Hansainvest: 2016 – ein Börsenjahr, das nach Augenmaß verlangt
2016 wird kein einfaches Börsenjahr werden, so die Portfoliomanager der Hamburger Kapitalverwaltungsgesellschaft HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH. Aktienstratege Philipp van Hove geht von moderaten, positiven Zuwächsen für 2016 aus und erwartet, dass sich die Aktienindizes in Europa besser behaupten werden als ihre US-Pendants. Fremdwährungs- und Anleihespezialist Christian Bender sieht leicht steigende Langfristrenditen und rät dazu, bei Kursrücksetzern im Anleihebereich selektiv Kaufgelegenheiten wahrzunehmen. Edelmetallexperte Nico Baumbach ist bullish für Platin und begreift das derzeitige Goldpreisniveau als Gelegenheit, das Anlegerportfolio um eine Absicherung für Krisenzeiten zu ergänzen.
„Es ist kein Geheimnis, dass wie bereits 2015 auch 2016 die Notenbanken maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Kapitalmärkte nehmen werden“, so die zusammengefasste Einschätzung der drei Portfoliomanager.
Aktienmärkte: Vieles spricht für Europa
Die größten Chancen auf der Aktienseite sieht Philipp van Hove in Europa: „Für ein Investment dort sprechen Wettbewerbsvorteile durch die aktuelle Euro-Dollar-Konstellation, die vergleichsweise attraktiven Firmenbewertungen und eine sich erholende Konjunktur. Flankiert wird dies alles von der stark expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die bis ins Jahr 2017 hinein fortgeführt werden soll. Damit verbunden sind niedrige Anleihezinsen, die Anleger förmlich an den Aktienmarkt treiben.“ Auch der japanische Aktienmarkt könnte in 2016 eine positive Dynamik entwickeln, so der Aktienstratege: „Dort unterstützt ebenfalls eine expansive Geldpolitik die Börse.“
„Rohstoffpreise hatten zuletzt einen schweren Stand. Deren Erholung könnte Schwellenländer-Aktien eine Bodenbildung bescheren, aber auch einer etablierten Börse, wie der britischen, Rückenwind verleihen“, ergänzt van Hove. „Mutige Anleger sollten deshalb diese Märkte genau beobachten und über eine selektive Beimischung nachdenken.“
Betrachte man einzelne Unternehmen, so lohne ein Blick auf besonders ertragsstabile Unternehmen, die Marktführer in ihrem Segment sind. Diese müssten nicht zwingend aus den Sektoren Gesundheit oder Nahrungsmittel stammen, die zuletzt Gewinnmitnahmen verzeichneten. „Unser Research hat 15 herausragende Gesellschaften identifiziert, die ihre Gewinne in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich steigern konnten“, so van Hove. Zu diesen Favoriten zählten beispielsweise der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser und Essilor, ein führender Hersteller von Brillengläsern.
Währungsmärkte: Parität beim Euro-Dollar-Verhältnis nicht auszuschließen
Auch auf der Rentenseite wird 2016 die internationale Geldpolitik die Märkte weiter stark beeinflussen. Laut Christian Bender, Bondexperte der HANSAINVEST, rechtfertigt der fortgeschrittene Aufschwung in Nordamerika die lange angekündigte Leitzinsanhebung. Im Zuge dessen könnten die Renditen für zehnjährige US-Treasuries in Richtung drei Prozent klettern. Und auch Euro-Papiere dürften von den USA ein Stück weit mit nach oben gezogen werden. Die EZB sollte mit ihrer expansiven Geldpolitik allerdings größere Renditeaufschläge verhindern.
Blickt man auf die Währungen, dürfte der Zinsvorsprung von US-Papieren daher auch 2016 für einen starken US-Dollar sorgen. „Als Zielmarke für das Euro-Dollar-Verhältnis sehen wir 1,05 Euro, wobei ein zwischenzeitliches Überschießen in Richtung Parität nicht auszuschließen ist“, so Bender.
Euroraum: Südeuropa weiterhin mit attraktiven Risikoaufschlägen
Im Euroraum böten dabei Zinstitel staatlicher Emittenten aus Südeuropa, wie z.B. Spanien, weiterhin attraktive Risikoaufschläge. „Wegen des höheren Renditeniveaus favorisieren wir außerdem in US-Dollar begebene Papiere. Hingegen erkennen wir in den Schwellenländern aktuell nur wenige klare Kaufgelegenheiten“, ergänzt Bender. Mexiko und mit Abstrichen auch China gehörten dazu. Skandinavische und australische Rententitel könnten im späteren Jahresverlauf wieder in den Fokus der Anleger rücken.
Benders Fazit für 2016: „Insgesamt erwarten wir noch größere Marktschwankungen als in diesem Jahr, zumal die geopolitischen Unsicherheiten zugenommen haben.“ Anleger sollten im kommenden Jahr deshalb weiterhin bonitätsstarke Staats- und Unternehmensanleihen in den Kernwährungen hoch gewichten. Bei Volatilitätsschüben könne es sich lohnen, zu Unrecht abgestrafte Zinstitel und Währungen beizumischen. Solche Einstiegsgelegenheiten hätten sich vor kurzem bei VW-Kurzläufern ergeben. Ähnliches werde sich auch 2016 zeigen.
Edelmetalle: Goldpreis ermöglicht günstige Absicherung des Portfolios
Ähnliche Muster wie im Vorjahr erwartet auch Nico Baumbach, Edelmetall-Experte der Hamburger Kapitalverwaltungsgesellschaft: „Edelmetalle litten 2015 vor allem unter dem mangelnden Interesse institutioneller Investoren. Der Goldpreis gab nach, weil eine Zinswende in den USA allseits erwartet wurde und der US-Dollar deutlich anzog. In Euro gerechnet hat sich Gold allerdings kaum verändert, vergleicht man den aktuellen mit dem Anfang 2015 erreichten Preis. Aus Anlegersicht eine gute Gelegenheit, um Gold relativ günstig zu erwerben.“ Einen Anteil von fünf bis zehn Prozent des liquiden Anlegervermögens in dem Edelmetall zu halten, sollte deshalb auch im kommenden Jahr die richtige Beimischung für das Portfolio sein.
Als eine Art Versicherung könne Gold für Stabilität im Depot sorgen und Portfolio-schwankungen dämpfen. Sollten Anleger die zahlreichen – auch geopolitischen – Risiken wieder stärker wahrnehmen und andere, bereits sehr gut gelaufene Assetklassen in eine Schwächeperiode übergehen, dürfte dieser Diversifikationseffekt voll zum Tragen kommen. Positive Impulse auf die Wertentwicklung des Krisenmetalls könnten auch entstehen, wenn die Inflation anziehen sollte und sich bei Endkunden aus Schwellenländern wie Indien die Nachfrage wieder belebt.
Platin: Anomalie des Marktes eröffnet Gelegenheiten
Die auch industriell Verwendung findenden Edelmetalle Platin und Palladium gerieten überdurchschnittlich unter Druck. Bei Platin, das für Diesel-Katalysatoren benötigt wird, verstärkte der VW-Skandal die Abwärtsbewegung. Hinzu kam eine wieder höhere Förderung in Südafrika. Der Preis für Platin fiel dabei deutlich unter die Goldnotiz. „Der ohnehin ungewöhnliche Abschlag fällt aktuell so hoch aus wie seit vielen Jahren nicht mehr. Investoren sollten diese Anomalie als Gelegenheit betrachten“, meint Baumbach. Bei Platin, aber auch bei Palladium und Silber übersteigt der Bedarf den Rohstoffnachschub schon heute. Da beim aktuellen Preisniveau weitere Minenschließungen bevorstehen dürften, die globale Automobilnachfrage sich aber auf Rekordniveau bewege, zeichneten sich mit Blick auf das neue Jahr Angebotsengpässe ab.