ifo-Geschäftsklima sendet Zeichen der Stabilisierung – trotz Italien und Trump - Nord LB Kolumne
Das Münchener ifo-Institut hat vor wenigen Minuten die Ergebnisse seines Konjunkturtests für den Berichtsmonat Mai veröffentlicht. Demnach hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft nach einer rückläufigen Entwicklung in den Vormonaten im laufenden Monat zumindest stabilisiert. Der ifo-Geschäftsklimaindex verharrte unverändert bei 102,2 Punkten. Während die aktuelle Lage (106,0 Punkte) leicht besser bewertet wurde, gingen die auf die Geschäftsentwicklung in sechs Monaten gerichteten Erwartungen nochmals leicht zurück (98,5 Punkte). Insgesamt liegen die heutigen Zahlen im Rahmen der Erwartungen der zuvor befragten Volkswirte.
Das neue „ifo Geschäftsklima Deutschland“ beinhaltet inzwischen auch den Dienstleistungssektor, wo sich das Sentiment zuletzt wieder leicht verbessert hat. Kräftiger aufwärts ging es für die Unternehmen im Handel, aber auch im Bauhauptgewerbe legte das Geschäftsklima noch einmal zu. Lediglich im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Stimmung abermals leicht eingetrübt. In der Industrie dürften die Sorgen über den zunehmenden Protektionismus noch immer eine größere Rolle spielen, insbesondere nach den neuerlichen Drohungen Donald Trumps, Sonderzölle auf den Import von Kraftfahrzeugen und Fahrzeugteilen zu erheben.
Mit dem ifo-Geschäftsklima sendet nunmehr ein weiterer wichtiger Frühindikator Zeichen einer Stabilisierung aus. Nachdem der Index zuvor fünfmal in Folge gesunken war, konnte dieser Abwärtstrend nun zumindest vorerst gestoppt werden. Ähnlich ermutigend waren die Umfragen von sentix und ZEW ausgefallen. Dies ist vor dem Hintergrund der hohen politischen Unsicherheit bemerkenswert. An den Unruhefaktor Donald Trump scheint man sich in den Chefetagen deutscher Unternehmen bereits gewöhnt zu haben, wenngleich die neueste Kapriole mit der Absage des für Juni geplanten Treffens mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in den Umfragedaten noch nicht enthalten sein dürfte.
Anders als die Märkte haben sich die Unternehmer aber offenbar auch nicht von der sich abzeichnenden Populistenkoalition in Italien erschrecken lassen. Insbesondere die Ausgabenpläne und Gedankenspiele über eine Nichtrückzahlung von beim Eurosystem liegenden Schuldpapieren sorgen für großes Misstrauen an den Märkten, weshalb die Risikoaufschläge italienischer Staatspapiere regelrecht nach oben katapultiert wurden. Auch von EZB und EU-Kommission hat das Bündnis aus fünf Sterne und rechtsextremer Lega bereits Gegenwind erhalten. Vielleicht teilen die Unternehmen die Hoffnung, dass Marktdisziplin und die starke konstitutionelle Rolle des italienischen Staatspräsidenten Mattarella die größten Dummheiten verhindern könnten.
Der wichtigste Frühindikator für die deutsche Konjunktur hat sich stabilisiert, weshalb wir weiterhin nur von einer leichten Abkühlung ausgehen. Zudem scheint die Wachstumsmoderation in einem nicht unerheblichen Anteil auf Angebotseffekte zurückzugehen. Die knappen Kapazitäten begrenzen die Dynamik zusehends, was für die EZB bedeuten sollte, dass sie bei aller Vorsicht ihre Vorbereitungen für den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik fortsetzen sollte.
Fazit: Das ifo-Geschäftsklima hat sich im Mai stabilisiert – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit reiht sich der wichtige Frühindikator für die deutsche Konjunktur ein in die verhalten positiven Signale der letzten Wochen, die eher für eine Wachstumsmoderation als für einen Abschwung sprechen. Allerdings dürfte die deutsche Wirtschaft den konjunkturellen Hochpunkt bereits überschritten haben. Die EZB wird angesichts der hohen Unsicherheit noch auf Zeit spielen wollen und vor der Julisitzung keine neuen Signale aussenden. Bei aller Vorsicht sollten die Währungshüter aber weiter den Exit vorbereiten – und sich hiervon schon gar nicht durch die italienische Politik abbringen lassen.