Nord LB – ifo-Geschäftsklima: China und „Dieselgate“ lassen deutsche Wirtschaft kalt
Soeben hat das Münchener ifo-Institut die aktuellen Ergebnisse seiner monatlichen Konjunkturumfrage veröffentlicht. Der prominenteste Stimmungsindikator für die deutsche Wirtschaft hat sich demnach nur leicht verschlechtert. Im Berichtsmonat Oktober ist der Geschäftsklimaindex minimal von 108,5 Punkten auf 108,2 Punkte gesunken. Damit sind die Zahlen sogar noch besser ausgefallen als die zuvor von Bloomberg befragten Analysten befürchtet hatten.
Beim Blick auf die Details offenbart sich, dass die aktuelle Lage noch etwas schwächer bewertet wurde als von uns prognostiziert. Der Index für die Lagekomponente notiert nun bei 112,6 nach zuvor 114,0 Punkten. Dies liegt im Rahmen der zuletzt nur mäßig ausgefallenen harten Konjunkturdaten, vor allem aus der Industrie. Für das dritte Quartal zeichnet sich nach jetzigem Stand auch eine leichte Wachstumsverlangsamung auf 0,3% Q/Q ab. Dies ist aber alles andere als ein Grund zur Sorge, wir sehen hierin allenfalls eine temporäre Moderation des Wachstumstempos.
Wirklich überraschend jedoch ist der Optimismus der Umfrageteilnehmer bezogen auf die weitere konjunkturelle Entwicklung. So haben sich die Erwartungen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in sechs Monaten im Oktober sogar leicht gegenüber dem Vormonat verbessert. Der Teilindex für die Geschäftserwartungen kletterte von 103,3 auf nun 103,8 Punkte.
Die Vorgaben für den ifo-Konjunkturtest im Oktober waren denkbar ungünstig. So waren im vergangenen Monat neue Details im Rahmen der „Dieselgate“-Affäre bekannt geworden, die die bevorstehende hohe Belastung für den Volkswagenkonzern, immerhin ein Flaggschiff der deutschen Industrie, verdeutlichten. Dies hatte ebenso wie die anhaltende Schwäche in einigen Emerging Markets und der geringen weltwirtschaftlichen Dynamik Sorgen über den weiteren Konjunkturverlauf in Deutschland aufkommen lassen. Zumindest an den Märkten herrschte seit Wochen eine spürbare Nervosität, die erst Ende der vergangenen Woche durch den Paukenschlag von EZB-Präsident Mario Draghi wie verflogen scheint.
Die früher verfügbaren Umfragen unter Finanzmarktteilnehmern und -experten von sentix und dem ZEW hatten eine deutliche Eintrübung des Sentiments ergeben. Hiermit zeigt sich wieder einmal, dass hier Marktstimmungen schon einmal die realwirtschaftlichen Gegebenheiten überstrahlen können. Wichtig ist allerdings, dass sich ein negatives Sentiment nicht sukzessive in die Realwirtschaft überträgt. Insofern mag einer der Gründe für das aggressiv dovishe Auftreten von Mario Draghi vergangenen Donnerstag das Ziel einer Erwartungsstabilisierung gewesen sein. Wie dem auch sei: China und das sog. „Dieselgate“ scheinen die deutsche Wirtschaft insgesamt relativ kalt zu lassen. Die Unaufgeregtheit der Unternehmen bestätigt uns auch in unserer Konjunkturprognose. Wir erwarten weiterhin ein Wirtschaftswachstum von 1,8% in diesem Jahr.
In der Summe überwiegen damit ganz eindeutig die positiven Aspekte bei den heutigen Daten aus München. Der deutsche Aktienmarkt setzt damit gut unterfüttert seine Euphoriephase nach der EZB-Ratssitzung fort und festigte heute Vormittag seine Position über der Marke von 10.800 Punkten.
Fazit: Das ifo-Geschäftsklima ist im Oktober zwar leicht gesunken, allerdings hat sich das wichtige Stimmungsbarometer mit 108,2 Punkten deutlich besser gehalten als erwartet. Positiv stimmt uns zudem, dass die Geschäftserwartungen ein weiteres Mal zulegen konnten. Die Sorgen um China und „Dieselgate“ scheinen die Unternehmen weitgehend kalt zu lassen. Der Konjunkturaufschwung bleibt somit intakt und wir bleiben daher bei unserer Konjunkturprognose von 1,8% für dieses Jahr!
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: Volkswagen (VW) Vz..