Chinas Außenhandel überraschend stark, aber kein Anlass zur Euphorie – Nord LB Kolumne
Heute früh wurden aus dem Reich der Mitte Zahlen zum Außenhandel gemeldet. Die Zollbehörden der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft konnten unerwartet starke Zahlen sowohl zu den Ausfuhren als auch zu den Importen melden. Wir würden hier ganz klar von einer positiven Überraschung sprechen, wenngleich bei der hohen Volatilität der chinesischen Handelszahlen nach unserer Auffassung durchaus eine gehörige Portion Zurückhaltung bei der Interpretation der Zahlen geboten ist.
Beim Blick auf die Details fällt auf, dass insbesondere die Ausfuhren in Richtung USA (+6,9% Y/Y) als auch in Richtung Europäische Union (+5,1% Y/Y) zulegen konnten. Geschwächelt haben hingegen die Exporte mit Ziel Hongkong (-16,1% Y/Y) und ASEAN-Region (-3,0% Y/Y) – hier fällt insbesondere der ausgeprägte Rückgang bei den Ausfuhren nach Singapur auf (-15,0% Y/Y).
Auf der Importseite fallen insbesondere die sowohl mengen- als auch wertmäßigen Anstiege bei wichtigen Rohstoffen wie z. B. Rohöl, Eisenerz und Kupfer auf. Zuwächse gegenüber dem Vorjahr haben u. a. die Exporteure aus den USA (+9,8% Y/Y) sowie der EU (+11,2% Y/Y) zu verzeichnen. Die chinesischen Importe aus Deutschland legten mit +13,7% Y/Y ebenfalls deutlich zu. Für das bisherige Handelsjahr belaufen sich die Einfuhren Made in Germany damit auf gut USD 78 Mrd. Damit liegt das bisherige Ergebnis leicht unter dem Vorjahresniveau (November 2015: knapp USD 80 Mrd.) und deutlich unter dem Wert aus dem Jahr 2014 (rd. USD 95 Mrd.).
Mit Blick auf die kommenden Monate werden Prognosen für den chinesischen Außenhandel vor allem von zwei Faktoren erschwert. Erstens ist mit einer ausgeprägten Volatilität bei der chinesischen Währung zu rechnen. So gehen wir von einer deutlichen Abwertung des RMB gegenüber dem US-Dollar aus. Diese Schwäche dürfte sich auch beim Wechselkurs zum Euro widerspiegeln, was insgesamt schon eine Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Exporteure zur Folge hätte. Je stärker die Abwertung ist, desto deutlicher dürften die binnenwirtschaftlichen Kostentreiber (insbesondere Lohnsteigerungen) überkompensiert werden. Allerdings besteht zweitens die Gefahr, dass es im Nachgang der US-Wahlen im November 2016 und Trumps Amtsantritt im Januar 2017 zu wirtschaftspolitischen Spannungen zwischen Washington und Peking kommt. Maßnahmen, die an einen Handelskrieg erinnern, würden den Außenhandel Chinas spürbar belasten und könnten die eigentlich für 2017 erwartete dezente Erholung bei den Ausfuhren zu Nichte machen. In unserem Basisszenario gehen wir immerhin von einem Zuwachs der Exporte im Gesamtjahr 2017 von 2,2% (2018: +4,5%) aus. Demgegenüber steht im laufenden Jahr bisher ein Rückgang von 7,2% zu Buche.
Fazit: Die heute gemeldeten Handelszahlen aus dem Reich der Mitte konnten durchaus mit einer positiven Überraschung aufwarten. Während die chinesischen Exporteure im Berichtsmonat November scheinbar von der Nachfrage aus den USA und der Eurozone profitieren konnten, legten auch die Ausfuhren amerikanischer und europäischer Exporteure in Richtung China zu. Gleichwohl zeichnet sich für Produkte und Güter Made in Germany auch in 2016 kein Rekordjahr ab. Insgesamt würden wir ohnehin vor einer übermäßigen Euphorie warnen. Schließlich unterliegen die Daten der chinesischen Zollbehörde erheblichen Schwankungen. Hinzu kommen Unsicherheitsfaktoren wie die weitere RMB-Abwertung und die noch unklare Ausrichtung der weiteren US-Außenhandelspolitik.