: Die Ausgabe des Schuldscheindarlehens war planmäßiger Bestandteil der langfristigen Finanzierungsstrategie von GRAMMER, die unter anderem eine Verbreiterung der Investorenbasis und die weitere Verbesserung der Fälligkeitsstruktur vorsieht.
Mit den nun zu Verfügung stehenden finanziellen Mitteln können wir unseren Wachstumskurs weiter erfolgreich fortsetzen und uns darüber hinaus weiter gezielt strategisch verstärken. Mit den Investitionen in neue Märkte und Produkte haben wir die Grundlage für ein profitables Wachstum gelegt. Wir arbeiten konsequent an der Umsetzung unserer Strategie des profitablen Wachstums und wollen so den Wert des Unternehmens nachhaltigen steigern.
Dazu haben wir in den letzten Jahren auch unsere Investor Relations- Aktivitäten deutlich ausgebaut und den Dialog mit privaten und institutionellen Investoren im In- und Ausland verstärkt.
Ziel unserer Investor Relations-Aktivitäten ist den Finanzmarkt zeitnah, offen, umfassend und kontinuierlich über unser Unternehmen zu informieren und so unseren Aktionären und potenziellen Investoren eine gute Grundlage für ihre Anlageentscheidung bieten zu können.
www.4investors.de: Wäre eine Kapitalerhöhung nach der guten Entwicklung der Aktie und dem starken Schuldschein-Platzierungsergebnis eine Option, evtl. um neben EQMC einen weiteren Ankeraktionär ins Unternehmen zu holen? Immerhin ist die GRAMMER-Aktie nicht allzu weit vom Allzeithoch entfernt.
Müller: Wie bereits erläutert, stehen uns aktuell ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung, um unseren Wachstumskurs weiter erfolgreich fortsetzen zu können. Daher ist eine Kapitalerhöhung aus heutiger Sicht nicht notwendig.
Unsere Aktionärsstruktur ist geprägt von namhaften institutionellen Investoren aus dem In- und Ausland. Durch die Intensivierung unserer Investor Relations-Aktivitäten und der erfolgreichen Entwicklung der GRAMMER Gruppe konnten wir in den letzten Jahren auch auf der Eigenkapitalseite zahlreiche neue Investoren für ein Engagement in unser Unternehmen gewinnen.