Im Blickpunkt: Sorgenkind bleibt die Industrie - Commerzbank Kolumne
Die Konjunktur im Euroraum bleibt gespalten. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe weist weiterhin auf eine Rezession in diesem Sektor hin. Eine Belebung der globalen Nachfrage, insbesondere aus China, ist nicht in Sicht. Der Dienstleistungssektor kann sich von der Industrie weiter abkoppeln. Er wird von den steigenden Einkommen der Arbeitnehmerhaushalte gestützt, die von zunehmender Beschäftigung und höheren Lohnabschlüssen profitieren. Es ist daher zu erwarten, dass das relativ gute Wachstum im ersten Quartal durch Sondereffekte überzeichnet gewesen ist und dass das Wachstum im zweiten Quartal deutlich schwächer aus-fallen dürfte. Für das zweite Halbjahr kann man weiterhin zuversichtlicher sein.
Anleihen
Japan: Verbraucherpreise (April), 01:30 Uhr
GBR: Einzelhandelsumsatz (April), 10:30 Uhr
USA: Auftragseingänge, langlebige Güter, 14:30 Uhr
Die erneut schwachen Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum gaben gestern den Kursen von Bundesanleihen und US-Staatsanleihen Rückenwind. Der Euro notierte gegenüber dem US-Dollar schwächer und die Risikoaversion nahm, gemessen an der erwarteten Volatilität, wieder zu. Die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe verschlechtert sich zusehends. Deutsche Unternehmen leiden unter den Handelskonflikten und dem schwachen Nachfragewachstum in China. So rutsche der Ifo-Geschäftsklimaindex weiter ab und erreichte mit 97,9 Punkten den tiefsten Stand seit Dezember 2014. Deutlich besser sieht es allerdings bei den französischen Stimmungsindikatoren aus. Die vom statistischen Amt befragten Unternehmen zeigen seit Jahresbeginn wachsende Zuversicht. Mit 106 Punkten liegt der französische Geschäftsklimaindex leicht über dem langfristigen Durchschnitt von 100 Punkten. Insgesamt blieben die Umfrageergebnisse für die Einkaufmanagerindizes hinter den Analystenerwartungen zurück. Einziger Lichtblick neben den französischen Zahlen ist der Umstand, dass die Stimmung unter den Dienstleistern noch nicht gekippt ist und sich weiterhin positiv von der Industrie abhebt (vgl. „Im Blickpunkt“). Ein etwas positiveres Licht hatten dagegen am Morgen die Detailergebnisse zu den deutschen BIP-Daten erzeugt. Da-nach lieferten insbesondere der private Verbrauch, aber auch die Bau- und Ausrüstungsinvestitionen, im ersten Quartal merkliche Wachstumsbeiträge. Angesicht der schwachen Einkaufmanagerindizes könnte sich in Deutschland das BIP-Wachstum von zuletzt 0,4% auf unter 0,2% im zweiten Quartal abschwächen. Erst in der zweiten Jahreshälfte dürfte mit der dann – hoffentlich – in China einsetzenden Erholung auch bei uns die Konjunktur wieder Fahrt aufnehmen.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Das Thema Handelskonflikt trübt weiter die Grundstimmung der Märkte. In Europa kommen als weitere negative Faktoren die Befürchtungen um ein Erstarken der Populisten und Europa-Gegner bei den angelaufenen Wahlen zum europäischen Parlament und das zweifellos wieder gestiegene Risiko eines harten Brexits hinzu. Dass diese Negativfaktoren auch langsam in die Realwirtschaft vorzudringen drohen, wurde in den erneut schwächeren Früh- und Stimmungsindikatoren für Europa deutlich. Die deutschen Märkte belastete dabei besonders das enttäuschende ifo-Geschäftsklima. In dieser Gemengelage waren die Vorzeichen der Indizes von Beginn an rot bis tiefrot. Der DAX verlor am Ende 1,8%, der Euro Stoxx 50 geringfügig weniger mit -1,6%. Nur defensive Titel aus dem Konsum- oder Immobilienbereich wie Beiersdorf (+0,8%) oder Vonovia (+0,9%) legten zu. Dagegen gab es erneut deutliche Rücksetzer bei den zyklischen Titeln: schwächste Werte waren Covestro (-5,1%) und Thyssen (-4,8%). Bei Daimler (-6,9%) handelte es sich weitgehend um den Dividendenabschlag. Auch in den USA ging es weiter abwärts. Mit Ausnahme der Sektoren Konsum und Gesundheit gab es deutliche Verluste. Ein regelrechter Einbruch des Ölpreises um ca. 5% schickte den Energiebereich (-3,1%) auf Talfahrt. Auch die Sektoren Technologie (-1,7%), Grundstoffe und Industrie (jeweils -1,5%) gaben deutlich nach. Der Dow lag zum Börsenschluss um 1,1% im Minus, die Nasdaq verlor etwas stärker (-1,6%). Schwächster Wert im Dow war United Technologies (-3,7%), dicht gefolgt von Dow (-3%) und IBM (-2,9%). Immerhin konnten sich die Indizes zu Handelsschluss leicht erholen. Daher gelang den Märkten in Asien heute eine Stabilisierung. Hong Kong und China legen leicht zu, der Nikkei gab 0,4% nach. Vorbörslich sind die Taxen für Europa gut behauptet.