HPS Home Power Solutions: Auf dem Radarschirm der großen Namen
Bei HPS Home Power Solutions läuft gerade eine Crowdfunding-Kampagne. Die Berliner wollen so bis zu 4 Millionen Euro einwerben. Das Nachrangdarlehen hat eine Laufzeit von fünf Jahren und ist mit 7,0 Prozent jährlich verzinst. Gezeichnet werden kann es über die Plattform GLS Crowd.
Im Interview mit unserer Redaktion erläutert Zeyad Abul-Ella, Mitbegründer und Gesellschafter von HPS, wie er das frische Geld nutzen will. Ausführlich spricht er über die Möglichkeiten von picea, dem Solar-Wasserstoff-Kraftwerk für das eigene Haus von HPS. Abul-Ella berichtet über staatliche Förderung, über Markteintrittsbarrieren und über Partner, mit denen Pilotprojekte laufen. Um das Thema Börsengang kommt der Geschäftsführer beim Interview auch nicht herum.
www.4investors.de: HPS Home Power Solutions wird den wenigsten Anlegern etwas sagen. Können Sie Ihr Unternehmen zum Auftakt unseres Interviews in wenigen Sätzen vorstellen?
Abul-Ella: HPS Home Power Solutions ist ein Berliner Unternehmen. Wir bieten mit picea den weltweit ersten Ganzjahresstromspeicher an, der eine komplett unabhängige und CO2 freie Eigenversorgung nur durch die Sonne vom eigenen Dach möglich macht. Picea ist dabei die erste Energielösung auf Basis von grünem Wasserstoff, die als integriertes System zur saisonalen Speicherung und Nutzung von Sonnenenergie für Ein- und Zweifamilienhäuser angeboten wird.
www.4investors.de: Wie funktioniert Ihr picea-System konkret?
Abul-Ella: Picea vereint Energiespeicher, Heizungsunterstützung und Wohnraumbelüftung in einem kompakten Produkt. Picea speichert Sonnenenergie für kurze wie auch lange Zeiträume und macht die Sonnenenergie vom eigenen Dach damit ganzjährig verfügbar, 365 Tage – auch im Winter. Die an sonnenreichen Tagen mit einer Photovoltaikanlage produzierte Energie kann entweder sofort verwendet werden oder sie wird in Wasserstoff umgewandelt und gespeichert. Diese Energie ist dann in der sonnenarmen Winterzeit wieder abrufbar. Die Brennstoffzelle von picea verwandelt die in Wasserstoff gespeicherte Energie bei Bedarf wieder in elektrische Energie und Wärme. Auf Basis des eigenen leistungsfähigen Energiemanagements deckt picea den Bedarf eines Einfamilienhauses an elektrischer Energie vollständig ab. Zusätzlich wird die entstandene Abwärme als Heizwärme dem Haus bereitgestellt und reduziert so die Heizkosten. Im Vergleich zu marktgängigen Batterien bietet picea hundertfach mehr Speicherkapazität. Picea ist durch die Nutzung von Strom und Wärme und einem Gesamtnutzungsgrad von rund 90 Prozent hoch energieeffizient und liefert zu jeder Jahreszeit Energie. Damit ist picea die erste wirkliche Option für eine vollständige Netzunabhängigkeit.
www.4investors.de: Mit welchen Investitionen müsste ein Standardhaushalt mit vier Personen rechnen und wie schnell würde sich die Anlage amortisieren, auch unter Berücksichtigung laufender Kosten zum Beispiel für die Wartung?
Abul-Ella: Für ein Einfamilienhaus rechnen wir derzeit mit einem Anlagenpreis von rund 60.000 Euro. Im Jahr 2000 lag der Strompreis in Deutschland bei 13,95 ct/kWh und heute im Mittel bei etwas über 30 ct/kWh – das entspricht einer jährlichen Steigerung von 4,2 Prozent pro Jahr und einer absoluten von 125 Prozent. Unter Berücksichtigung einer langjährig stetig steigenden Strompreisentwicklung von im Vergleich zur Vergangenheit konservativen 3 Prozent, liegt die Amortisationszeit bei rund 25 Jahren.
Diese Amortisation kann sich bei intensiver Nutzung des Systems im Haushalt, zum Beispiel durch zusätzliche Elektromobilität, verkürzen. Stetig arbeiten wir an unserer Skalierungskurve und laufenden Kostenreduktionen zum Beispiel in Einkauf und Fertigung. Mit der Zollner Elektronik AG haben wir bereits einen starken Partner für die anlaufende Serienproduktion und zukünftige Kostenreduktionen gewinnen können.
www.4investors.de: Welchen Grad der Autarkie bei Strom und Wärmeversorgung erreicht ein solcher Standardhaushalt mit der picea-Anlage?
Abul-Ella: Auf der Stromseite sind wir bereits in der Lage, Ein- und Zweifamilienhäuser über 365 Tage zu 100 Prozent mit CO2-freiem Strom zu versorgen. Die Abwärme, welche bei allen elektrischen Prozessen entsteht, nutzen wir, um die Heizung und die Warmwasserversorgung zu unterstützen. Dadurch erzielt picea eine enorme Energieeffizienz von rund 90 Prozent.
Selbstverständlich entwickeln wir unser System kontinuierlich weiter, um die Haushalte auch hinsichtlich der Warmwasserversorgung und der Heizung autark werden zu lassen: Voraussetzung für eine Wärmeautarkie ist es, dass der Wärmebedarf des Hauses geringer ist, als der Energiegewinn über die eigene Dachfläche. Dies ist im Besonderen im effizienten Neubausegment gegeben. Die nächste picea-Generation wird möglicherweise über eine Wärmepumpe verfügen und damit für Neubauten auch Unabhängigkeit in der Wärmeversorgung ermöglichen.
www.4investors.de: Für die Technologie stehen Ihnen, aber auch Ihren Kunden staatliche Fördertöpfe offen?
Abul-Ella: Die Förderung hängt von der jeweiligen Region ab. In Deutschland kann der Kunde picea über KFW 433 fördern lassen, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Förderung allein beträgt 12.450 Euro. Zusätzlich gibt es länderspezifische Förderungen, die additiv wirken. Auch international plant die EU in ihren Mitgliedsstaaten, die Förderung regenerativer Energiesysteme auszubauen, wovon unsere zukünftigen Kunden und picea profitieren.
www.4investors.de: Technologisch sehen Sie sich möglichen Wettbewerbern einige Jahre voraus. Nun ist die Idee, regenerative Energie und Wasserstoff zu koppeln, nicht neu. Wo also sind die Markteintrittsbarrieren, die verhindern, dass vertriebsstarke Konkurrenz zum Beispiel von großen Konzernen entsteht, für die Energiespeicherung oder auch Solarenergie keine Fremdworte sind?
Abul-Ella: Um ein einzigartiges Energiesystem wie picea marktreif zu entwickeln, sind Kompetenzen in mehreren Fachgebieten notwendig, die auf ein Ziel abgestimmt integriert arbeiten müssen. Hierzu gehören die Bereiche Leistungselektronik, Wasserstofftechnik, Lüftungstechnik, Wärmeversorgungstechnik, Energiemanagement, und nicht zuletzt Sicherheitstechnik. Entscheidende Komponenten der Energiewandlung, so Brennstoffzelle und Elektrolyse, um nur die prominentesten zu nennen, haben wir für den optimierten Einsatz zur Hausversorgung inklusive den notwendigen Sicherheitsaspekten für den Einsatz im privaten Umfeld selbst entwickelt. HPS besitzt eine ausgesprochene technologische Tiefe in der Wertschöpfung von picea. Wir haben durch sechs Jahre Entwicklungszeit nicht nur einen technologischen, sondern auch einen Knowhow-Vorsprung aufgebaut. Natürlich sind in dieser Zeit auch mehrere Patente entstanden – ein Baustein unserer mehrstufigen Schutzstrategie, die unseren Vorsprung sichert. Zudem haben wir die Zeit genutzt, um ein starkes Netzwerk aufzubauen, in dem wir Produktion und Vertrieb skalieren und unser Entwicklungs-Knowhow auf die Weiterentwicklung konzentrieren können.
www.4investors.de: Haben Siemens oder ähnliche Konzerne bei Ihnen schon vorbeigeschaut?
Abul-Ella: Wir sind natürlich auf dem Radarschirm der führenden Unternehmen in Hausenergietechnik und auch der Energieversorgung. Mit einigen Anbietern arbeiten wir bereits in Pilotprojekten zusammen.
www.4investors.de: HPS Home Power Solutions hat ein Crowdfunding im Volumen von 4 Millionen Euro gestartet, das Teil eines größeren Finanzierungspakets im Gesamtvolumen von 20 Millionen Euro ist, mit dem Sie das picea-System weiterentwickeln und breit in den Markt bringen wollen. Konzipiert ist das Crowdfunding als Nachrangdarlehen mit einer Verzinsung von 7 Prozent und einer Laufzeit von 5 Jahren. Investitionen zwischen 250 Euro und 25.000 Euro sind möglich. Bei individuellen Placements auch höhere Beträge. Was hat den Ausschlag für diese Form der Kapitalaufnahme gegeben?
Abul-Ella: Wir haben bereits in der Vergangenheit sehr positive Erfahrungen mit GLS Crowd gemacht. Im Mai letzten Jahres haben wir über diese Plattform eine Kampagne über 1,25 Millionen Euro geschlossen und über die Crowd überwältigendes Feedback erhalten. Aufgrund dieser Resonanz haben wir uns entschlossen, ein weiteres Funding über GLS Crowd zu starten und den Privatinvestoren, welche in der vorherigen Runde nicht zum Zuge kamen oder denjenigen, die ihre Beteiligung aufstocken möchten, diese Chance zu geben. Wir freuen uns sehr, dass so viele private Anleger in die Energiewende investieren – das ist nicht nur ein Bekenntnis zu uns, sondern auch zum Klimaschutz.
www.4investors.de: Von wem stammen die weiteren 16 Millionen Euro Wachstumskapital aus dem Gesamtpaket und wer sind Ihre bisherigen Investoren, die die HPS Home Power Solutions aufgebaut und finanziell gestützt haben?
Abul-Ella: Anfang Oktober haben wir 11 Millionen Euro frisches Kapital in einem ersten Closing über unseren bestehenden Gesellschafterkreis erhalten. Die verbleibende Lücke werden wir mit unseren bestehenden Gesellschaftern und neuen externen Investoren schließen.
www.4investors.de: Von dem picea-System sind bisher nur kleine Stückzahlen abgesetzt worden. Welche Absatz-Ziele verfolgen Sie auf Sicht der kommenden Jahre und welche Rolle spielen dabei Ihre Partner wie zum Beispiel Ballard Power?
Abul-Ella: Wir haben in der zweiten Jahreshälfte 2019 den initialen Markteintritt vollzogen. Mit den ersten Systemen im Zuge des Markteintritts haben wir mit kleineren Stückzahlen die Marktkonformität von picea demonstriert und wichtiges Knowhow auch in der Praxis auf der Marktseite für die kommende Skalierung aufgebaut, so z.B. in der Zusammenarbeit mit Partnern beim Einbau von picea im Neu- wie Bestandsbau. Wir arbeiten nun an der Skalierung von Produktion und Vertrieb. Ballard Power ist ein wesentlicher Zulieferer von uns, mit dem wir bereits Verträge auch für hohe Stückzahlen vereinbart haben, die die Sicherstellung der Skalierung der Produktion stützen. Auch unsere anderen Partner sind die Basis dafür, dass wir in den kommenden Jahren unsere Produktion deutlich steigern werden können, um in der Lage zu sein, die Kauf-Anfragen und Vorbestellungen zeitnah bedienen zu können.
www.4investors.de: Die Corona-Pandemie dürfte HPS Home Power Solutions deutlich gebremst haben, oder gab es per Saldo keine negativen Auswirkungen?
Abul-Ella: Die Corona-Pandemie hat uns hinsichtlich der Vertriebsaktivitäten gebremst. Dennoch war es uns möglich, viele neue Kunden für unsere Systeme zu begeistern. Weiterhin haben wir im Zuge der Pandemie unsere Unternehmens- und im Besonderen unsere Vertriebsprozesse digitalisiert. Dies bereitete uns bestmöglich auf weitere Entwicklungen vor und hat unabhängig auch unsere interne Effizienz optimiert. Wir rechnen künftig mit einem weiteren starken Anstieg der Nachfrage. Die Pandemie tut dem Bedürfnis nach Autarkie keinen Abbruch, sondern stärkt es sogar.
www.4investors.de: Zu den Finanzen des Unternehmens: Welche Umsatz- und Ergebniszahlen hat HPS 2019 erzielt und mit welchen Größenordnungen dürfen Investoren in diesem Jahr rechnen?
Abul-Ella: Unsere Zahlen zeigen den Umbruch vom Entwicklungsunternehmen zu einem Vertriebsunternehmen deutlich: Wir hatten 2019 erste Produkt-Umsätze in Höhe von 391.000 Euro und im Ergebnis einen Verlust.
Wir planen für 2020 mit einem Umsatz von rund 2.5 Millionen Euro. Natürlich kann die Entwicklung der Corona-Krise Auswirkungen zeigen. Im Jahr 2020 wird die HPS Verluste ausweisen. Der Grund sind die anhaltenden Investitionen in den Aufbau von Vertrieb und Service insbesondere den Mitarbeiteraufbau.
www.4investors.de: Wann erwarten Sie, bei Cashflow und Ergebnis die Grenze in die „schwarzen Zahlen” zu überschreiten?
Abul-Ella: Insgesamt sehen wir eine positive Entwicklung in unserem Branchenumfeld und damit ein hohes Wachstumspotential. Wir sehen aus heutiger Sicht den Break Even Punkt in zwei bis drei Jahren für erreichbar.
www.4investors.de: Noch zwei abschließende Fragen… An der Börse gab es vor einigen Jahren einen Hype um Solarenergie, aktuell zeichnet sich beim Wasserstoff so etwas ab. Übertreiben die Anleger da aus Ihrer Sicht?
Abul-Ella: Die Situation hat sich im Vergleich zu den 2000er Jahren komplett verändert, es gibt heute deutsche und europäische Wasserstoffstrategien, den „Green Deal“ und Forschungsaktivitäten in vielen Industrie-Sektoren. Die Energiewende ist inzwischen in der Gesellschaft angekommen und wird insgesamt sehr ernst genommen. Daher halte ich den Begriff Hype nicht für zutreffend. Ich würde in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel und einem breiten Trend sprechen, der alle Anwendungen der erneuerbaren Energien umfasst. Auch Wasserstofftechnologien.
www.4investors.de: Wäre ein Börsengang für HPS Home Power Solutions längerfristig eine Option, zumal ja in Vorstand und Aufsichtsrat Menschen mit Listing-Erfahrung sitzen und die Sektorbewertung von Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Titeln nicht gerade gering ausfällt, und damit gute IPO-Erlöse verspricht?
Abul-Ella: Das Umfeld ist gut und das Interesse der Investoren auch. Ein Börsengang ist bei einem entsprechenden Reifegrad des Unternehmens mit Sicherheit eine Option. Derzeit steht aber noch das operative Geschäft in unserem Fokus. Wir befinden uns auf einem guten Weg, vielleicht führt er uns auch an den Aktienmarkt.