Europäische Berichtssaison überzeugt nur bedingt - Commerzbank Kolumne
Auch die europäische Berichtssaison ist, nachdem über 80% der Unternehmen ihre Quartalsdaten veröffentlicht haben, inzwischen weit fortgeschritten. Im Gegensatz zur US-Saison können die Ergebnisse weniger begeistern, übersteigen aber das Niveau des ersten Quartals. Die durchschnittlichen Gewinne liegen ca. 2,5% über denen des Vorjahres. Sehr einprägsam wird die geringere Qualität der Berichtssaison, wenn man Gewinner und Verlierer gegenüberstellt. In Europa übertrafen nur 37% der Konzerne die Prognosen, während 30% diese verfehlten (netto +7%). In den USA gab es 65% Nettogewinner (79% zu 14%). Die gewichtete Gewinnüberraschung lag letztendlich lediglich bei +0,1%, womit man in der Summe die Erwartungen gerade so treffen konnten. Dies spiegelt sich insbesondere bei einem Blick auf die 30 Dax-Konzerne wider. Hier erfüllten die meisten Unternehmen mehr oder weniger knapp die Erwartungen. Als positive Ausnahmen gelten lediglich Adidas, Covestro und mit gewissen Abstrichen Linde. Die Mehrheit legte Zahlen vor, die bestenfalls als solide bezeichnet werden können. ThyssenKrupp und die Deutsche Post hatten vor der Veröffentlichung der Zahlen sogar eine Gewinnwarnung ausgesprochen. Den schwächsten Eindruck hinterließ ganz klar der wichtige Automobilsektor mit sehr schwachen Zahlen bei Daimler sowie negativen Ausblicken bei VW und Continental, die dabei auf die gesamte Branche verweisen. Positiver als bei den Gewinnen stellte sich die Entwicklung der Umsätze in Europa dar. Diese konnten gegenüber Vorjahr um 5,2% gesteigert werden, hier gab es auch 22% mehr Gewinner als Verlierer. Allerdings zeichnet dies kein gutes Bild der Margen, die angesichts der gegenüber den Umsätzen schwächeren Entwicklung der Gewinne eher erodieren. Auf Branchenebene hinterließen in Europa Finanzen, Grundstoffe und Verbrauchsgüter den besten Eindruck, während Telekommunikation, Energie und auch Gesundheit negativ überraschten.
Anleihen
Euroraum: Verbraucherpreise, endgültig (Jul), 11 Uhr
USA: Verbrauchervertrau. Michigan (Aug), 15:55 Uhr
Die Nervosität bezüglich der Entwicklung in der Türkei hat sich etwas gelegt. Die türkische Lira, die am Montag noch bei 8 Lira je Euro handelte, erholt sich jeden Tag weiter und handelte gestern bei 6,50 Lira je Euro. Nicht ganz so entspannt verläuft die Entwicklung in Italien. Die Risikoaufschläge italienischer Staatstitel gegenüber Bundesanleihen handelten nahe ihrer Jahreshochs – dies sind bei zehnjährigen Laufzeiten über 280 Basispunkte. War früher das Edelmetall Gold ein klassischer „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten, kann man das aktuell nicht behaupten. Vom Jahreshoch Ende Januar von 1.358 US-Dollar je Feinunze sind wir inzwischen weit entfernt. Diese Woche rutschte der Goldpreis sogar unter die Marke von 1.200 US-Dollar. Gründe sind unter anderem der feste US-Dollar, spekulative Verkäufe und auch die schwache Indische Rupie, die zuletzt im Zuge der Türkei-Krise ebenfalls deutlich abgewertet hat. Denn die schwache Rupie verteuert Gold in lokaler Währung, so dass sich die Inder mit den sonst üppigen Goldkäufen eher zurückhalten. Nach den schwachen US-Wohnungsbaudaten im Juni hatten Analysten für Juli mit einer deutlichen Erholung gerechnet. Die Baubeginne legten aber im Monatsvergleich nur leicht um 0,9% zu (erwartet +7,4%). Der Juniwert wurde sogar noch mal abgeschwächt (von -12,3% auf -12,9%). Immerhin lagen die Baugenehmigungen mit +1,5% M/M leicht über den Er-wartungen (+1,4%). Die Einschätzung der Lage der US-Industrie in der Region Philadelphia hat sich spürbar verschlechtert. Der Konjunkturindex der Federal Reserve Bank of Philadelphia fiel im August auf 11,9 Punkte von 25,7 im Juli. US-Staatsanleihen konnten davon aber nicht sonderlich profitieren. Auch der US-Dollar schwächte sich gegenüber dem Euro ab und lag sogar kurz über 1,14 US-Dollar je Euro.
Aktien
John Deere, Q3-Zahlen
Nach dem großen Verlusttag an praktisch allen Märkten und Sektoren war am Donnerstag eine Neusortierung erforderlich. Die akuten Sorgen um die Türkei flauten mit einer zugesicherten Kapitalspritze aus Katar weiter ab, doch trauten die Anleger der Lage zunächst noch nicht. Die generelle Präferenz von tendenziell defensiveren Branchen oder Geschäftsmodellen zu Lasten von zyklischen Werten war erneut zu beobachten. Nur zögerlich setzte das Kaufinteresse von Schnäppchenjägern ein, bevor die freundlichere Wall Street mehr Zuversicht verlieh. Am leichtesten fiel das bei DAX-Kandidat Wirecard (+9,3%), dessen Zahlen zwar im Rahmen ausfielen, doch begeisterten erhöhte Gewinnprognose und Ausblick. SAP legte 2,8% zu. Bei Bayer kamen aufgrund Sorgen um die Glyphosat-Thematik noch einmal Verluste von -4,6% hinzu. Der DAX landete am Ende 0,6% im Plus, auch der EuroStoxx 50 legte 0,6% zu. Eine markante Abweichung vom positiven Trend der europäischen Indizes zeigte der italienische MIB 30-Index mit -1,8%. Hier holte der Markt zum einen die breiten Verluste vom Feiertag nach, im Besonderen belastete aber ein Indexschwergewicht, der Autobahnbetreiber Atlantia (-22%), dem nach dem Unglück von Genua neben Schadenszahlungen der Verlust von Lizenzen droht. In den USA waren die positiven Zahlen von Wal Mart (+9,3%) das Hauptthema. Daneben zogen auch Boeing (+4,3%), Caterpillar (+3,2%) und Cisco (+3,0%) den Dow Jones (+1,6%) kräftig nach oben. S&P 500 (+0,8%) und Nasdaq (+0,4%) konnten da nicht ganz folgen. Sämtliche Branchen verbuchten Gewinne. In Asien handeln die Märkte trotz Entspannungssignalen im Handelsstreit zwischen den USA und China gemischt. Der japanische Nikkei legt 0,4% zu, die chinesischen Börsen sind in enger Handelsspanne uneinheitlich. In Summe werden die europäischen Märkte heute stabil erwartet.