Türkischer Aktienmarkt nach Präsidentschaftswahl per saldo kaum verändert - Commerzbank Kolumne
Wie erwartet hat Amtsinhaber Erdogan die Präsidentschaftswahl 2018 in der Türkei gewonnen. Er erzielte 52,6% der Stimmen. Sein Herausforderer Ince bekam 30,6% der Stimmen. Damit braucht es keinen zweiten Wahldurchgang. Die Koalition aus AKP und MHP kommt bei den gleichzeitig abgehaltenen Parlamentswahlen auf 57% (AKP: 42,6%) und erzielt damit eine größere Mehrheit als erwartet. Durch das nun implementierte und bei nicht wenigen Beobachtern umstrittene Präsidialsystem dürften Erdogans Machtbefugnisse noch einmal zunehmen. 2023 wird die türkische Republik 100 Jahre alt. Das dürfte Erdogans nächstes großes Etappenziel sein. Im Fokus der Kapitalmärkte steht v.a. die türkische Geld- und Fiskalpolitik. Erdogans Attacken auf die Notenbank ließen zuletzt erneut verstärkt Zweifel an deren Unabhängigkeit aufkommen, weshalb die türkische Lira drastisch an Wert verlor. Das hohe Leistungsbilanzdefizit (6,3% des BIP) sorgt ebenso für Missstimmung wie die lockere Budgetpolitik. Das starke Binnenwachstum wurde v.a. durch günstige Kredite befeuert. Dadurch verstärken sich die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte. Hinzu kommen steigende Rohstoffpreise, die die Inflation zusammen mit der schwachen Lira anheizen. Die relativ niedrigen Devisenreserven stärken ebenfalls nicht das Vertrauen in die türkische Lira. Die Kapitalmärkte reagierten per saldo kaum auf den Ausgang der Wahlergebnisse. Die türkische Lira legte ggü. dem USD leicht zu. Die Skepsis in Bezug auf die Stabilität der Lira bleibt aber aufgrund der oben beschriebenen Faktoren zunächst bestehen. Eine nachhaltige Stabilisierung der Lira ist u.E. erst dann in Sicht, wenn die makroökonomischen Ungleichgewichte durch eine solidere Geld- und Fiskalpolitik wieder ins Gleichgewicht gebracht werden und das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Notenbank wieder gestärkt wird. Unabhängig davon dürfte sich das Wachstum in der Türkei in den kommenden Jahren spürbar ermäßigen.
Anleihen
Euroraum: Inflationsrate (Juni), 11:00 Uhr
USA: Persönl. Einkommen/Ausgaben (Mai), 14:30 Uhr
USA: Einkaufsmanagerind. Chicago (Juni), 15:45 Uhr
Gestern blieben die Märkte angeschlagen. Die Risikoaversion war vor dem Hintergrund des Handelskonflikts der USA mit dem Rest der Welt und im Vorfeld des schwierigen EU-Gipfels hoch. Dementsprechend gingen die Renditen erstklassiger Staatsanleihen weiter zurück. Der Euro sackte am Vormittag kurzzeitig unter die Marke von 1,15 US-Dollar, erholte sich aber im Tagesverlauf wieder. Als sich die EU in der Nacht zu heute doch noch auf eine Verschärfung der Asylpolitik einigte, sprang der Euro um einen Cent auf 1,165 USD nach oben. Künftig können gerettete Bootsflüchtlinge in geschlossenen Auffanglager der EU untergebracht werde. Ähnliche Lager in Nordafrika werden geprüft. Die Grenzschutzagentur Frontex soll bis 2020 verstärkt und die EU-Außengrenzen besser abgeriegelt werden. Wie sich die Beschlüsse auf den deutschen Koalitionsstreit auswirken ist bisher noch unklar. Im Juni ging die deutsche Inflationsrate von 2,2% auf 2,1% J/J wie erwartet leicht zurück. Zwar hat sich der Preisanstieg bei den Energiepreisen noch einmal verstärkt, gleichzeitig fiel ein Sondereffekt bei den Pauschalreisen heraus. Der Trend der unterliegenden Teuerung zeigt in Deutschland aber nach oben. Heute werden die Preisdaten des Euroraums für Juni gemeldet. Erfreulich war gestern, dass die EU-Vertrauensindikatoren nur leicht zurückgegangen sind. Im Juni sank das EU-Wirtschaftsvertrauen von 112,5 auf 112,3 Punkte weniger als erwartet und liegt weiterhin auf hohem Niveau. Während das Verbrauchervertrauen deutlich nachgab, verharrte das Industrie- und Dienstleistungsvertrauen auf dem Vormonats-wert. Die Daten zeigen, dass das Wachstum im nachgegeben hat, aber das nicht der Beginn eines Abschwungs sein dürfte.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Die europäischen Aktienmärkte sind am gestrigen Tag wieder unter Druck geraten. Die Leitindizes verloren um bis zu 1,4% (Deutschland). Damit ist die leichte Erholung vom Vortag, die insbesondere auf Hoffnungen einer Deeskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China resultierten, vorerst wieder gestoppt. Anleger brauchen in diesem Umfeld weiter-hin starke Nerven, zumal die Kursausschläge bei Ergebnisenttäuschungen oder infolge einer Senkung der Umsatz- oder Ertragsprognose zum Teil sehr stark ausfallen. Dies traf gestern erneut auf Osram zu. Nach einer Gewinnwarnung brach der Kurs in der Spitze um mehr als 22% ein, obwohl er in den vergangenen Wochen schon kräftig an Wert verloren hatte (-56% seit Anfang 2018). Im Dax gerieten wieder einmal die Automobilwerte unter Beschuss. Hier belastet weiterhin ein giftiger Cocktail aus einer Reihe von Problemen (Dieselskandal, möglicher globaler Konjunkturabschwung, drohende Strafzölle aus den USA etc.). Auch Automobilzulieferer wie Continental (-2,5%), Hella (-5,1%) oder Leoni (-3,6%) erlebten satte Kursverluste. Tagesgewinner im Dax war die Notierung der Commerzbank mit einem Plus von 0,7% (Deutsche Bank: +0,1%). Auf europäischer Sektorenebene notierten am gestrigen Tag mit Ausnahme der Branche Nahrungsmittel & Getränke (+0,2%) alle Bereiche im Minus. Die Sektoren Automobile und Technologie verbuchten dabei die größten Verluste; hier ging es im Schnitt um 2,2% bzw. um 2,5% nach unten. Die Börsen in den USA tendierten nach einem etwas schwächeren Start zum Handelsende freundlicher. Der Dow Jones-Index gewann 0,4%. Auf Sektorenebene waren v.a. Telekomwerte gefragt, die im Schnitt um 2,3% zulegten. Verlierer des Tages waren dagegen Energieaktien (-0,1%). Die Börsen in Asien tendierten zum Wochenschluss zumeist freundlicher. Vor allem die Börsen in China und Hongkong erholten sich nach den jüngsten Verlusten spürbar.